Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: So still die Nacht (German Edition)
Autoren: Kim Lenox
Vom Netzwerk:
um das Dollbord.
    Wie zur Hölle bin ich hier gelandet?
    »Ich kann nicht behaupten, dass ich die Antwort darauf wüsste, Sir«, erwiderte Leeson. »Ich weiß nur, dass Sie um die halbe Welt gereist sind, um diesen Professor und seine Schriftrollen zu finden.«
    Unsterbliche konnten nicht die Gedanken eines anderen Unsterblichen lesen, aber sie waren in der Lage, stumm zu kommunizieren. Mark rief sich ins Gedächtnis, dass er in Leesons Gegenwart nicht auf solche Weise sprechen sollte, es sei denn, er wünschte, belauscht zu werden. Im hintersten Winkel seines unwilligen Geists versuchte er, seine Erinnerungen zu rekonstruieren. Das Letzte, woran er sich entsann, war der Golf von Bengalen; dort war er vor Anker gegangen und hatte sich angeschickt, an Land zu rudern, um Professor Limpetts Expedition zu folgen, als ein dichter Nebel vom Meer her aufgekommen war.
    Aber London? London war der letzte Ort, an dem er zu sein wünschte, wenn er am Leben bleiben wollte. Er nestelte an seiner Hemdtasche und zog eine dunkle Brille hervor, deren Bügel hoffnungslos verbogen waren. Mit unsicheren Händen setzte er sie auf. Glücklicherweise milderte sie das obszöne Funkeln des Tageslichts. Gott, es war schwül. Seine Kleidung und die Luft erstickten ihn schier.
    »Elendes Wetter für Februar«, stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor.
    »Ah, für Februar wäre es in der Tat elend, Sir«, stimmte Leeson ihm sanft zu. »Aber wir haben Mai. Den neunundzwanzigsten Mai achtzehnhundertneunundachtzig.«
    Das verschlug ihm die Sprache, seine Kopfhaut kribbelte. Alles um ihn herum – die Temperatur der Luft, das Sonnenlicht und die täglichen Verrichtungen der Menschen – bewies, dass Leesons Feststellung der Wahrheit entsprach. Drei Monate, die ihm einfach fehlten.
    Obwohl er sich hütete, seine Gedanken preiszugeben, mussten seine Züge entgleist sein – vielleicht war er sogar erbleicht –, denn das joviale Lächeln auf Leesons Lippen verblasste.
    Mark flüsterte: »Die Thais …«
    Leeson neigte den Kopf und richtete den einäugigen Blick auf einen Punkt direkt über Mark. »Sie ist direkt hinter Ihnen.«
    Als sich Mark umdrehte, um einen Blick hinter sich zu werfen, ließ ihn ein heißes Reißen seiner Muskeln zusammenzucken. Eine lange Leine schlängelte sich durchs Wasser und führte zum Bug seiner Neunhundert-Tonnen-Dampfyacht hinauf, die beunruhigenderweise unbemannt im Fluss trieb. Mark nahm alle Kraft zusammen, hievte sich auf die Holzbank und fischte die Leine aus dem Wasser.
    Leeson, beweglich wie eh und je, kam herbeigehuscht. »Erlauben Sie mir, das zu übernehmen, Euer Gnaden.«
    Mark ignorierte ihn und zog an der Leine das Boot an die Yacht heran. Durch die Bewegung und die Anspannung erwachten seine Muskeln zum Leben. Drei Monate. Drei verdammte Monate. Die Auswirkungen waren erstaunlich. Er manövrierte das Boot unter eine Strickleiter, die am Rumpf der Yacht hing. Dann ergriff er die seitlichen Seile und stellte seinen durchweichten Stiefel auf die unterste Sprosse.
    »Hat Black Sie geschickt?«, fragte er.
    Unter ihm hüpfte das Boot auf und ab, während sich Leeson auf der Bank niederließ.
    Er antwortete leise: »Ich stehe nach wie vor in seinen Diensten.«
    »Aber er ist noch nicht auf diese Seite zurückgekehrt?«
    »Nein, Sir …« Leesons Stimme verlor sich. Er schaute in die Ferne. »Aber bald, denke ich.«
    Mark stieg die Leiter hinauf, bis er die polierte Holzreling erreichte. Dann öffnete er die darin eingelassene Halbtür, biss die Zähne zusammen und ging an Bord. Unter ihm griff Leeson jetzt ebenfalls nach der Strickleiter.
    Mark spähte hinunter. »Sparen Sie sich die Mühe, alter Mann.«
    Wenn möglich, nahm er weder Leesons Hilfe noch die irgendeines anderen in Anspruch, um das Schiff zu manövrieren, obwohl er es um des äußeren Anscheins willen vorzog, wenn die Thais voll bemannt war. Außerdem war Leeson ihm nicht vertrauenswürdig genug. Seine Loyalität gehörte Archer, Lord Black, Marks ehemaligem Mentor bei den Schattenwächtern. Black würde wahrscheinlich auch der Vollstrecker sein, den die drei Ahnen entsenden würden, um ihn zu töten.
    Bedächtig zog Mark die Leiter hinauf. »Sagen Sie ihm einfach, dass ich für ihn bereit sein werde.«
    Mark ließ die schwere Strickleiter aufs Deck fallen, drehte sich um und streifte das Hemd ab. Unmut brodelte in ihm. Gott allein wusste, wo sich der Professor jetzt aufhielt. Bevor er wieder in See ging und die Jagd erneut aufnahm, musste er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher