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Sein letzter Burgunder

Sein letzter Burgunder

Titel: Sein letzter Burgunder
Autoren: Paul Grote
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Zweihundert-Euro-Flasche in den Gulli, zerschlug sie und umwickelte eine große Scherbe mit Pappe, um sich nicht zu verletzen. Er hatte ein Werkzeug, um die Fugen zu bearbeiten.
    Von Brunner ließen sie sich den Grundriss des Hauses erklären und klopften dort millimeterweise weiter, wo vielleicht ein Durchlass hätte sein können, und nahmen ab und zu einen Schluck. Henry hielt wenig von der Maßnahme. Das Fundament dieses alten Hauses war viel zu solide, um durch die Mauern zu kommen, und wenn sie es schafften, gelangten sie höchstens ins Erdreich. Henrys Hoffnung war Isabella. Sie würde kommen, und sie würde, egal, welche Schwierigkeiten man ihr in den Weg legte, in diesem Haus keinen Stein auf dem anderen lassen, bevor sie ihn nicht gefunden hätte. Sie wusste von seinem Auto, und auch Franks Wagen war nicht zu übersehen. Es kam darauf an, wer zuerst eintraf, sie oder die Mörder. Der Alkohol im Kopf machte die Arbeit erträglich, er befreite sie vor allem von der Angst. Brunner hatte sich ein wenig gefangen und trank wieder etwas, aber seine Schmerzen verhinderten, dass er mithalf.
    Frank fühlte sich offensichtlich zur Italien-Abteilung hingezogen, und er wurde fündig, sowohl in Bezug auf die Weine als auch auf einen möglichen Hohlraum. »Hier ist was, Leute«, sagte er und meinte damit nicht die Weine von Ornellaia, San Guido oder Fonterutoli, die er gerade entdeckt hatte. Auch deren Chianti Classico von 1999 ließ ihn kalt, er hatte etwas gehört.
    »Da ist ein Hohlraum dahinter«, meinte er aufgeregt, und die Trunkenheit, die langsam um sich griff, schien vergessen. Er machte sich sofort mit der Glasscheibe an die Arbeit.
    »Vergiss es«, sagte Henry, »da kommen wir nie durch, der Mörtel ist zu hart. Hammer und Meißel könnten helfen   …«
    »Man nimmt, was man hat.« Frank musste innehalten, er konnte nur mit dem rechten Arm arbeiten, der linke war für schwere Tätigkeiten nicht zu gebrauchen.
    »Bei Gelegenheit erzählst du mir mal die Geschichte von deinem Arm.« Henry war das Glas in der Hand lieber als das rudimentäre Steinzeitwerkzeug.
    »Wenn wir hier rauskommen, dann erzähle ich dir alles   – alles, was du hören willst. Ich kann gut erzählen, ich kann dich auch fotografieren. Wo sind meine Kameras? Ich sollte das hier alles fotografieren, sozusagen der Nachwelt überliefern. Jetzt will ich den Brunello von La Poderina, da sind einige richtig gute Tropfen in den Regalen. Was meint der Chef dazu?«
    Der saß am Tisch, den Kopf in die linke Hand gestützt, mit der rechten hielt er sich die Seite, und betrachtete mit stumpfem Blick die fünf Gläser, die aufgereiht vor ihm standen. Er schüttelte den Kopf. »Sie hatte nie Freude am Wein.«
    Jetzt trauerte der Idiot auch noch um die schießwütige Gattin. »Das hat dir nicht zu denken gegeben, das mit dem Wein?« Henry ärgerte sich, dass der Koch sich jetzt als Opfer präsentierte, dabei hatte er sich jahrelang an dem Verbrecherclub beteiligt.
    Henry horchte auf.
    »Ich habe was gehört!« Er hob die Arme. »Draußen ist jemand. Seid still! Hör mit der Kratzerei auf, Franco.«
    Alle lauschten, sie meinten, Schritte zu hören. Waren es die Schritte des Rollkommandos, der Begleitmannschaft, die Schritte der Killer? Ein dumpfer Ton drang in den Keller, es hätten Stimmen sein können, und dann, als der Schuss fiel, es war eindeutig ein Schuss, zuckten alle drei zusammen. Henry fragte sich, ob sie jetzt versuchten, die Tür aufzubrechen und den Keller stürmten   … Er blickte zu den Champagnerflaschen und ertappte sich dabei, wie er sie zählte. Da standen genug.
    Jemand rüttelte an der Tür, warf sich mehrmals dagegen, die Barrikade zitterte   – dann herrschte Ruhe. Einige Minuten später krachte etwas gegen die Tür. Hatten sie sich einen Rammbock verschafft? Es donnerte wieder, aber die Barrikade war stabil, sie zitterte zwar, aber Stein blieb auf Stein, die Mauer war solide.
    »Wir müssen uns beeilen, mit dem Trinken genauso wie mit dem Kratzen«, sagte Frank in die folgende Stille hinein. »Aber was sehe ich da?« Er legte die Scherbe beiseite, »meinen Faustkeil«, wie er sein Werkzeug nannte, und trat an eines der hinteren Regale. »Das ist
der
Wein, das ist der größte Wein überhaupt. Und so preiswert. Er glänzt mit fantastischen Kritikernoten, Amber hat ihm seinerzeit achtundneunzig Punkte gegeben   … glaube ich jedenfalls.«
    »Das hilft dem armen Teufel jetzt auch nicht weiter«, murmelte Henry und griff bereits
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