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Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)

Titel: Sein Blut soll fließen: Thriller (German Edition)
Autoren: Ian Rankin
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operierende Typen aus Wirtschaft und Politik. Ein paar von ihnen hatten zur selben Zeit wie er in den Special Forces gedient. Schokomäulchen hatte noch einen langen Weg vor sich.
    Er erzählte seinen Kunden nie, dass er bei der SAS gewesen war. Er sagte ihnen, er sei Ex-Infanterist, und nannte ein paar seiner Einsatzgebiete: Nordirland, die Falkland-Inseln … Er ging nie ins Detail, so sehr man ihn auch löcherte. Wie er sagte, nichts davon spielte eine Rolle; das war Vergangenheit. Das waren nur Geschichten – Geschichten, die er nie erzählte.
    Im Wohnzimmer war es warm. Joan hatte sich auf dem Sofa zusammengerollt und befriedigte die unmittelbaren Bedürfnisse Kater Bakunins, der mit ihr fernsah. Sie lächelte, als Reeve ihr den Becher reichte. Bakunin ermordete ihn mit einem Blick, weil er es wagte, die Streichelstunde zu unterbrechen. Reeve trat einen taktischen Rückzug an und ließ sich in seinen Lieblingssessel sinken. Er sah sich im Zimmer um. Joan hatte es tapeziert und gestrichen, so ordentlich und gekonnt, wie sie alles machte. Das heißt, zu Hause sein, dachte er. Das ist schön.
    »Du hast heute gepatzt«, sagte sie, ohne die Augen vom Bildschirm abzuwenden.
    »Danke, dass du mir geholfen hast, das Gesicht zu wahren.«
    »Tut mir leid, ich wusste nicht, dass das meine Aufgabe ist.«
    Suchte sie Streit? Er konnte keinen gebrauchen. Er konzentrierte sich auf den Kaffee.
    »Haben alle bezahlt?«, fragte sie, immer noch ohne ihn anzusehen.
    »Die Schecks liegen in der Schublade.«
    »In der Geldkassette?«
    »In der Schublade«, wiederholte er. Der Kaffee schmeckte irgendwie nach nichts.
    »Hat jeder seine Quittung bekommen?«
    »Ja.«
    Danach sagte sie nichts mehr, und er auch nicht, aber es war ihr mal wieder gelungen, ihn aus dem Konzept zu bringen. Das schaffte sie immer mühelos. Seine Ausbildung hatte ihn auf fast alles vorbereitet, aber nicht darauf. Joan hätte eine hervorragende Vernehmungsexpertin abgegeben.
    Hier bin ich zu Hause, dachte er.
    Dann klingelte das Telefon.

2
    Das Gebäude von Co-World Chemicals befand sich an der Ecke B Street und Fifth Avenue in Downtown San Diego. Damit lag es knapp fünfundzwanzig Kilometer nördlich von der mexikanischen Grenze, die für Alfred Dulwaters Geschmack entschieden zu nah lag. Für seine Begriffe war hier schon Ausland. Er wusste außerdem, dass gerade mal ein paar Blocks südlich des CWC-Gebäudes das Gaslamp Quarter anfing, wo es, obwohl die Stadtverwaltung das Viertel aufgeräumt hatte und es den Touristen als »historische Stätte« verkaufte, trotz der vielen überteuerten Restaurants und Schnickschnack-Geschäfte nach wie vor von Bettlern und Pennern nur so wimmelte.
    Dulwater kam aus Denver. Als Junge hatte er sich einmal eine Karte der USA vorgenommen und zwei Diagonalen darauf gezeichnet – die eine von Seattle bis runter nach Miami, die andere von Boston bis nach San Diego. Dadurch hatte er sich selbst bewiesen, dass Denver ziemlich genau das Herz der glorreichen Vereinigten Staaten ausmachte. Okay, der Schnittstelle am nächsten hatte eigentlich Topeka gelegen, aber Denver war auch dicht dran.
    Er wohnte allerdings nicht mehr in Denver. Die Detektei, für die er arbeitete – deren neuster Juniorpartner er war -, hatte ihren Sitz in Washington, DC. Viele hatten von Privatdetektiven noch immer die ebenso falsche wie stereotype Vorstellung: schmuddelige, kettenrauchende Männer, die nächtelang Motels beobachteten. Aber Alfred Dulwaters Firma, Alliance Investigative, entsprach nicht diesem Bild. Schon der Name bewirkte, dass sie eher nach einer Versicherungsgesellschaft als nach einem verwanzten Ein-Mann-Büro klang. Die Alliance war groß und finanzstark und arbeitete nur für handverlesene Klienten – vor allem große Unternehmen wie Co-World Chemicals. Dulwater störte es nicht, für CWC zu arbeiten, selbst wenn der Auftrag trivial erschien, wohl aber störte es ihn, von Kosigin ständig nach San Diego zitiert zu werden. Normalerweise wurden Berichte durch einen bewährten Kurierservice zugestellt. Es war sehr ungewöhnlich, dass ein Klient auf persönlicher Zustellung durch einen Juniorpartner bestand; im vorliegenden Fall ging es auch nicht lediglich um einen Bericht, sondern gleich mehrere, was entsprechend viele Flüge nach Südkalifornien erforderlich machte – und damit schlicht ökonomisch unsinnig war, zumal die observierte Person in San Diego wohnte und arbeitete. Das bedeutete, dass Dulwater regelmäßig rüberfliegen,
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