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Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)

Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)

Titel: Seichtgebiete: Warum wir hemmungslos verblöden (German Edition)
Autoren: Michael Jürgs
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nur die Besten unter den Klugen. Jede Art von Ekel muss zuvor abtrainiert werden, man braucht einen langen Atem, und die Guerilleros müssen lernen, ihre Intelligenz so zu verbergen, dass ihnen niemand von den Blöden auf die Schliche kommt. Ihr verborgenes Wissen macht sie zwar stark. Doch die Stärke dürfen sie um Himmels willen nicht ausspielen, denn Taktik zwei verlangt, ihr Mehrwissen nur unauffällig trickreich einzusetzen.
    Wie denn nun?
    Wer Blödmacher besiegen will, muss sie lächerlich machen. Werden sie ausgelacht statt ausgezählt, veräppelt statt verehrt, verlieren sie ihre Anziehungskraft bei den Blöden. Das Volk lässt dann seine bloßgestellten, entblößten Helden fallen, statt ihnen zu verfallen.
    So erging es bekanntlich einst jenem Kaiser aus dem Märchen von Hans Christian Andersen. Ein eitler Tropf. Er hielt sich mehr in seiner Garderobe auf als bei seinen Staatsgeschäften und er ging nicht ins Theater und er las kein Buch und er hörte keine Musik. Doch weil er nun mal der Herrscher war, konnte er sich seine eitle Blödheit, ohne Folgen befürchten zu müssen, erlauben.
    Wie eitel und wie blöde er tatsächlich war, erkannten zwei kluge Betrüger, die ihm einredeten, ihr neues Format, anschmiegsame Haute Couture, das sie ihm auf den Leib
schneidern könnten, sei nicht nur unglaublich schön und würde ihn noch schöner machen, als er eh schon war, sondern hätte auch die sensationelle Eigenschaft, für alle unsichtbar zu sein, die »unverzeihlich dumm« seien. Blöde, wie er war, glaubte ihnen der Kaiser. Die Behauptungen der Betrüger, die heute als Unique Selling Point (USP) bezeichnet würden, sprachen sich im Lande herum, wurden nicht hinterfragt. Der Kaiser gab bei Anproben nie zu, dass er im Spiegel nichts sah, um nicht als unverzeihlich dumm zu gelten, bewunderte stattdessen Muster und Farben, obwohl die beiden Schneider noch keinen einzigen Faden gesponnen, aber bereits viel Geld für die teure Seide kassiert hatten.
    Endlich war es so weit, dass sich der Kaiser in den neuen Kleidern zeigen konnte. Er wollte es, denn zur Dummheit gehört die Eitelkeit. Das wollte er öffentlich zelebrieren und ging, von seinem Hofstaat begleitet, durch die Stadt. Des Kaisers Untertanen, die ebenfalls nicht für blöde gehalten werden wollten, stießen bewundernde Rufe aus und lobten seine neue Kleider. Heute würden ihre Hochrufe als Quotenhoch gewertet werden. Keiner aber wollte zugeben, nichts zu sehen. Bis auf einmal ein kleines Kind rief, der Kaiser habe doch gar nichts an. Der sei ja nackt. Da merkten alle Erwachsenen, für wie dumm sie sich hatten verkaufen lassen, und erst dann lachten sie ihren dummen Kaiser aus.
    Was für dessen Ego und dessen Ansehen natürlich tödlich war.
    Was wäre also, würde nach der Art dieses wunderbaren Märchens verfahren werden beim Kampf gegen die allgemeine Verblödung? Zum Beispiel die Welt der Blödmacher auf den Kopf stellen, um zu sehen, wer hinten runterfällt, statt wie bisher als bewunderter Popanz auf den Seichtgebieten zu agieren? Zum Beispiel im nächsten Kapitel mit der Realität spielen, statt sie tief grübelnd ändern zu wollen?
    Zum Beispiel schauen, ob die beim Volk beliebten Kaiserinnen und Kaiser auch dann noch so beliebt wären, wenn man sie nackt, wie sie im Geiste sind, gegeneinander antreten ließe in einem einzigen furiosen Showdown?
    Schauen wir doch einfach mal.

KAPITEL II
    »Ich bin ein Depp, lasst mich hier rein!«
     
     
     
     
    G egen die herrschenden Spießer und Spaßmacher, Blödmacher und Banausen in die entscheidende Schlacht zu ziehen – ach, wäre das schön! Ach, wäre das unterhaltsam! Ach, wäre das spannend! Motiviert durch beispiellos freche Ideen, bewaffnet mit grenzenloser Fantasie, ausgebildet von abtrünnig gewordenen Blödmachern ließen sich die Blöden besiegen.
    Die verdeckt operierenden Spezialkommandos von »Enduring Wisdom« müssten sich der Mittel des Gegners bedienen, ohne Bedenken ihre Taktik kopieren und dürften – insbesondere aus moralischen Gründen – keinen der schmutzigen Tricks scheuen, mit denen die von der anderen Straßenseite arbeiten. Bis zu einer Entscheidung, die jedoch erst am Ende des Buches fallen wird, müssen die feindlichen Heere mit verbalen Gemeinheiten attackiert und, sooft es nur machbar ist, mit überraschenden Ein- und Ausfällen konfrontiert werden.
    Am einfachsten wäre es, ihnen eines ihrer populären Formate zu klauen und listig mit anderen Inhalten zu
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