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Seelenzorn

Seelenzorn

Titel: Seelenzorn
Autoren: Stacia Kane
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sie ihm, aber er wollte nicht mit ihr reden.
    Aber es musste doch etwas bedeuten, oder? Dass er sie gerettet hatte? Dass er in letzter Minute Horatio Kemp mit einer Waffe in der Hand gesehen und nur noch daran gedacht hatte, sie zu beschützen, sich vor sie zu werfen? Bedeutete das denn gar nichts?
    Fletchers Blick verriet ihr, dass er genau wusste, worüber sie nachgrübelte. Er war so gnädig, sie nicht darauf anzusprechen.
    »Wie auch immer«, sagte Pyle. »Ich wollte nur vorbeikommen und mich bedanken. Und natürlich sind Sie uns immer herzlich willkommen, wenn sie mögen.«
    »Vielen Dank, aber ich reise wirklich selten. Irgendwann mal, vielleicht ...«
    »Oh, nein. Wir ziehen zwar wieder nach L. A., aber das Haus behalten wir. Damit wir den Sommer hier verbringen können, denke ich. Wenn Sie mal in der Gegend sind, schauen Sie doch bei uns rein. Würde mich freuen. Uns alle, glaube ich.«
    Die Sache wurde immer seltsamer und seltsamer. »Okay, vielen Dank.«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie haben mir meine Familie zurückgegeben. Wir reden jetzt wieder miteinander. Sie hätten uns alle hinter Gitter bringen und unser Leben und unsere Karriere ruinieren können. Verdammt, Sie hätten die Story sogar an die Boulevardpresse verkaufen können. Haben Sie aber nicht. Das weiß ich wirklich zu schätzen.«
    Sie öffnete den Mund, um ihm zu sagen, dass sie eigentlich nicht wirklich die Wahl gehabt hatte, machte ihn aber wieder zu. Immerhin war es schön zu wissen, dass an diesem ganzen Schlamassel wenigstens etwas Gutes dran war. Dass wenigstens jemand anderer jetzt besser dran war als vorher. In ihrem Job gab es nicht allzu oft ein Happy End. Und in ihrem Privatleben ... na ja, das verstand sich wohl von selbst.
    Sie plauderten noch eine Weile, bevor die beiden Männer aufstanden und gingen.
    »Eins noch.« Fletcher hielt ihr etwas hin. »Ich dachte, die hätten Sie vielleicht gerne zurück.«
    Es war ein flaches, rechteckiges Päckchen, ungefähr so dick wie eine Zeitschrift. Die Fotos - weitere Abzüge vermutlich - oder vielleicht hatte sie in der Nacht im Haus der Pyles auch nicht alle zu fassen gekriegt. Sie nickte.
    »Wenn ich Ihnen noch irgendwie helfen kann, rufen Sie mich einfach an. Bitte. Meine Karte ist da drinnen.«
    »Ja, okay. Und vielen Dank noch mal.«
    Sie schüttelten sich die Hände. Fletcher beugte sich über sie und gab ihr einen Kuss auf die Stirn, dann gingen sie.
    Sie öffnete das Päckchen. Jep, die Bilder. Alle. Und der Speicherchip. Wirklich nett von ihm. Obwohl er inzwischen natürlich sehr viel mehr über sie wusste, was er notfalls gegen sie verwenden konnte.
    Ganz zuletzt fand sie zwei Abzüge des gleichen Bildes, die Vergrößerung einer Nahaufnahme. Sie und Terrible in der Nacht, in der sie zu Bump gefahren waren, kurz bevor sie an die Tür klopften. Sie alberten miteinander herum. Sie standen so nahe beieinander, dass sie sich fast berührten, sodass es schwierig war, zu erkennen, wo der eine Körper aufhörte und der andere begann. Der Wind hatte ihr das Haar von den Schultern und die Stirnfransen aus dem Gesicht geweht. Ihre Augen wirkten größer und völlig auf ihn konzentriert.
    Und er sah mit diesem Grinsen zu ihr herab, das sein ganzes Gesicht veränderte.
    Tränen brannten ihr in den Augen, und sie wischte sie weg. Von diesem Bild hatte Fletcher ihr zwei Abzüge gebracht. Eigentlich war ihr sowieso gerade nach einem kleinen Spaziergang.
    Sie schlüpfte aus dem Bett und warf verstohlen ein paar Pillen ein. Vielleicht war sie im Begriff, etwas total Dämliches zu tun, aber das war inzwischen auch schon egal. Welche Rolle spielte das jetzt schon noch? Sie hatte sich sowieso schon wie die letzte Idiotin aufgeführt, als sie Rotz und Wasser geheult und einer Gruppe von Männern - darunter einer, mit dem sie fickte - erklärt hatte, dass ihr Leben vorbei wäre, wenn Terrible nicht überlebte.
    Terribles Zimmer lag nicht weit von ihrem entfernt, nur ein paar Türen den Flur runter. Verglichen mit seinem gewaltigen Körper, in dem alle möglichen Schläuche steckten, wirkte das Bett winzig.
    Er sah okay aus, dachte sie kritisch. Nicht zu blass. Sie wusste aber nicht, ob das irgendeine Bedeutung hatte.
    Auf Socken tappte sie an die Seite seines Bettes und lauschte auf seinen Atem. Lauschte auf das regelmäßige Dippen des Tropfs in der Ecke. Was sie getan hatte ... war richtig gewesen. Dazu stand sie, trotz der möglichen Folgen. Sie hatte einen Vogel getötet. Wenn das jemals rauskam,
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