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Seelenkuss

Seelenkuss

Titel: Seelenkuss
Autoren: Lynn Raven
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zwischen ihnen Javreen. Das Kreischen begann wieder. Sie sah, wie er sich in den Händen der Grauen Krieger aufbäumte und zuckte und nach einem wie endlos scheinenden Moment erschlaffte und vornübersackte. Im gleichen Moment verstummte das Kreischen, doch sie konnte selbst von hier aus ein Stöhnen und Schluchzen hören. Bis er sich erneut in dem Griff der BôrNadár aufbäumte und schrie. Eine Bewegung neben ihr ließ sie zurückschrecken. Der Graue, der an dem Felsdurchbruch Wache gehalten hatte, stand vor ihr. Er packte sie mit seinen eisigen Händen und stieß sie zum Feuer zurück. Ahoren lächelte sie an. In den eingefallenen Zügen, die früher einmal ihrer Schwester gehört hatten, wirkte es eher wie ein Zähnefletschen. Darejans Herz setzte zwei Schläge aus, als sie sah, was seine zur Klaue gewordenen Finger umklammerten. Der KonAmàr schimmerte zwischen ihnen in einem dunklen ockerfarbenen Feuer.
    » Ja, noch kämpft er, dein Liebster. Aber seine Kräfte schwinden. Es wird nicht mehr lange dauern, dann ist er bereit. Und hier wird es mir umso leichter fallen, seinen Körper zu meinem zu machen. « Ahorens Lächeln vertiefte sich. » Wusstest du, dass sich hier, in einer Nacht wie dieser, das Reich der Lebenden und das der Toten überlagern? Unter einem Seelenmond wirken direkt am Rand des KaîKadin die alten Mächte so viel stärker als alles, was sich dein Verstand vorstellen kann. Es können Dinge geschehen, die an jedem anderen Ort, zu jeder anderen Zeit unmöglich sind. « Seine Lippen verzogen sich. Blut schimmerte auf ihnen. » Ich hoffe, dir ist klar, dass du die Schuld an seinen zusätzlichen Qualen trägst, meine Liebe. Wärst du mir beim ersten Mal nicht mit deiner Magie dazwischengefahren, wäre es nicht nötig gewesen, seine Seele zum zweiten Mal aus seinem Körper zu treiben. Und er hätte den Schmerz über den Verlust seines Seelenbruders nicht so lange ertragen müssen. « Erneut gellte ein Schrei auf. Darejan hätte beinah die Hände über die Ohren geschlagen. Zittrig beugte Ahoren sich vor. » Hörst du es? Noch klammert er sich an die Hoffnung, dass ihr dies hier habt. « Seine Klauenfinger spielten im Licht der Glut mit dem Edelstein. Er entglitt ihnen, fiel mit einem dumpfen Laut in den schwarzen Sand. Die dünne, fahle Nebelschicht, die den Boden bedeckte, stob auf. Verzweifelt warf Darejan sich auf ihn, doch eine Hand hielt sie auf, noch ehe sie ihn erreichen konnte. Sie schrie in dem eisigen Griff des BôrNadár ohnmächtig auf, ehe sie mit einem Schluchzen erschlaffte. Als sie sich nicht mehr regte, ließ der Graue sie wieder los und Darejan stürzte auf die Knie.
    Ahoren hatte den KonAmàr in beinah komischer Hast wieder aus dem Sand aufgehoben, nun gab er ihm dem BôrNadár.
    » Zerstör ihn! « , befahl er mit wutverzerrten Zügen zischend.
    » Nein! « Sie wollte aufspringen, den Grauen Krieger daran hindern, doch der zweite BôrNadár hinter ihr drückte sie in den Sand zurück. Sie wand sich in seinem eisigen Griff, schlug um sich und musste doch hilflos mit ansehen, wie der Graue den Befehl seines Herrn gleichmütig ausführte. Der dunkle ockerfarbene Edelstein zerbarst zwischen seinem Schwert und einem Felsen. Darejans Bewegungen erlahmten. Mit einem Gefühl der Betäubung starrte sie auf die Splitter, die im schwarzen Sand schimmerten. Es war alles umsonst gewesen. Alles!
    » Es ist so weit. « Ahoren schaute zu dem schwarzen Firmament über ihnen, an dem der Seelenmond voll und blutrot in seinem Zenit stand. » Gerade zur rechten Zeit! « Auf den Arm des Grauen Kriegers gestützt, der hinter ihr gestanden hatte und auf einen Wink an die Seite seines Herrn getreten war, kam er auf die Füße und schlurfte zu dem Felsdurchbruch. Auf halbem Weg hielt er noch einmal inne. Das Lächeln um seinen Mund ließ Darejan unwillkürlich zurückweichen. Mit gekrümmten Fingern wies er auf den BôrNadár, der immer noch über den Bruchstücken des KonAmàr stand.
    » Er wird bei dir bleiben, meine Liebe. Und auf dich aufpassen, so wie es sich für einen Freund gehört. « Schwerfällig drehte er sich halb zu dem Grauen um. » Nimm deinen Helm ab « , befahl er ihm barsch. Der BôrNadár gehorchte. Darejan starrte ihn an.
    » Réfen! « , hauchte sie fassungslos.
    Aus Selorans Kehle kam ein dünnes Kichern. » Ja, Réfen. Der Hauptmann dient mir gut, meine Liebe. Meinst du nicht auch? « , spottete Ahoren, ehe er sich endgültig abwandte und zwischen den Felsen hindurch zum Strand
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