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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition)
Autoren: Nadine Buranaseda
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Unterdessen legte der SEKler vorsichtig das Ohr an die Tür und lauschte in die Stille. Dann nickte er, holte Schwung und stieß den Rammbock mit aller Kraft gegen das Schloss. Unter der Wucht des Schlags splitterte das Holz mit einem ohrenbetäubenden Krachen. Zwei Sekunden später stürmten die Beamten das Appartement.

70
    Annelise Janssen saß auf dem Sofa ihrer sonnengelben Polstergarnitur. Sie trug dieselbe Kleidung wie bei ihrem letzten Besuch und schien noch nicht einmal überrascht, als die zwei SEK-Männer in das Wohnzimmer rannten, während die anderen Teammitglieder die angrenzenden Räume überprüften.
    „Sicher! Sicher!“, echoten die Rufe der SEK-Beamten durch die Wohnung.
    Hirschfeld hatte sich dicht hinter der ersten Gruppe gehalten, die in das Appartement eingedrungen war. Jetzt stand er im Türrahmen des Wohnzimmers und ließ seine 15-schüssige Walther P99 sinken.
    „Ach, Sie sind es. Wie nett, dass Sie mich besuchen“, begrüßte Frau Janssen ihn. „Wollen Sie sich nicht setzen?“
    Hirschfeld steckte seine Waffe zurück ins Holster und nahm ihr gegenüber auf dem Sessel Platz. Der Genderplex-Test, den er über Professor Stein beim Institut für Gerichtliche Medizin in Innsbruck in Auftrag gegeben hatte, hatte bestätigt, was er längst wusste: Ihr Mörder war eine Frau. Obwohl die DNA-Identifizierungsmuster, die bei der Obduktion von Susanne Bach unter ihren Fingernägeln sichergestellt worden waren, zunächst darauf hingedeutet hatten, dass sie es mit einem männlichen Täter zu tun hatten, waren Hirschfeld Zweifel gekommen. Gerade Susanne Bach hätte sich auf dem Supermarktparkplatz niemals von einem fremden Mann ansprechen lassen. Das DNA-Ergebnis hatte die Mordkommission auf eine falsche Fährte geführt. Hirschfeld wusste, dass der Standard-Test zur Geschlechtsbestimmung in einem von 5.000 Fällen ein falsches Ergebnis lieferte und nur durch eine spezielle Untersuchungsmethode korrigiert werden konnte. Endlich hatten sie auch eine Erklärung dafür, weshalb der Täter keine sexuellen Handlungen an den Frauen vorgenommen und sie mit K.-o.-Tropfen gefügig gemacht hatte.
    „Hier ist niemand!“, meldete der SEK-Einsatzleiter aus dem Flur. „Nur ein verdammter Köter, der sich unter dem Bett verkrochen hat.“
    „Würden Sie uns einen Moment allein lassen?“, wandte sich Hirschfeld an die anwesenden Beamten, die sich daraufhin sofort zurückzogen.
    „Wo haben Sie Ihren Partner gelassen?“, erkundigte sich Frau Janssen. Das Taschentuch in ihrem Ärmel zeichnete sich deutlich unter dem weißen Polyesterpullover ab.
    „Kirchhoff ist auch hier. Er schaut sich ein wenig um, wenn Sie nichts dagegen haben.“
    „Nein, nein. Fühlen Sie sich wie zu Hause. Sie sind jederzeit willkommen.“
    „Frau Janssen, wo ist Marie?“, fragte Hirschfeld so freundlich wie möglich und hoffte, dass die Frau bald wieder aus ihrer eigenen Welt in die Realität zurückkehren würde.
    „Marie? Ich kenne keine Marie“, sagte Annelise Janssen und zog die Augenbrauen hoch.
    Hirschfeld glaubte ihr sogar. In ihrer Wahnvorstellung konnte sie nicht mehr erkennen, dass die Frauen, die sie in ihre Gewalt gebracht hatte, unschuldig waren.
    „Ich spreche von der jungen Frau, die Sie am Sonntag zu sich genommen haben“, tastete er sich vorsichtig weiter. Ein falsches Wort und sie würde dichtmachen.
    „Ach, die. Sie ist in guten Händen, glauben Sie mir“, antwortete Frau Janssen und strich ihren blauen Rock glatt.
    „Da bin ich mir sicher“, log Hirschfeld und dachte daran, dass sie Lena Zimmermann, ihr erstes Opfer, wie einen Fötus in ihrem Grab am Rhein gebettet hatte. Es schien, als hätte sie sich trotz ihres unbändigen Hasses für die ermordeten Frauen verantwortlich gefühlt. „Sie haben sich auch gut um die anderen beiden Mädchen gekümmert, nicht wahr?“
    Annelise Janssen lächelte fein. Dann begann sie den Oberkörper hin und her zu bewegen, als versuche sie einen Säugling auf ihrem Arm in den Schlaf zu wiegen.
    „Natürlich, auch wenn sie es nicht verdient hat.“
    „Ich verstehe“, senkte Hirschfeld die Stimme und beugte sich leicht nach vorne. „Margot Krämer hat Sie gequält.“
    „Ja, das hat sie “, sagte Annelise Janssen scharf. Ihr Gesicht verdüsterte sich. „Aber jetzt lasse ich es ihr nicht mehr durchgehen.“
    „Wie alt waren Sie damals, Frau Janssen?“, versuchte Hirschfeld, das Gespräch nicht abreißen zu lassen.
    „Nennen Sie mich doch bitte
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