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Seelengrab (German Edition)

Seelengrab (German Edition)

Titel: Seelengrab (German Edition)
Autoren: Nadine Buranaseda
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Mindeste!“
    „Natürlich.“
    „Hör auf, mich so herablassend zu behandeln. Bild dir bloß nicht ein, ich hätte deine Masche nicht durchschaut.“
    „Bitte, das bringt uns doch nicht weiter, Vater.“
    „Papperlapapp! Du hast doch keine Ahnung, wie es hier drinnen zugeht. Alle drei Sekunden kommt jemand vorbei und glotzt dir auf die Finger. Ich kann noch nicht einmal in der Nase bohren, ohne dass es die da draußen mitbekommen.“
    „Jetzt übertreibst du aber. Ich bin sicher, dass hier jeder nur dein Bestes will.“
    „Mein Bestes“, äffte Heinrich Hirschfeld seinen Sohn nach. „Du bist ja lustig!“
    „Du machst gerade eine schwere Zeit durch“, versuchte Hirschfeld seinen Vater zu besänftigen. „Und du hast Recht: Ich kann mir nicht vorstellen, wie es dir geht. Aber ich bin hier, um dir da durchzuhelfen.“
    „Wie gütig von dir, aber deine Almosen kannst du für dich behalten.“
    „Ich glaube, wir sollten unsere Unterhaltung ein anderes Mal fortsetzen“, entgegnete Hirschfeld und stand auf.
    Obwohl ihm klar war, dass sein Vater die Hälfte der Zeit nicht wusste, was er da von sich gab, brauchte er frische Luft, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    „Ja, ja, geh nur! Das kannst du ja am besten“, rief sein Vater, nachdem Lutz den Stuhl zurück an seinen Platz gestellt und seinen Mantel angezogen hatte. „Ich komme auch ohne dich zurecht! Von mir aus brauchst du gar nicht mehr wiederzukommen. Ist wahrscheinlich besser für uns beide.“
    „Ich besuche dich morgen wieder“, überging Lutz seine Worte.
    „Ach, mach doch, was du willst!“, brüllte Heinrich Hirschfeld ihm hinterher.
    Worauf du dich verlassen kannst, alter Mann, antwortete Hirschfeld in Gedanken und trat aus dem Krankenzimmer. Auch wenn er nicht wusste, was ihn in Bonn erwarten würde, stand nach seinem Besuch zumindest eines fest: Die nächste Zeit verhieß alles andere, als langweilig zu werden.

04
    Eiskaltes Wasser riss sie aus der Bewusstlosigkeit. Für den Bruchteil einer Sekunde wusste sie nicht, wo sie sich befand. Ihre Fesseln erinnerten sie jedoch augenblicklich daran, dass sie nicht aus einem Albtraum aufgewacht war, sondern sich mitten darin befand.
    Sie schnappte heftig nach Luft. Als sie versuchte, den Kopf zu drehen, registrierte sie, dass sich die Lichtverhältnisse radikal verändert hatten: Das Zwielicht war flackernder Neonbeleuchtung gewichen. Erst jetzt bemerkte sie, dass der Deckel von der Holzkiste entfernt worden war. Gerade als die Hoffnung in ihr aufstieg, befreit zu werden, entdeckte sie eine Gestalt, die regungslos über ihr stand und auf sie herabstarrte. Das Gesicht war schneeweiß. Anstelle des Mundes befand sich eine schmale Öffnung. Die tief liegenden Augen, die sich hinter den Sehschlitzen der Maske verbargen, konnte sie nur erahnen.
    Als sich eine behandschuhte Hand über den Rand der Kiste schob und nach ihrem nassen Haar griff, setzte ihr Herzschlag für einen Augenblick aus. Sie fühlte sich wie ein Stück Vieh, das zur Schlachtbank geführt wurde.
    Und in diesem Moment wünschte sie sich, sie wäre bereits tot.

05
    Der Reisewecker, den Lutz Hirschfeld am Köln Bonner Flughafen gekauft hatte, gab einen kläglichen Ton von sich. Im Halbschlaf tastete der Kriminalhauptkommissar in Richtung Nachttisch und schlug auf das Plastikgehäuse. Schließlich gelang es ihm, den Wecker auszuschalten. In diesem Moment sprangen die Ziffern der Digitalanzeige auf 7 Uhr. Hirschfeld langte nach der Packung Zigaretten, die er vom Nachttisch hinuntergeworfen hatte. Mit der Zigarette im Mundwinkel suchte er nach seinem Zippo, das er auf dem hochflorigen Teppichboden neben seinen Chucks fand. Er ließ das Feuerzeug aufschnappen und fuhr mit dem Daumen über das Zündrad.
    „War klar“, murmelte er. Kein Benzin mehr.
    Hirschfeld warf das Zippo auf die Bettdecke und riss die Nachttischschublade auf. Wenigstens hatte dieses Hotel für Streichhölzer gesorgt. Immerhin verfügte es überhaupt über ein Raucherzimmer, dachte er, als er das Zündholz aufflammen ließ und die Zigarette in die Flamme hielt. Dann blies er es aus und platzierte das abgebrannte Stück Holz auf dem Nachttisch, da er keine Lust hatte, aufzustehen und den Aschenbecher zu suchen. Hirschfeld drehte sich wieder auf den Rücken, legte den linken Arm unter seinen Kopf und nahm ein paar Züge. Mit den Augen folgte er den dünnen Rauchsäulen, die zur Decke aufstiegen. Als die Glut abzufallen drohte, setzte er sich langsam auf. Er hielt
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