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Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)

Titel: Sechs Richtige und eine Falsche: Roman (German Edition)
Autoren: Birgit Hasselbusch
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friedlich schlafend in meinem Bett gelegen hatte. Jeweils ein Blick unter die Decke und ins Bad bestätigten meinen Verdacht: verpieselt. Offenbar hatte er nicht gefunden, dass es sich lohnte, auf mich zu warten. Erschreckenderweise merkte ich, dass mich das Verschwinden des Stiefels härter getroffen hatte. Trotzdem war ich wütend. Genervt knallte ich die Brötchentüte, meinen Schlüsselbund und die Ingwermischung auf den Küchentisch. Genau neben einen von Hand beschriebenen Zettel, der an der Vase lehnte. »Musste los!«, las ich. Nicht mehr und nicht weniger. Zwei Worte lieblos hingeschmiert. Ich untersuchte den Wisch auf geheime weitere Botschaften. Ich entdeckte nichts. Keinen versteckten Pfeil, der auf eine mit Rosen markierte Stelle auf der Fensterbank verwiesen hätte, wo ein Flugticket nach Las Vegas thronte, oder zumindest ein U-Bahnticket ins Kino. Gar nichts. Flugs checkte ich mein Handy, um zu überprüfen, ob er voller Sehnsucht möglicherweise siebzehn Mal versucht hatte bei mir anzurufen, mich wegen des Funklochs im »Würz« aber nicht hatte erreichen können. Aus unendlicher Sorge um mich hatte er alles stehen und liegen lassen, sich auf die Suche nach mir gemacht und schnell den Zettel »Musste los!« geschrieben, nur zwei Worte,weil er keine Zeit mit Überflüssigem verschwenden konnte, während ich in einer Notsituation seine Hilfe benötigte.
    Nö, kein Anruf von Ulf. Nur der von Motz.
    Beide Männer waren übrigens ähnlich lange schon in meinem Leben. Etwa drei Jahre. Leider hatte ich Werner Dotz in dieser Zeit häufiger gesehen als Ulf Reinke. Während Dotz von mir verlangte, dass ich mich regelmäßig in der Redaktion blicken ließ, um mich von ihm mit kuriosen Aufträgen zuschütten zu lassen, verlangte Ulf gar nichts von mir, damit ich im Gegenzug nur ja nichts von ihm verlangte. Unsere Beziehung ging öfter on und off, als die Sonne auf- und unterging.
    Grummelnd griff ich in die Brötchentüte und fischte das mit Sesam heraus. Ich riss ein Riesenstück ab und stopfte es mir frustriert in den Mund.
    Extra für Ulf hatte ich heute die Konferenz sausen lassen, um ganz in Ruhe mit ihm frühstücken zu können. Dabei war die Anwesenheit bei den Montagszusammenkünften in der Redaktion überlebenswichtig, weil dort die Themen unter den Reportern verteilt wurden. Gestern Mittag war ich noch sicher gewesen, an der Konferenz teilzunehmen, weil der Vollarsch von Ulf sich nämlich sowieso nicht wie versprochen gemeldet hatte und ich seit Stunden vergeblich auf seinen Anruf wartete. Als abends um einundzwanzig Uhr endlich doch noch mein Handy klingelte und der göttliche Ulf mit einer total süßen Stimme sagte, er habe verschlafen, sah alles schon wieder ganz anders aus. Gegen dreiundzwanzig Uhr kristallisierte sich heraus, dass der traumhafte Ulf über Nacht bleiben würde, woraufhin ich flugs eine Entschuldigung an Dotz mailte.
    Wenn man vom Teufel spricht …
    »Ballo, Baussen bier!«, meldete ich mich, als das Handy wieder klingelte.
    »Mensch, Claussen, das klingt ja schrecklich! Was haben die denn mit Ihnen angestellt?« So besorgt hatte Dotz das letzte Malgeklungen, als er hörte, die Kantine wolle die Frikadellen aus dem Angebot nehmen.
    »Schulbigung. Ich hab Brob im Mund«, sagte ich mampfend.
    »Was, Sie dürfen schon wieder essen? Nach so einem Eingriff?« Dotz klang erstaunt. Während ich den restlichen Bissen hinunterschluckte, schluckte ich ganz gewaltig. Ich hätte mir in den Po beißen können vor lauter Ärger über meine eigene Dummheit.
    »Nein, kein Brot, das ist Bappe, Watte.«
    Übelste Zahnschmerzen und eine dringende Not-OP. Damit hatte ich mich gestern so kurzfristig bei Dotz für mein Wegbleiben von der Konferenz entschuldigt. Diese Ausrede hatte ich bloß wieder verdrängt, weil Ulf bereits an mir herumgedoktert hatte, während ich die E-Mail verfasste.
    »Hab ich noch im Mund, schmeckt bomisch! Welcher Bag is beute?«, lallte ich und imitierte dabei eine frisch an den Weisheitszähnen operierte Frau, die gerade erst aus der Narkose erwacht war.
    »Ach herrje, Sie stehen ja noch komplett unter Medikamenten. Dann geb ich den Auftrag lieber der Hansen. Ist ein größeres Ding, aber das hat ja keinen Zweck mit Ihnen.«
    Dotz wollte gerade grußlos auflegen, als ich ganz klar und deutlich »Nein, nein!« rief. »Ich bin schon wieder ganz klar. Das geht sehr schnell bei mir.«
    Für einen größeren Auftrag hätte ich mich auch direkt nach einem Kaiserschnitt aus dem
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