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Schwerelos

Schwerelos

Titel: Schwerelos
Autoren: Ildikó von Kürthy
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du ausgerechnet in diesem Punkt so wenig rational bist.»
    Was natürlich eine Frechheit und ein leicht durchschaubares Argument ist. Als könnte man nicht emanzipiert und gleichzeitig verheiratet sein. Es ist seine Art, mich unter Druck zu setzen. Er will nämlich Kinder haben und lockt mich mit der Aussicht aufs Heiraten, sobald ich schwanger werde.
    Eizelle gegen Ring: Das war Franks Angebot.
    Irgendwie unromantisch. Nun gut, nicht ganz so unromantisch, wie wenn du einen Typen erwischt hast, der sich durch dein Jawort berechtigte Hoffnungen auf eine günstigere Steuerklasse machen kann. Der Mann meiner Freundin Regina ist so einer. Der hat ihr am Ende eines unerwartet erfolgreichen Geschäftsjahres einen Antrag gemacht, weil er sich sechstausend Euro Steuerersparnis errechnet hatte.
    Und das Schlimmste war, er hatte noch nicht mal so getan, als sei er plötzlich von romantischen Gefühlen übermannt worden.
    «Stört es dich denn gar nicht, dass Kai so pragmatisch an die Sache herangeht?», fragte ich mit einer Vorsicht, die sich als absolut nicht geboten herausstellte.
    «Aber überhaupt nicht», meinte Regina belustigt. «Ich kenne diesen Mann, und ich wäre total konsterniert gewesen, wenn ich an ihm eine romantische Seite übersehen hätte. Wenn du eine romantische Hochzeit willst, musst du nach drei Monaten heiraten, nicht nach sechs Jahren. Dafür werde ich mich aber auch nicht in ein paar Jahren wieder scheiden lassen, weil ich entsetzt feststelle, dass ich keinen Romantiker geheiratet habe. Ich weiß genau, worauf ich mich einlasse. Kai wird ein guter Vater und ein verlässlicher Partner sein. Es gibt Männer, die man heiratet, und solche, mit denen man die betrügt, die man geheiratet hat. Die Kunst ist, zwischen beiden zu unterscheiden.»
    Das war vor vier Jahren. Regina hat einen dreijährigen Sohn, eine halbe Stelle als Redakteurin bei einer Talkshow und eine Affäre mit einem bekannten Hamburger Politiker.
    Sie treffen sich heimlich in billigen Hotels und Restaurants, wo sich selbst seine beiden Bodyguards über das miserable Essen beschweren.
    Ich bin nur eingeweiht, weil Regina mich regelmäßig als Alibi benutzt und ich mir immer die Kinofilme ansehen muss, in die sie angeblich mit mir geht.
    «Selbstverständlich bin ich glücklich verheiratet», sagt Regina, wenn ich sie frage, wie es in ihrem Herzen aussieht – was meistens dann geschieht, wenn wir angetrunken auf dem Sofa liegen und zum hundertsten Mal einen an und für sich indiskutablen Film wie «Harry und Sally» angeschaut und streckenweise auswendig mitgesprochen haben.
    «Ich habe einen Mann, ein Kind und einen Geliebten. Das sind die drei Zutaten für eine glückliche Ehe.»
    Ich war mir da nicht so sicher. Natürlich nicht. Ich war ja noch nicht mal verheiratet.
    Aber das sollte sich ja nun ändern – sobald eine gegenüber meiner Tante zu vertretende Bedenkzeit verstrichen sein würde.
    «Lass mich noch ein wenig darüber nachdenken», hatte ich unter Aufbietung größtmöglicher Selbstdisziplin zu Frank gesagt. «Gib mir Zeit bis zu meinem Geburtstag.»
    «Aber warum? Ich dachte, du wolltest unbedingt heiraten.»
    Frank schien mein Zögern nicht als die damenhafte Zurückhaltung und Reaktion einer Erwachsenen zu empfinden, als die ich sie ihm hatte verkaufen wollen. Schade, die Sache lief keineswegs so elegant, wie ich es mir seit meinem zwölften Lebensjahr ausgemalt hatte. Damals hatten in «Dallas» Bobby Ewing und Pamela Barnes geheiratet.
    Und in diesem Moment hatte ich mir einen einzigen rosafarbenen Kleinmädchentraum gestattet: Egal, wen ich heiraten würde, es sollte in Anwesenheit unzähliger weißer Tauben stattfinden.
    Gab es bei Bobbys Hochzeit überhaupt Tauben? In meiner Erinnerung jedenfalls stiegen sie elegant in den wolkenlosen Himmel – wie es diese Scheißtauben sonst eigentlich nie tun.
    «Marie? Ich rede mit dir. Du willst seit Jahren heiraten. Jetzt mache ich dir einen Antrag, und du bittest um Bedenkzeit. Könntest du mir das bitte erklären? Oder hast du bloß gerade wieder eine dieser romantischen Komödien gesehen?»
    Meine Hochzeitsträume flatterten so unelegant davon, wie es Tauben eben tun, wenn sie erschrecken und zum Abschied noch ein paar ätzende Kackegeschosse abfeuern, die gerne auf Köpfen und Kaschmirmänteln landen.
    So war es aber bei Bobby und Pamela nicht gewesen! Das wusste ich genau.
    «Marie, bitte erinnere dich, als du ‹Stirb langsam 4› gesehen hast und eine Woche lang fandest,
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