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Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)

Titel: Schweigende Mauern: Historischer Kriminalroman aus Trier (German Edition)
Autoren: Frank Domeier
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schmeichelhafte Worte für von Meuren. Es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sich der Vertreter des Kurfürsten in die Angelegenheiten des Rates eingemischt hatte. Warum war diese zu kurz geratene Gestalt so darauf aus, den Vertretern der Stadt in die Suppe zu spucken? Suchte er einen Ausgleich für seine mangelnde Größe? Nikolaus musste unwillkürlich schmunzeln. Oder war es reine Profilie-rungssucht? Wollte er dem Erzbischof zeigen, was für ein tüchtiger Verwalter er doch war? Aber wie hoch wollte er denn noch hinaus? Für den Bischofsstab in Trier fehlte ihm die entsprechende Abstammung. Oder war es eher etwas Persönliches?
    »Es tut mir leid, Euch, werte Herren, dort hineinzuziehen«, entschuldigte sich Nikolaus. »Mir ist dieser Auftrag bestimmt nicht angenehm.« Er holte tief Luft und erläuterte mit kurzen Worten, warum er dachte, dass es sich eher um einen Selbstmord handelte als um einen Unfall.
    Die Anwesenden waren plötzlich sehr ruhig geworden und machten ein nachdenkliches Gesicht. Nach einigen Augenblicken des Schweigens meldete sich einer zu Wort: »Ich verstehe Eure Argumente, aber ich weiß auch, dass ein Selbstmord immer den Hauch von ... sagen wir mal ... Unehre, Sünde und Verdammnis an sich hat – jedenfalls in den Augen der meisten Menschen. Obwohl ich nicht in Abrede stellen will, dass es unter bestimmten Umständen der einzige Ausweg sein mag – für den Betroffenen oder seine Familie. Aber wie es um Albrecht bestellt war, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Dafür kannten wir ihn zu wenig.«
    Die Umstehenden bezeugten ihre Zustimmung durch leichtes Nicken.
    Ein Zweiter ergänzte nun: »Er war ein Einzelgänger, und nur durch massiven Druck auf die Gilde der Zimmerleute war er vor nicht ganz zwei Monaten zum Zunftmeister ernannt worden.«
    »Druck durch wen?«, wollte Nikolaus wissen.
    »Durch wen wohl? Theodor Junk selbstverständlich. Nur der bringt dies zustande. Bei dem Geld und dem Einfluss, die sich in seiner Familie konzentrieren, kann er den Rat nach Belieben manipulieren.«
    »Für seinen Schwiegersohn hat der Junk das doch gern gemacht, oder?«
    Die Herren schauten aus den Augenwinkeln Adam Grimbach an. Der musterte nur seine Fußspitzen und tat so, als hätte er die Blicke nicht bemerkt. Nikolaus erinnerte sich genau an die Szene, als der junge Meister Helena als »Liebste« bezeichnet hatte und sie in seine Arme schloss. Die beiden mussten mehr als nur gute Bekannte sein. Endlich erbarmte sich einer der Älteren der Gruppe, ein grauhaariger Mann von ungefähr siebzig Jahren, der sich auf einen Gehstock stützte: »Vor etwa vier Wochen wurde Helena Junk mit Herrmann Albrecht verheiratet. Der und Theodor Junk haben irgendwas ausgeheckt. Aber ich habe keine Ahnung, was.«
    Adam Grimbach meldete sich nun zu Wort: »Es soll ein Zeichen der Verbundenheit zwischen den Schöffen und den kleinen Zünften sein.«
    Er erntete dafür nur ein Schmunzeln.
    »Wer hat Euch das gesagt, mein Freund?«, fragte der Ältere.
    »Helena.«
    »Ist sie glücklich über die Heirat?«
    Grimbach schwieg.
    »Und wo verbringt sie ihre Nächte?«
    Nikolaus wurde hellhörig. Kam jetzt ein schmutziges, kleines Geheimnis ans Tageslicht? Ein Seitensprung nach nicht einmal einem Monat Ehe?
    Der junge Meister brummte gereizt: »Bei ihrer Tante im Katharinenkloster, wo sie die todkranke Frau pflegt.«
    Der junge Gelehrte atmete auf. Irgendwie widerstrebte es ihm, Helena etwas Schlechtes zuzutrauen. Warum eigentlich? Er durfte sich von einer Frau nicht wieder so blenden lassen, wie es ihm damals bei der lieblichen Christina in Manderscheid passiert war. Andererseits wäre ein ehebrecherisches Verhältnis eine mögliche Erklärung für einen Selbstmord. Albrecht heiratet eine verführerische, junge Frau, aber die will nichts von ihm wissen und vergnügt sich stattdessen mit einem Jüngeren, am besten noch mit einem anderen Zimmermannsmeister, der sein direkter Konkurrent ist. Nikolaus kam ins Grübeln. Und der ihm das Amt des Zunftmeisters neidete? Sollte er Mord doch nicht ganz ausschließen? Schließlich war Grimbach auf dem Dach gewesen, als Herrmann Albrecht hinunterstürzte.
    Ehe sich Nikolaus versah, verabschiedeten sich die Herren und eilten davon. Offensichtlich hatten sie keine Lust, sich noch weiter mit diesem unangenehmen Thema zu befassen. Nur Adam Grimbach blieb bei dem Fremden stehen.
    »Vielleicht könnt Ihr mir noch kurz etwas erklären.«
    Der Angesprochene räusperte sich. Ihm war
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