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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Aaronovitch
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auf die nächsten Schrecken.
    Als Erster erschien in der Dachtür Thomas »Tigerkiller« Nightingale. Als er mich sah, deutete er auf seine Augen und dann auf den blinden Fleck hinter dem Treppenaufgang. Ich schüttelte den Kopf, zeigte auf die Leiche von Tiger-Boy und machte mit den Fingern eine Pantomime fortgehender Schritte. Nightingale sah verwirrt drein.
    »Er ist abgehauen«, rief ich.
    Nightingale trat aus der Deckung und drehte sich zur Sicherheit einmal um 360   Grad. Frank Caffrey und ein paar seiner Leute folgten ihm. Ich hatte irgendwie erwartet, dass sie in voller Ninja-Montur anrücken würden, aber natürlich trugen sie noch immer ihre Straßenkleidung. Hätten sie nicht ihre Armeewaffen im Anschlag gehabt, ich hätte ihnen keinen zweiten Blick geschenkt.
    Zwei lösten sich vom Rest und untersuchten Tiger-Boy, aber der blieb hartnäckig tot, selbst als ihm einer einen Tritt in die Rippen versetzte.
    Sobald Nightingale sicher war, dass das Dach keine Gefahren mehr barg, kam er zu mir herüber. Ich stand auf und ging ihm entgegen   – niemand lässt sich gern im Sitzen zurechtstutzen.
    »War er das?«, fragte Nightingale.
    »Das war der Gesichtslose«, sagte ich. »Ich hab allerdings gesehen, dass er eine Maske trägt.«
    »Das gehört zum Zauber«, sagte Nightingale. »Sind Sie verletzt?«
    Ich prüfte nach. »Nur ein paar Schrammen und das Knie verrenkt.«
    Nightingale zeigte auf die Überreste des Schornsteins. »Und das, ist das Ihr Werk?«
    »Ja. Hat aber nichts genützt. Er hatte eine Art Kraftfeld um sich.«
    Die Polizeisirenen hatten das Haus erreicht, und man hörte das dumpfe Knallen von Autotüren.
    Nightingale wandte sich an Caffrey. »Frank, Sie und Ihre Jungs verziehen sich besser wieder in den Van. Wir kommen nach, sobald wir die Dinge hier geklärt haben.«
    Die Fallschirmjäger trabten über die Dächer zur Feuerleiter. Ich hoffte, dass Simone und ihre Schwestern so schlau gewesen waren, sich nach ihrer Flucht rasch davonzumachen.
    »Einen Ganzkörperschild«, brachte mich Nightingale wieder zu unserer Unterhaltung zurück.
    »Und er hat meinen Feuerball gefangen. Habe ich das schon erwähnt? Hat ihn einfach aus der Luft gepflückt.«
    »Dieser Mann ist von einem Meister ausgebildet worden«, sagte Nightingale. »Haben Sie eine Vorstellung davon, wie lange es dauert, bis man auf diesem Niveau arbeiten kann? Die Hingabe und Selbstdisziplin, die man braucht? Sie haben gerade einen der gefährlichsten Menschen der Welt getroffen.« Er ließ mir die Hand auf die Schulter fallen. »Und Sie leben noch. Wirklich, das ist beeindruckend.«
    Einen beängstigenden Moment lang dachte ich, er würde mich umarmen, doch zum Glück erinnerten wir uns beide gerade noch rechtzeitig daran, dass wir Engländer waren. Aber es war knapp.
    Aus den Tiefen des Hauses hörten wir das unverkennbare Gepolter von Polizeistiefeln auf einer Treppe.
    Ich deutete auf den verblichenen Tiger-Boy. »Was erzähle ich ihnen über den da?«
    »Dass Sie nicht wissen, wer ihn erschossen hat«, sagte Nightingale. »Sie dachten, es könnte ein Polizeischütze gewesen sein. Ist dem nicht so?«
    Ich nickte. Es ist immer besser, eine Halbwahrheit zu erzählen als eine halbe Lüge. Das hier ist London, Kollegen, hier gibt es doch keine paramilitärischen Todesschwadronen. »Wir müssen dringend reden«, sagte ich. »Bevor wir irgendwas anderes tun.«
    »Ja«, gab Nightingale grimmig zurück. »Ich glaube, das müssen wir.«
    Er ging zur Tür und rief nach unten, hier oben habe sich ein Verbrechen ereignet, er habe das Kommando, und falls sie nicht der Mordkommission angehören, sollten sie lieber unten bleiben, wenn sie wüssten, was gut für sie sei.
    »Ich bin die verdammte Mordkommission«, brüllte Stephanopoulos zurück. Die vier steilen Treppen hatten ihre Laune nicht gehoben. Sie kam aufs Dach herausgeplatzt wie ein überfälliger Steuerbescheid und warf Nightingale einen bitterbösen Blick zu. Vorsichtig, um keine Spuren zu beschädigen, trat sie zu Tiger-Boy hinüber. Unter seinem Kopf hatte sich auf den Bodenplatten eine schwarzglänzende Blutlache gebildet.
    Stephanopoulos musterte erst die Leiche und dann mich. »Nicht noch einer«, sagte sie müde. »Wenn Sie so weitermachen, Söhnchen, haben die bei den Professionellen Standards Ihre Nummer demnächst als Kurzwahl gespeichert.« Sie sah mit zusammengekniffenen Augen Nightingale an. »Was meinen Sie, Sir?«
    Nightingale deutete mit der Spitze seines Spazierstocks auf
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