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Schwarz-Indien

Schwarz-Indien

Titel: Schwarz-Indien
Autoren: Jules Verne
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begnügen,
    sondern auch in seins eindringen wolltet. Er schwor hoch
    und teuer, es solle Euer Verderben sein, wenn es Euch ge-
    länge, die neue, bis jetzt nur ihm bekannte Kohlengrube zu
    erschließen. Trotz seines Alters hatte er noch eine riesige
    Körperkraft, und seine Drohungen ließen mich ebenso für
    Euch wie für ihn fürchten.«
    »Fahr nur fort, Nell«, sagte Simon Ford freundlich zu
    dem jungen Mädchen, das sich, wie um die Gedanken bes-
    ser zu sammeln, einen Augenblick unterbrochen hatte.
    »Als Ihr bei Gelegenheit des ersten Besuchs«, ergriff Nell
    wieder das Wort, »tiefer in die erste Galerie von New Aber-
    foyle eindrangt, schloß Großvater die kurz zuvor gesprengte
    Öffnung und wollte Euch dadurch für immer einkerkern.
    Ich selbst kannte Euch nur als unbestimmte Schattengestal-
    ten, die ich wohl manchmal in der Grube da- oder dorthin
    wandeln sah, aber mir war der Gedanke zu furchtbar, daß
    Christenmenschen in diesen Tiefen elend Hungers sterben
    sollten; so unternahm ich es, auf die Gefahr hin, dabei er-
    tappt zu werden, wiederholt etwas Brot und Wasser in Eure
    Nähe zu stellen! – Ich wollte Euch auch befreien, doch die
    Wachsamkeit meines Großvaters war zu schwer zu täuschen.
    Ihr wart dem Tode nahe! Da kam Jack Ryan mit mehreren
    anderen ... Gott fügte es, daß ich ihnen gerade an diesem
    Tag begegnete. Ich lockte sie bis zu Euch. Bei der Rückkehr
    ertappte mich der Großvater. Seine Wut kannte keine Gren-
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    zen. Ich glaubte von seiner Hand sterben zu sollen! Seit-
    dem wurde das Leben für mich wahrhaft unerträglich. Mei-
    nes Großvaters Gedanken verwirrten sich mehr und mehr.
    Er erklärte sich zum König des Schattens und des Feuers.
    Als er Eure Werkzeuge an die Kohlenadern klopfen hörte,
    die er für sein Eigentum hielt, wurde er wütend und schlug
    mich unbarmherzig. Ich wollte fliehen – unmöglich! Er
    wachte zu argwöhnisch über mich. Endlich vor nun 3 Mo-
    naten schleppte er mich in einem Anfall von Wahnsinn tief
    in jenen Abgrund hinab, wo Ihr mich gefunden habt, und
    verschwand, nachdem er seinen treu bei mir ausharrenden
    Harfang vergeblich gerufen hatte. Wie lange ich dort gele-
    gen habe? – Ich weiß es nicht. Mir ist nur erinnerlich, daß
    ich zu sterben wähnte, als du, mein Harry, erschienst, mich
    zu retten. – Doch das eine siehst du ein, des alten Silfax’ En-
    kelin kann nicht die Frau Harry Fords werden, weil es dein,
    weil es Euer aller Leben kosten würde!«
    »Nell!« rief Harry bestürzt.
    »Nein, nein«, erwiderte das junge Mädchen. »Ich muß
    mich als Opfer bringen. Nur ein Mittel gibt es, das Euch
    drohende Verderben zu beschwören: ich muß zu meinem
    Großvater zurück. Er bedroht ganz New Aberfoyle! ... Oh,
    er hat einen unversöhnlichen Charakter, und keiner kann
    wissen, was der böse Geist der Rache ihm noch eingibt.
    Meine Pflicht liegt klar vor Augen. Ich wäre das verach-
    tungswürdigste Geschöpf, wenn ich sie zu erfüllen zögern
    wollte. Lebt wohl! – Ich danke Euch! Ihr habt mich das
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    Glück dieser Welt kennengelehrt. Was auch geschehen mag,
    glaubt immer, daß mein Herz in Eurer Mitte weilt!«
    Simon Ford, Madge und Harry sprangen bei diesen Wor-
    ten erschrocken auf.
    »Wie, Nell!« riefen sie verzweifelt. »Du willst uns verlas-
    sen?«
    James Starr drängte alle drei zurück, ging gerade auf Nell
    zu und ergriff ihre Hände.
    »Es ist gut, mein Kind«, redete er sie an, »du hast uns ge-
    sagt, was du tun müßtest; doch nun hör erst, was wir darauf
    zu antworten haben. Wir werden dich niemals davonziehen
    lassen, und wenn es sein muß, mit Gewalt zurückhalten.
    Hältst du uns denn für so erbärmlich, daß wir dein Selbst-
    opfer annehmen könnten? Silfax bedroht uns ernstlich; nun
    gut. Aber zuletzt ist ein Mensch eben nur ein Mensch, und
    wir werden uns dagegen zu schützen wissen. Kannst du uns
    vielleicht aber, im Interesse des alten Silfax selbst, über seine
    Gewohnheiten näher informieren oder uns mitteilen, wo er
    sich verbirgt? Uns leitet nur die eine Absicht: ihn außer-
    stand zu setzen, uns zu schaden, und ihn vielleicht sogar
    wieder zur Vernunft zu bringen.«
    »Sie versuchen das Unmögliche«, antwortete Nell. »Mein
    Großvater ist überall und nirgends. Seine eigenen Schlupf-
    winkel habe ich selbst niemals gekannt. Ich habe ihn auch
    nie schlafen sehen. – Als ich meinen Entschluß faßte, Mr.
    Starr, wußte ich, das glauben Sie, alles recht gut, was Sie mir
    erwidern
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