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Schwaben-Messe

Schwaben-Messe

Titel: Schwaben-Messe
Autoren: Klaus Wanninger
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sich an mich, riss mich beinahe zu Boden. Ihre Finger krallten sich in meine Schultern, sie schluchzte, schnappte nach Luft, musste sich auf der Straße übergeben. Bittere Galle, was hatte sie sonst zu verlieren? In dem Moment wusste ich, dass er es war. Sie hatte ihn endgültig wiedererkannt.«
    Gabriele Krauter schwieg einige Minuten, ließ Braig Zeit, ihre Worte zu verarbeiten. Irgendwo im Haus rauschte eine Wasserleitung.
    »Dann stießen wir auf Jahn. Es war ein Zufall. Unser Auto war defekt, wir mussten es an einer Tankstelle reparieren lassen, kamen deshalb erst spät zu Hägeles Anwesen. Da stand Jahn vor dem Zaun und brüllte wütend in den Lautsprecher. Sie spannte es sofort, obwohl er völlig anders aussah, als sie ihn in Erinnerung hatte. Ich musste sie davon abhalten, sich auf ihn zu stürzen. Sie wollte ihn totschlagen, vor Hägeles Haus.«
    Wieder rauschte die Wasserleitung.
    »Wir hatten seine Autonummer, folgten ihm am selben Abend noch ein Stück, bis unser Wagen wieder liegen blieb. Am nächsten Tag ließen wir uns den Besitzer des Fahrzeugs geben. Mira überwachte Jahn wochenlang, fand seine Gewohnheiten heraus, seine Arbeitszeiten, das Haus, in dem er lebte. Sie sprach mit seinen Angestellten, versuchte möglichst viel über seine Verhaltensweisen zu erfahren. Manchmal verfolgte sie ihn sonntags, wenn er sich mit einer Frau zum Essen traf. Mira stand draußen vor dem Lokal, wanderte auf und ab, bis er wieder erschien. Sie kannte mit der Zeit sogar die Freundin, mit der er sich immer traf.«
    »Seine ehemalige Frau«, ergänzte Braig.
    »Keine Ahnung. Das interessierte uns auch nicht. Wir hatten nur ein Thema: Wie wir es ihnen heimzahlen, wie sie sterben würden. Und wann. Zwei Mörder – zwei Frauen. Wir teilten uns die Arbeit. Für jede Frau einen.«
    »Was war mit Grandel? Hast du ihn vergessen?«
    Gabriele Krauter schüttelte den Kopf. »Zwei sprachen Schwäbisch, hatte Mira in Erinnerung. Deshalb schauten wir uns nicht weiter um. Die anderen Mörder finden – wie sollte es gehen, wo sollten wir suchen? Es war aussichtslos. Sie verbargen sich irgendwo in Deutschland – vielleicht hinter gutbürgerlichen, hoch angesehenen Existenzen. Wie eine Nadel im Heuhaufen. Wir hatten die Suche schon aufgegeben, uns auf diese beiden Bestien beschränkt. Da hörte sie ihn lachen.«
    Sie machte eine Pause, lauschte in die Nacht, deren Ruhe wieder von verschiedenen Motoren auf der Straße gestört wurde.
    »Auf einer der Veranstaltungen gegen den erneuten Ausbau des Flughafens und die neue Messe. Mira begleitete mich, da hörte sie sein Lachen. Ich weiß, das klingt verrückt. Aber das Lachen ließ ihr keine Ruhe mehr. »So hat er gelacht, als er meine Marika ermordete«, beteuerte sie immer wieder, »er ist es. Ich kenne seine Stimme.« Dann sprach sie ihn an, persönlich unter vier Augen, am Ende des Abends. Sie war sich absolut sicher, es gab nicht den Hauch eines Zweifels. Sie erkannte ihn an seinem Lachen und seiner Stimme, erinnerte sich wieder an die hämischsadistischen Bemerkungen, mit denen er die Gewaltakte seiner Kumpane kommentiert hatte. Er sprach kein Schwäbisch, sondern glasklares Hochdeutsch, daher hatte sie nur zwei schwäbische Verbrecher gehört. Ich wollte es nicht glauben, dass ausgerechnet er, der mich seit Jahren so drangsalierte, dabeigewesen sein sollte, glaubte schon, wir hätten uns in einen Verfolgungswahn gesteigert, da lieferte sie mir den Beweis. Am Ende einer anderen Diskussion, er stritt sich wieder mit mir wie fast immer, drängte sich Mira zwischen uns, schaute ihm kurz ins Gesicht und sagte nur einen Satz: »Die Strafe für die Verbrechen in der Krajna kommt«. Er erbleichte, begann zu zittern, konnte sich überhaupt nicht mehr konzentrieren. Mira war sofort verschwunden, zeigte sich nie mehr, um nicht von ihm entdeckt zu werden. Seine Reaktion verriet ihn. Er schob mich zur Seite, wollte an mir vorbei, Mira verfolgen, aber ich hielt ihn fest, zog ihn am Hemd, da riss er sich los und ich stellte ihm bewusst ein Bein. Er flog der Länge nach auf den Boden, lag dort käsbleich, entsetzt, in irrsinniger Aufregung. Natürlich stellte die konservative Presse es als einen üblen, jetzt sogar schon körperlichen Angriff dar, den ich auf ihn verübt hätte, dabei ging es mir darum, dass er Mira nicht verfolgen konnte. Wer die Frau gewesen sei, wollte er wissen, alles andere hatte er vergessen. Grandel, einer der Massenmörder. Mira wollte ihn selbst erledigen.«
    »Sie hat es
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