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Schutzengel mit ohne Flügel

Schutzengel mit ohne Flügel

Titel: Schutzengel mit ohne Flügel
Autoren: Arto Paasilinna
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rundliche Oma mit hochgeschlagenem Rock aus der Tür sauste und fast im selben Moment auch das Baby. Der Teufel hatte seinen wahren Charakter gezeigt. Der Mörder war wieder auf den Geschmack gekommen.
    Der Schutzengel breitete seine Flügel aus und versuchte, die schreiende Frau festzuhalten, aber sie war zu schwer. Im selben Moment stürzte ihm der kleine Wonneproppen entgegen. Er musste eine blitzschnelle Wahl treffen, ob er einen von beiden retten oder beide in den Tod stürzen lassen sollte. Er griff sich das Baby und nahm es unter den Arm, aber das hinderte ihn am Fliegen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als die Zähne in das Windelpaket zu schlagen. Sein Gebiss klapperte unheilverkündend, aber es hielt. Nun konnte er sanft gleiten und den Flug stabilisieren.
    Das Flugzeug war über alle Berge. Die schreiende Gestalt der alten Kreolin entschwand nach und nach Sulos Blicken. Er verringerte die Höhe, konnte aber nichts mehr ausrichten. Es war schrecklich, mit ansehen zu müssen, wie eine alte Großmutter in den türkisfarbenen Atlantik stürzte. Als die Unglückliche auf den Wellen aufschlug, knallte es wie bei einer Explosion. Eine riesige weiße Wassersäule zeigte die Stelle an. An der Meeresoberfläche bildete sich ein roter Blutteppich. Der Leichnam der alten Frau versank, und als Sulo Auvinen näher heranflog, sah er, wie sich von allen Seiten hungrige Killerhaie näherten. Sofort rissen sie den toten Körper in Fetzen. Die Lebensgeschichte der alten Frau hatte ein trauriges Ende gefunden.
    Der Schutzengel hielt das Bündel fest in den Zähnen. Jetzt nur ja nicht den Mund öffnen, dann würde das Kleine hinunterfallen. Sulo Auvinen erinnerte an einen Klapperstorch aus dem Märchen, der einer Familie ein Kind brachte. Das Kleine weinte nicht mehr, sondern streckte die Händchen aus und lallte glücklich.
    Sulo wandte sich gen Süden. Er hoffte die Kanarischen Inseln zu finden, dort könnte er das Kind lassen. Am Horizont sah er auch schon eine kompakte Wolke, aus der er schloss, dass sich darunter eine Insel befand. Nach einer Stunde Flug zeigte sich Land. Es war Lanzarote. Sulo Auvinen kannte die Gegend, er hatte auf der Insel mehrmals mit seiner Frau Urlaub gemacht und einmal auch mit einer netteren Dame. Er setzte seine teure Last vor der Tür der Hauptkirche in Lanzarotes Hauptstadt Arrecife ab.
    Staunend betrachtete das Baby die Neugierigen, die sich sofort versammelten. Die Leute wunderten sich, woher das Paket auf einmal gekommen war, ganz so, als wäre es vom Himmel gefallen. Eine kräftige, ältere Frau löste sich aus dem Publikum, sie stellte sich schützend vor das Kind und nahm es mit geübtem Griff auf den Arm.
    »Du brauchst Nahrung. Gehen wir nach Hause, ich habe eine Schwiegertochter mit großen Brüsten, sie hat vorigen Donnerstag einen Jungen geboren. Auch für dich, mein Kleines, ist genug Milch da.«
    Der Schutzengel beobachtete die Situation zufrieden. Das Kind hatte ein Zuhause gefunden, es hatte sein eigenes Leben vor sich.
    Jetzt war keine Zeit, auf der Touristeninsel herumzulungern. Sulo Auvinen schwang sich auf seine Flügel und wandte sich nach Süden. Er beschloss, mit dem Teufel den endgültigen Kampf auszufechten.
    »Jetzt gibt es keine Gnade mehr, verflucht noch mal.«
     

30
DER TEUFEL UND DER
ENGEL IM AUGE DES STURMS
     
    Es war bereits Abend, als der Schutzengel im Fischereihafen der Kapverdischen Hauptinsel São Vicente niederging. Der Teufel war schon da. Er gab sich anlässlich der erneuten Begegnung mit Sulo Auvinen freudig überrascht und versuchte sich damit herauszureden, dass die jüngsten Ereignisse ein pures Versehen gewesen seien. Er sei nicht so durch und durch schlecht, dass er Frauen und Kinder einfach mir nichts, dir nichts aus dem Flugzeug schmeiße.
    »Na gut, glauben wir es, Versehen passieren schon mal.«
    Rauno Launonen brannte darauf, das Schiff zu besteigen, die japanische MS Maru Shinjugu, deren Zielhafen Rio de Janeiro in Brasilien war.
    »Nicht so hastig, lass uns erst die Startvorbereitungen treffen.«
    Der Teufel beklagte, dass es im Hafen nach verfaultem Fisch stank, er sehnte sich nach dem frischen Wind auf dem Ozean. Feuerland wartete.
    Sulo Auvinen machte sich daran, für Launonen besonders kräftigen Rückenwind zu fabrizieren. Man befand sich vor dem westlichen Afrika und im Einflussbereich der Sahara. Es war einfach, den Luftdruck so zu verstärken, dass aufsteigende Luftströmungen und unter ihnen Quellwolken entstanden. Die Folge war
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