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Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)

Titel: Schuld: Drama (bis Mitte Juni 2013 kostenlos)
Autoren: Jay S.
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fremde, junge Frau mit hellen Jeans und schwarz-weißem T-Shirt hüpft auf mich zu.
    „Schööönen guten Morgen, der Herr!“
    Sie wirkt dabei so aufgestellt und glücklich wie ein frischverliebter Teenager. Sie spielt ihre Rolle perfekt. So perfekt, dass ich noch nicht einmal das Logo auf ihrem T-Shirt zu erkennen brauche, um zu wissen, was ich zu tun habe.
    Sie steht einen knappen Meter von mir entfernt, ich mache einen Schritt nach links, sie setzt mir nach, ich mache einen großen Schritt nach vorne, an ihr vorbei. Sie setzt ihr eingespieltes, enttäuschtes Gesicht auf, in der Hoffnung, dass ich ihr dann doch noch die Chance gebe, mir mit ihrem Gesprächskonzept ins Gewissen zu reden. Doch im Gegensatz zu Mittellosen fiel es mir schon immer leicht, überbezahlte Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu ignorieren.
     
    Ich bin froh, dass ich die Adresse vor zwei Tagen vorsichtshalber schon einmal aufgesucht habe. Irgendwann kommt der Moment, an dem man sich gut genug kennt, um zu wissen, wie man sich unnötigen Ärger ersparen kann.
    Nachdem ich den stressigen Teil der Stadt hinter mir gelassen habe, überquere ich den alten Bahnhof und besteige die Treppe zur kaum beleuchteten Unterführung. Ich spüre förmlich, wie sich meine Pupillen verengen, während ich die dunkle Passage betrete. Eigentlich bin ich nicht der ängstliche Typ, aber als ich auf der anderen Seite das Tageslicht wieder erblicke, bin ich doch irgendwie erleichtert.
     
    Das Gebäude wirkt renovationsbedürftig. Es fehlen mehrere Dachziegel, die Farbe der Fassade ist eine Mischung aus verwischtem Gelb und von der Umwelt kreiertem Grau.
    Die abgenutzten Treppenstufen unterstreichen das Gesamtbild. Es liegt jedoch nicht am bautechnischen Zustand des Hauses, dass es mir auf eine befremdende Art unsympathisch erscheint. Ein Medium würde es wohl Aura nennen.
    Was für ein Zufall, bei einem Blick auf die vier Briefkästen erkenne ich neben einem Allgemeinarzt mit slawisch klingendem Namen und Stefan Rosser , Vermisstenstiftung Spes, auch eine Valeria Soreia, Heilung & Mediale Beratung. Ich frage mich, ob die beiden wohl irgendwie zusammenarbeiten. So richtig an Hellseherei habe ich eigentlich noch nie geglaubt, und doch gab es bei meinen Recherchen immer wieder Dinge in diesem Zusammenhang, für die ich beim besten Willen nie eine rationale Erklärung gefunden habe.
     
    Ich gehe im Kopf noch einmal kurz den Ablauf durch, ohne dabei auf meine Notizen zu schauen. Die Erfahrung hat mich gelehrt, dass es manchmal nicht reicht, halbherzige Fragen auf ein Blatt Papier zu schreiben und das Gefühl zu haben, damit vorbereitet zu sein. Die Antworten des Gesprächspartners fallen je nach Formulierung und Betonung der Fragen anders aus. Und was gibt es schlimmeres, als nach rund drei Wochen Vorbereitungszeit ein langweiliges Interview in den Händen zu halten?

Kapitel 7
    in Blick auf die Uhr, acht Uhr zehn. Ich drücke auf die Klingel. Es vergehen keine zehn Sekunden, bis sich die alte Tür öffnet. Zu meinem Erstaunen tut sie das praktisch geräuschlos.
    Vor mir steht ein Mann, dessen Gesicht ich nur von zwei Fotos aus dem Internet kenne, auf denen er jeweils völlig unterschiedlich aussieht. Seine blonden, kurzgeschorenen Haare ergänzen sich mit einer für sein Alter ziemlich frühen Halbglatze. Er trägt eine zu seinem schmalen Gesicht schlechtpassende runde Brille, ein Hemd, das so weiß ist, dass es mich beinahe blendet und schwarze, ziemlich eng wirkende Jeans. Ich habe keine Ahnung, wie viele Gesichter dieser Mann hat, aber es müssen wohl einige sein. Mit einer Mischung aus Interesse und analysierendem Lächeln begrüsst er mich und streckt mir dabei auffordernd die Hand hin.
    Ich nehme sie entgegen und stelle mich sinnloserweise vor. „Sebastian Steiner vom Casus- Magazin.“
    „Rosser, freut mich sehr.“, erwidert er und hält mir die Tür auf. „Nach Ihnen.“
    Ich hasse es, wenn jemand hinter mir steht. Widerwillig betrete ich den Gang mit den Wänden, die fast so hell sind wie sein Hemd. „Außen nix, innen fix, was?“, sage ich, nur um einen Grund zu haben, mich umzudrehen. 
    „Wie bitte?“, fragt Rosser.
    „Das Haus.“, antworte ich.
    „Ach so. Ja, die Fassade ist wirklich nicht mehr das Gelbe vom Ei. Vom Dach reden wir lieber gar nicht erst. Wenn es nach mir ginge, wäre das Haus schon lange renoviert worden, aber ich bin hier nur eingemietet, das Haus gehört dem Herr Doktor und der will nichts davon wissen, solange das Gebäude
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