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Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)

Titel: Schreib und stirb (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Autoren: Ursula Reist
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versenden“, sagte Marina und setzte sich auf den Rollhocker hinter ihre Kundin. „Jetzt sind wir frei und haben alle Zeit der Welt, deine Haut zu verschönern.“ Sie verrieb ein paar Tropfen Gel Purifiant mit etwas lauwarmem Wasser zwischen den Fingern und verteilte es auf Maggies schmalem Gesicht. „Zuerst reinige ich die Haut, dann versehe ich sie mit all der Nahrung, die sie nach diesen trockenen Wintermonaten braucht.“
    „Ich habe es wirklich nötig, meine Haut fühlt sich gespannt an.“ Maggies leise Stimme klang entspannt und weniger traurig als früher. „Aber sonst bin ich sehr zufrieden, mein Geschäft fängt an zu laufen, und die Kunden mögen das, was ich ihnen präsentiere.“ Sie lächelte mit geschlossenen Augen. „Und dank dir sehe ich dabei auch noch gut aus.“
    „Danke fürs Kompliment“, erwiderte Marina, „aber deine Haut ist nur so schön, weil es dir wieder besser geht. Ich kann dazu nur oberflächlich etwas beitragen.“ Sie schwiegen, während Marina das Gesicht von Maggie unter Dampfeinwirkung sanft massierte. Nach ein paar Minuten schien ihre Kundin beinahe einzuschlafen, und auch Marina hing ihren Gedanken nach. Entspannung war bei der kosmetischen Behandlung wichtig, aber nachher gab es vieles zu besprechen: Innenarchitektin Maggie musste sich das Haus von Nick ansehen und Änderungsvorschläge erarbeiten, damit sich Marina darin zuhause fühlen konnte. Und Marina wollte über Andrew reden, auch wenn er aus ihrem Leben verschwunden war. Vielleicht gab es ja einen Weg zurück.
    Als ob sie Gedanken lesen könnte, sagte Maggie: „Übrigens, Andrew lässt grüssen, ich habe vorgestern über Skype mit ihm gesprochen. Er ist wieder mal am anderen Ende der Welt und will nicht sagen, wann er uns besucht. Meine Tochter vermisst ihn, und ich manchmal auch.“
    „Typisch für ihn, nicht wahr?“ antwortete Marina. „Er ist ein echter Reisender, der sich nie an einem bestimmten Ort niederlassen wird.“ Und sich auch nicht auf eine Frau festlegt, dachte sie.
    „Weisst du was ich glaube?“ philosophierte Maggie, „Tom und Andrew waren wie zwei Hälften einer Persönlichkeit. Tom der sesshafte Familienmensch, Andrew der Cowboy, der in den Sonnenuntergang reitet. Jeder bewunderte am anderen zutiefst das, was er selbst nicht war, und keiner konnte aus seiner Haut schlüpfen. Es blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als beste Freunde zu sein; sie fanden Ergänzung im andern.“ Sie seufzte leise. „Andrew braucht jemanden, der ihn erdet; mit Nick wäre eine wichtige neue Freundschaft entstanden.“ Wenn Andrew nicht so egoistisch gewesen wäre und Marina angeboten hätte, ihren Arbeitsplatz zu ihm in die Karibik zu verlegen; ein Angebot, das wiederum Marina nicht ausgeschlagen hatte. Sie war zwar nach einem Monat wieder zurückgekehrt und hatte Nick versprochen, bei ihm zu bleiben, aber die Männerfreundschaft war daran zerbrochen. „Hast du überhaupt noch Kontakt?“
    „Nein“, antwortete Marina. „Nick ist zu eifersüchtig, und ich will nicht, dass er an mir zweifelt. Aber du hast Recht, die beiden würden gut zueinander passen. Vielleicht gibt es ja irgendwann eine Versöhnung, wer weiss.“ Mit wenigen Handbewegungen mischte sie eine Feuchtigkeitsmaske und trug sie mit einem Pinsel auf. „Jetzt kannst du zwanzig Minuten schlafen, dann schminke ich dich, und wir gehen bei Nick ein Glas Wein trinken. Vielleicht hat er sogar eingekauft und kocht uns etwas Feines. Bis nachher.“
    Sie dämpfte das Licht und ging zum Empfang, um die Mailbox abzuhören. Ihre beiden Angestellten, Nicole und Diana, würden morgen Samstag arbeiten; als Inhaberin des Kosmetikinstituts leistete sich Marina ab und zu ein freies Wochenende. „Sie müssten jedes Wochenende frei haben“, hatte der Neurologe Dr. Hivatal vor ein paar Tagen gesagt, „Ihre Migräne wird erst besser, wenn der Arbeitsdruck nachlässt. Besprechen Sie das gelegentlich mit Ihrem Polizisten, er wird Ihnen ebenfalls raten, einen Gang herunterzuschalten.“ Obwohl Nick ja nicht gerade ein Vorzeigebeispiel für eine ausgewogene work-life-balance ist, dachte Marina, aber vielleicht ist es wirklich Zeit für eine grundlegende Veränderung in meinem Leben.

    Guido Bär schaute auf die Uhr und hob den Kopf, als die Tür zur Praxis im Erdgeschoss zuschlug und rasche Schritte die Holztreppe herauf eilten. „Pavel?“ rief er und legte den Bleistift zur Seite, mit dem er den Text vor sich bearbeitete. Fünf Uhr, Zeit für einen kleinen
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