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Schrei in Flammen

Schrei in Flammen

Titel: Schrei in Flammen
Autoren: Jeanette Øbro , Ole Tornbjerg
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unergründlichen Blick. »Es geht mir gut«, sagte sie und drehte sich wieder um. Bei diesem Mann musste man vorsichtig sein.
    »Verdammt üble Sache, in die Sie sich da verstrickt haben.«
    Meisterleistung, dachte sie. Voller Mitgefühl reibt er mir unter die Nase, dass ich selbst schuld an meiner Misere bin. Katrine hatte ihn gleich bei ihrer ersten Begegnung im Januar durchschaut. Hinter der brüsken Fassade und den perfiden Bemerkungen versteckte sich ein verbitterter Mittfünfziger, der das Gefühl hatte, das Leben und der berufliche Erfolg seien auf ungerechteste Art an ihm vorbeigezogen. Man sollte ihn behandeln wie ein ungezogenes Kind. Entschieden und ohne jede Toleranz. Sollte. Aber so etwas erforderte Selbstbewusstsein und Sicherheit in einem Maße, wie sie es noch nicht hatte. Zum Henker mit dir, dachte sie, sagte aber nur: »Ich habe einen Mordfall aufgeklärt, über den Rest will ich nicht reden.«
    »Na, na«, sagte Bistrup und sah sich um Unterstützung gegen die mürrische Psychologin heischend um. Als ihm das nicht gelang, weil alle mit etwas anderem beschäftigt waren, fuhr er fort: »Und, kriegen wir ein Täterprofil von Ihnen, wenn Sie schon mal hier sind? Warten Sie, ich habe eine Ahnung: Der, der das hier getan hat, könnte gut einen Psychologen gebrauchen?« Er lachte laut.
    »Das könnten viele Menschen«, sagte sie und sah ihm direkt in die Augen. »Zum Beispiel Leute, die ihre Kollegen schikanieren.«
    Im Gegensatz zu ihm hatte sie jetzt die volle Aufmerksamkeit aller Anwesenden.
    Bistrup hob abwehrend die Hände, als wäre er das unschuldige Opfer einer verbalen Attacke. Verdammt, dachte Katrine.
    »Ich würde sagen, das reicht«, sagte Jens und sah Torsten Bistrup wütend an.
    »Du kannst dann loslegen«, sagte einer der Techniker in diesem Moment zu Anne Mi, die umgehend ihre Tasche holte und sich an die Arbeit machte.
    Katrine ging so dicht wie nur möglich an das Auto heran, ohne zu stören, und beobachtete, wie Anne Mi ihre ersten Eindrücke diktierte und eine Reihe von Fotos schoss, bevor sie irgendetwas anfasste. Katrine ging auf die andere Seite des Autos, so weit von Bistrup weg wie möglich. »Jens meint, du glaubst, dass es eine Frau ist?«, fragte sie Anne Mi.
    Anne Mi nickte, steckte den Kopf ins Auto und sah sich an, was einmal ein Gesicht gewesen war. Dann leuchtete sie den Körper mit einer Taschenlampe ab.
    »Statur und Hüfte deuten daraufhin.«
    »Kannst du sehen, ob sie schon tot war, als das Feuer ausbrach?«, fragte Katrine.
    »Das ist mit bloßem Auge nur sehr schwer zu erkennen. Ich muss eine CT machen und Proben nehmen, um zu überprüfen, ob Kohlenmonoxid im Blut ist. Aber ich will mal gerade etwas ausprobieren …«
    Sie holte ein langes Wattestäbchen aus ihrer Tasche, das sie vorsichtig in den Hals des Opfers führte. Sie stand unbequem verdreht unter der offenen Tür des Autos und konnte kaum richtig sehen, was sie tat. Sie musterte das Wattestäbchen genau, bevor sie Katrine mit schmalen Augen ansah. »Mit größter Wahrscheinlichkeit war sie noch nicht tot, als das Auto angesteckt wurde. In ihren Atemwegen ist Ruß. Der kommt da nur hin, wenn das Opfer während des Feuers geatmet hat.«
    Katrine starrte stumm auf den toten Körper. Eine Frau. Lebendig verbrannt. Sie konnte sich keinen grausameren, schmerzhafteren Tod vorstellen.
    »Aber warum hat sie die Autotür nicht aufgemacht?«, fragte Katrine. »Wenn sie gelebt hat, warum ist sie dann nicht geflohen?«
    »Vielleicht war sie bewusstlos. Sie kann auch gefesselt gewesen sein, das kann ich jetzt nicht mehr erkennen«, sagte Anne Mi. »Vielleicht hat sie den Türgriff auch umklammert, aber die Kontraktionen der Muskeln nach Eintritt des Todes waren so stark, dass sie den Arm weggezogen haben. Möglich, dass sie so in Panik war, dass sie den Sicherheitsgurt nicht aufbekommen hat«, sagte Anne Mi und zeigte auf die Schnalle des Gurts, die noch im Schloss steckte. Der Gurt war verbrannt.
    »Wie lange hat das gedauert …?«, fragte Katrine.
    »Bei der angenommenen Heftigkeit des Feuers …« Anne Mi musterte das Auto und die Leiche, bevor sie weiterredete. »Vielleicht dreißig Sekunden, höchstens eine Minute.«
    Eine Minute in der Hölle, dachte Katrine finster.
    *
    Katrine lief herum, machte Fotos vom Tatort und versuchte dabei, die Situation sowohl aus den Augen des Opfers als auch des Täters zu sehen. Ihr eigener Blick richtete sich dabei immer wieder in einer Mischung aus Grauen und Verwunderung auf
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