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Schokoherz

Schokoherz

Titel: Schokoherz
Autoren: Alice Castle
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allerdings sicher mit willigen Opfern gepflastert gewesen, die sich ihm vor die Füße geworfen hätten, damit er sein grausames Werk vollbringen konnte. Auch wenn es ein eher altmodisches Wort ist, Tom war einfach schneidig. Außerdem war er ein waschechter Westminster Insider, und wie die meisten Journalisten wusste er, wann er faszinierend diskret sein musste.
    Den gesamten Abend über war ich wie gebannt. Gegen meinen eigenen Willen wandte ich mich ihm zu, ganz Schmollmund und einladendes Dekolleté, während seine samtigen Augen über mich hinwegwanderten. Seine großen, schönen Hände beschrieben diverse Dramen, die er mit dem Pfefferstreuer als Premierminister und einer schlappen Serviette als Oppositionsführer nachspielte. Normalerweise funktionieren politische Anekdoten in Konversationen zuverlässig als Schlaf tablette,doch da in seinen Geschichten Transvestiten, Rasenmäher und Dosen mit Zuckerrübensirup vorkamen – tut mir leid, ich kann dazu nicht mehr sagen, da die Rechtslage diesbezüglich noch nicht geklärt ist – wird niemanden verwundern, dass ich buchstäblich an seinen Lippen hing. Seine Selbstsicherheit, sein breites Wissen, die Fähigkeit, mich derart zu unterhalten und dann mit wunderbar müheloser Überlegenheit und einem lockeren Schnipsen den Kellner herbeizurufen, ein Taxi zu organisieren und mich später, zu Hause, zum Orgasmus zu bringen, ließ mich schneller dahinschmelzen als mein köstliches Bitterschokoladensorbet zum Dessert. Er war schlicht unwiderstehlich, und wie wir schon wissen, bin ich nicht sonderlich gut darin – überhaupt nicht gut darin –, Versuchungen zu widerstehen. Das erklärt vermutlich, weshalb trotz Olivers Bemühungen, unser komplettes Leben auf den Kopf zu stellen, Baby Nummer zwei unterwegs war, als Olli gerade mal zwanzig Monate alt war.
    Wie dem auch sei, wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, mein zweites Kind. Denise war für die Freuden des Mutterwerdens – also meines Mutterwerdens – nicht annähernd so empfänglich wie ich. Das zweite Mal fand sie meine Schwangerschaft besonders schwierig. Sie tat fast so, als hätte ich die Zehnstundengeburt samt Saugglocke nur deshalb geplant, um ihrem bescheuerten Jahresrückblick zu entgehen. Zugegeben, dass die meisten Mitglieder des Teams, einschließlich der Männer, eine Geburt dieser alljährlichen Qual sofort vorgezogen hätten. Denise heuchelte das absolute Minimum an Interesse und beglückwünschte mich zumNachwuchs, wobei sie ein Gesicht machte wie Elizabeth I., die in einen Holzapfel gebissen hat. Dann befahl sie ihrer Sekretärin, der treuen Jackie mit den blau getuschten Wimpern, eine Sammelaktion zu starten und von dem Geld eine riesige Babybadewanne in Pastellgelb zu kaufen. Ich brachte es nicht übers Herz, Jackie zu sagen, dass ich eine solche bereits besaß (Ging sie davon aus, dass ich Oliver nie badete? Glaubte sie, irgendjemand brauchte mehr als eine sperrige Plastikbadewanne?), weil ich es wirklich süß von ihr fand. Also von Jackie, meine ich. Nicht Denise – die hätte mir einen Ausflug ins St. Thomas Hospital spendiert, um mich sterilisieren zu lassen, wenn sie fürs Geschenk zuständig gewesen ware.
    Auf die Einzelheiten des Gebärens bin ich bislang noch nicht weiter eingegangen. Grundsätzlich findet man es entweder so schrecklich, dass man es nicht noch einmal durchleben will, oder man gehört zu jenen superfetten Frauen, deren Pulsschlag sich kaum erhöht und die keinerlei Schmerzmittel brauchen. Zu welcher Kategorie ich gehöre, dürfte relativ offensichtlich sein. Man hat mich beim ersten Mal gewarnt, dass ich vielleicht ein bisschen trainieren sollte, aber dann habe ich um fünfundzwanzig Ecken von einer Krankenschwester im Great Ormond Street Hospital erfahren, die verlautbarte, Schokolade sei ausgezeichnet für stillende Mütter. Also habe ich mich durchaus vorbereitet, wenn auch vielleicht nicht gerade auf die nützlichste Art und Weise.
    Trotzdem: Eine Geburt dauert einen Tag – vielleicht zwei, wenn man richtig Pech hat.
    Meine Taktik vor allem beim zweiten Kind war die, einfachzu akzeptieren, dass der Tag der Geburt einer der beschissensten in meinem Leben sein würde, an dessen Ende jedoch eine Belohnung auf mich wartete. Beim ersten Mal hatten wir den süßen, fröhlichen Oliver bekommen. Und beim zweiten Mal wurde ich mit Madeleine belohnt, einer bezaubernden Tochter mit blauen Augen und samtschwarzen Haaren.
    Nach Verstreichen des zweiten Erziehungsurlaubs konnte
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