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Schoene Bescherung

Schoene Bescherung

Titel: Schoene Bescherung
Autoren: Sobo Swobodnik
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Täterbeschreibung, schließlich ein angeblicher Päderast, der nach exhibitionistischen Sauereien in einem Stadtpark gesucht wurde. Die Blockwartmentalität kam auf ihre Kosten, die Telefondrähte direkt ins Studio glühten. Jetzt nicht mehr. Jetzt kündigte der gut gekleidete Moderator mit betroffener Stimme und ebensolcher Miene einen ganz brutalen Foltermord an.
    »Die Kriminalpolizei steht vor einem Rätsel«, las er von seinem Zettel ab. »Letzte Woche wurden im Alzgerner Forst bei Altötting von einem Spaziergänger Teile einer männlichen Leiche gefunden.«
    Eigentlich interessierte sich Plotek nicht für Leichen. Noch nie. Jetzt auch nicht. Jetzt interessierte sich Plotek für gar nichts – nicht für Tote, nicht für Lebende und für sich selbst auch nicht mehr. Und dennoch konnte er sich der eindringlichen Stimme des Moderators nicht entziehen. Höchstens mit der Fernbedienung. Die war aber kurzzeitig unter das Sofa gerutscht.
    »Der Rumpf eines zirka vierzig Jahre alten Mannes lag mit Reisig bedeckt nackt im Unterholz nahe der Staatsstraße«, sagte der Moderator. Dann machte er eine kurze Atempause, um für das Folgende, was auf seinem Zettel stand, gewappnet zu sein, während Plotek hinterm Sofa nach der Fernbedienung fischte.
    »Dem Körper fehlten die Extremitäten, also Arme und Beine, sowie der Kopf. Als die Polizei den ganzen Wald auf weitere Leichenteile absuchte, wurde dann nicht weit vom Rumpf, ebenfalls unter Tannenzweigen, auch der Kopf des Toten entdeckt. Arme und Beine bleiben bis heute verschwunden. Aufgrund der Spuren an Körper und Kopf geht die Polizei davon aus, dass der Mann vor seinem Tod gefoltert wurde. Er hatte tiefe Schnittwunden und handgroße Brandwunden am ganzen Rumpf, sowie fingerdicke rote Striemen, die von einer Stahlrute herrühren könnten. Warum der Leichnam zerteilt wurde, bleibt der Kriminalpolizei bis jetzt ein Rätsel. Es wird vermutet, dass damit die Identität des Toten verheimlicht werden sollte. Nachdem der Kopf des Toten gefunden wurde, hat sich die Kriminalpolizei nach langer Überlegung und trotz der grauenvollen Verstümmelungen des Mannes dazu entschlossen – um auf diesem Wege vielleicht doch noch die Identität des Ermordeten zu ermitteln – , mit einem Bild des Opfers an die Öffentlichkeit zu treten. Da das Gesicht des Mannes von seinen Peinigern stark entstellt wurde, können wir Ihnen selbst nach einer aufwändigen Rekonstruktion der Physiognomie nur eine unzureichende Fotografie zeigen. Vielleicht erkennt der eine oder andere Zuschauer den Toten trotzdem wieder. Kindern und Menschen mit einem weniger stabilen Nervenkostüm wird an dieser Stelle geraten, die Augen zu schließen oder wegzuschauen.«
    Spätestens jetzt waren nicht nur alle Kinder und Menschen mit weniger stabilem Nervenkostüm hellwach. Auch Plotek. Obwohl er sich weder für gefolterte und fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte Menschen interessierte noch für derartige Sendungen, starrte er jetzt halb angewidert, halb fasziniert auf das eingeblendete Bild und die darunter eingeblendete Telefonnummer, an die man sich mit sachdienlichen Hinweisen wenden konnte.
    Das war kein Gesicht, dachte Plotek. Das war ein Haufen Matsch. Und doch kam Plotek der Fleischklumpen mit Haaren irgendwie bekannt vor. Irgendwo hatte er diese Gesichtsreste schon einmal gesehen. Wo, war ihm jetzt nicht ganz klar. Aber egal, dachte er. Selbst wenn Plotek gewusst hätte, wer hinter der zermanschten Visage steckte, er hätte trotzdem nicht die Polizei verständigt, weil ihm nicht nur die komplette Exekutive schon immer suspekt war, sondern auch jegliche Form von Petzerei gegen den Strich ging. Soll die Matschbirne aus dem Unterholz doch jemand anderes identifizieren, dachte Plotek, es gibt es ja genug Zuschauer, die ganz scharf darauf sind, die tausend Euro Belohnung einzustreichen. Und wie zur Bestätigung klingelten die Telefone im Studio wieder auf Hochtouren. Das wollte sich Plotek dann aber nicht mehr antun und schaltete um.
    ›Verbotene Liebe.‹ Automagazin. ›Gute Zeiten, schlechte Zeiten.‹ Late-Night-Comedy. Dokureihe. Nachrichten. Spätnachrichten. Nachtmagazin. Vergessene Katastrophen. Wenn das Blut kocht‹, Kriegsfilm USA 1959. ›Allein unter Männern‹, Melodram D 2000. ›Quincy. Anatomie des Verbrechens.‹ ›SOKO 5113.‹ ›Polizeiruf 110.‹ ›Golden Girls.‹ Talkshows. ›Arabella.‹ ›Vera am Mittage ›Britt – Talk um eins.‹
    »Holger, du hast also die Brüste deiner
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