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Schnupperküsse: Roman (German Edition)

Schnupperküsse: Roman (German Edition)

Titel: Schnupperküsse: Roman (German Edition)
Autoren: Cathy Woodman
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mach dich nicht lächerlich. Du hast eine großartige Figur.« Mum hielt inne und fügte hinzu: »Für dein Alter.«
    »Für mein Alter?«, wiederholte ich. Meine Mutter hatte es geradeheraus gesagt, sie war schonungslos ehrlich gewesen, und das schmerzte. »Siehst du, genau das ist es«, explodierte ich. »Diese andere – das verfluchte Biest – ist fünfzehn Jahre jünger als ich. Ich hatte … ich habe keine Chance gegen sie.« Ich hielt inne. »Schau mich an. Meinem Körper sind die Schwangerschaften und Geburten anzusehen, ich bin fast vierzig und stehe mit drei Kindern allein da …«
    »Das tust du nicht, mein Schatz«, sagte Mum und nahm mich in die Arme, wo ich vollkommen zusammenbrach.
    »Ich bin ein völliger Versager.«
    »Das bist du nicht. Das ist er«, sagte meine Mutter mit einem bitteren Tonfall in ihrer Stimme. »Du bist eine liebenswerte junge Frau mit drei wunderbaren Kindern. Du bist klug – du hast einen Uniabschluss, was mehr ist als ich habe –, führst einen Haushalt und backst die tollsten Kuchen der Welt. Du musst dich für rein gar nichts schämen.«
    Natürlich glaubte ich ihr damals kein Wort, es war noch zu früh dafür.
    »Kaffee?«, fragt sie mich jetzt, bietet mir einen Becher an und bringt mich wieder zurück in die Gegenwart.
    »Danke, Mum.«
    »Hast du den Hahn heute Morgen gehört?«
    »Der war wohl kaum zu überhören.«
    »Dein Vater hat es geschafft – er hat seine Ohrstöpsel mit dabei und nichts mitbekommen. Weder die Kühe, die den Weg heruntertrampelten, noch den Milchtankwagen.« Mum grinst. »Oh, wie schön ist es doch in der ruhigen, friedvollen Großstadt.«
    »Sag so was nicht.«
    »Bin schon still.« Sie tritt einen Schritt zurück, beugt sich nach unten und öffnet die Ofentür. »Ich habe das Biest gezähmt. Schau – ein richtiges englisches Frühstück für uns alle.«
    »Wie hast du das denn geschafft?«, frage ich und schaue überrascht auf ein Blech mit gebräunten Würstchen und knusprigem Speck. Gestern Abend brauchte der AGA Stunden, um warm zu werden. Was ehrlich gesagt nicht ganz richtig ist, denn der Herd kam nicht wirklich in Fahrt, so dass wir lauwarme Pizza aßen, deren Käse kaum geschmolzen war, und an dem glatten Glastisch saßen, von dem ich gedacht hatte, er würde gut aussehen, als ich ihn kaufte. Doch jetzt bin ich enttäuscht – er passt überhaupt nicht in seine neue Umgebung. Wir tranken dazu Limonade und Champagner, um auf das neue Haus anzustoßen und entfernten die staubigen Spinnweben von den Decken, bis die Mädchen endlich bereit waren, ins Bett zu gehen. Mum und Dad schliefen auf einer Luftmatratze im Wohnzimmer.
    »Wir haben ihm gestern Abend nicht genügend Zeit gelassen, um sich aufzuheizen, er arbeitet mit der gespeicherten Hitze.«
    »Danke, Mum.« Ich lege meine Arme um sie. »Ohne dich und Dad hätte ich das hier nicht geschafft.«
    »Das war das Mindeste, was wir tun konnten, mein Schatz. Versprich mir aber, dass das hier dein erster und letzter verrückter Einfall bleibt!«
    »Wo ist Dad?«, frage ich und wechsle das Thema. »Ich dachte, ihn draußen gehört zu haben.«
    »Er hat die Mädchen mitgenommen, um ein Abtropfbrett zu kaufen – das hier ist kaputt und für eine professionelle Backstube nicht zu gebrauchen.« Mum betont das Wort »professionell«, und ich kann den Stolz in ihrer Stimme hören. Ich bin gerührt, dass sie so stolz auf meinen Ehrgeiz und Unternehmensgeist ist. »Wir dachten, wir bringen zuerst die Küche auf Vordermann, denn das wird der wichtigste Raum im Haus sein. Je eher sie fertig ist, umso schneller kannst du zum Gesundheitsamt gehen und dein Gewerbe anmelden.« Sie lächelt. »Oh, Jennie, das ist so aufregend.«
    Das ist es, doch finde ich es auch sehr beängstigend. Den Papierkram werde ich schon hinbekommen, denke ich. Das Backen sowieso. Ich bin mir nur nicht sicher, wie und woher ich meine Kunden akquirieren soll. Ich schaue aus dem Fenster über den Weg auf die satten grünen Felder, die bis hinunter zum Fluss verlaufen. Ich sehe Kühe und Vögel, aber keine Menschen. Wo sind die nur?
    »Setz dich hin und iss etwas. Das Brot steht auf dem Tisch.« Mum reicht mir einen warmen Teller mit Essen und nimmt einen Lappen und eine Flasche Reiniger in die Hand. »Ich glaube, ich habe deinen Nachbarn, den Bauern, gesehen. Könnte aber auch durchaus ein Landarbeiter gewesen sein. Auf jeden Fall ging er gerade mit den Kühen vorbei, als ich aus dem Fenster schaute und die Aussicht bewunderte. Er
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