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Schnüffler auf Burg Schreckenstein

Schnüffler auf Burg Schreckenstein

Titel: Schnüffler auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Stephan trat ein. „...wird der Dings auf einmal ganz feierlich“, übernahm er nahtlos, „und sagt mit Bibber in der Stimme: ,Wissen sie, daß Sie sehr schön sind, Sonja?’“
„Darauf dein Supersatz!“ fuhr Ottokar fort. „,Bitte einen andern Text, Herr Doktor!’ - Da konnten wir nicht mehr.“
„Man hat’s gehört“, bestätigte sie.
Die Beteiligten lachten noch einmal ausgiebig. Samt Dr. Waldmann.
Das war die Wende. Die Lauscher hatten sich selbst verraten. Auf der Flucht stolperte Ottokar über den Schubkarren, was wiederum Lärm machte. Geistesgegenwärtig trotz Benommenheit duckte er sich hinter das Ziegelpaket einer Baustelle. Bis Dings am Fenster erschien, war niemand mehr zu sehen. Ottokar schmerzte die Hand und er fühlte, wie ihm Blut über die Wange in den Kragen lief. Gebückt schlich er davon zu den Rädern.
„Wir mußten was tun, sofort“, übernahm Stephan, „und haben bei Schreinermeister Schrimpf geläutet. Seine Frau hat ihm alkoholgetränktes Arnika drauf, das…“
Ein Klopfen unterbrach.
„Herein!“ rief Dr. Waldmann.
„Ich sah den Wagen und dachte…“ Schnüffler Dings’ freundlicher Tonfall erstarb. Er sah Ottokar mit Pflaster und Verband. Und wußte. Das war ihm anzusehen.
Dr. Waldmann hatte sich erhoben. „Wir trinken grade Tee. Setzen Sie sich zu uns.“
Auch die Ritter waren aufgestanden. Während Dings die schöne Sonja förmlich begrüßte, und Dr. Waldmann eine weitere Tasse holte, arbeitete es in ihren Köpfen.
Mann! Das ist ein Rückschlag! Verdammt. Was jetzt tun? Gar nichts. Abwarten! Er hat sich ja blamiert, nicht wir!
„Sind Sie gut nach Hause gekommen?“ fragte Dings. Sonja nickte. „Danke, ja.“
„Man speist ausgezeichnet in Wampoldsreute“, sagte der Schnüffler zu Dr. Waldmann. Dabei flitzten seine Blicke von einem zum andern. „Und die Weine! Verführerisch!“
„Ein Geheimtip“, bestätigte der Doktor höflich.
„Ich glaub, ich hab ein wenig zu tief ins Glas geschaut.“ Dings sah Sonja an und lächelte nicht gerade natürlich.
Geschickter Hund! dachten die beiden Ritter. Er will rauskriegen, was jeder weiß. Dann wird er sich gleich an uns wenden!
Ein wenig laienhaft hob Dings die Augenbrauen, um Erstaunen zu bekunden. Seine Frage an Ottokar war dafür um so hinterhältiger: „Wo hast du dich denn rumgetrieben?“
Jetzt ging das große Kopfrechnen los: Wenn er so fragt, nimmt er an, daß ich mich nicht traue, ihm die Wahrheit vor allen ins Gesicht zu sagen! Damit hätte er den ersten Beweis dafür, daß die Schreckensteiner nicht so aufrichtig sind, wie sie behaupten. Also Vorsicht!
„Ich bin gestolpert“, sagte der Schulkapitän und hatte ein paar Sekunden gewonnen, um weiter zu rechnen.
„Schade, daß Sie gestern abend nicht da waren!“ lenkte Stephan ab. „Ihr Kollege hat ein Jazzkonzert gegeben. Kolossale Klasse!“
„Warst du dabei?“ Durchdringend sah Dings ihn an.
Stephan schüttelte den Kopf. „Hans-Jürgen hat’s mir erzählt, der Flötist. Hans-Jürgen.“
Ottokar übersetzte den Wink seines Freundes: Mach’s wie Hans-Jürgen! Dieselbe Taktik. Dreist aber ehrlich!
„Ich hab davon gehört“, erwiderte Dings und wandte sich wieder Ottokar zu. „Sieht schlimm aus! Wie ist das passiert?“
Mann! Jetzt muß dir was einfallen!
Um Zeit zu gewinnen, biß Ottokar in den Kuchen.
Sonja, Stephan und Dr. Waldmann schauten weg. Sie wollten ihn nicht irritieren. Die Stimmung knisterte wie Fichtenholz im offenen Kamin.
„Ach…“ Ottokar mampfte noch. Jetzt half nur die Flucht nach vorn. „Die Sache an sich ist nicht der Rede wert. War reine Fehlanzeige. Alles nur wegen Ihnen! Wir haben überall Wachen, jede Nacht, um uns vor Streichen und anderen Überraschungen zu schützen. Es soll ruhig bleiben, damit Sie nicht behaupten können, wir hätten zuwenig Schlaf. Sie sollen uns doch prüfen, und wir wollen unsere Schule so wie sie ist erhalten. Das ist die Wahrheit.“
Sonja, Stephan und Waldmann hielten den Atem an; die Stille lastete bleiern.
Dings war so perplex, daß er nur millimeterweit nickte. Er wollte sagen, wie sehr ihn die Aufrichtigkeit freue, aber sein Berufsmißtrauen hinderte ihn. Schließlich räusperte er seine Kehle frei und stand auf. „Tja, dann wissen wir jetzt, woran wir miteinander sind. Entschuldigen Sie mich bitte!“ Die Tür schnappte zu, ratlos sahen die vier einander an, dann zunehmend heiter, bis Sonja schließlich herausplatzte: „Mit Ehrlichkeit ist der noch nie überfallen worden!“
Sie lachten
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