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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition)
Autoren: Sophia Farago
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schließlich auf.
    Lady Silvie lächelte: »Nein, natürlich nicht«, sagte sie. »Obwohl St. James und ich uns einiges zu erzählen haben. Und doch denke ich, daß keiner von uns etwas dagegen hat, wenn Sie dabei anwesend sind. Schließlich betrifft es ja auch Sie, gewissermaßen…« Sie nahm St. James’ warnenden Blick wahr und schwieg etwas abrupt. Mary Ann schien jedoch an ihren Worten nichts überraschend zu finden.
    »Ich bin wirklich neugierig, das muß ich gestehen. Haben Sie bereits erzählt, warum Sie die Hochzeitskirche so fluchtartig verlassen haben?« wollte sie wissen.
    »Nein, das habe ich noch nicht. Aber wenn es euch recht ist, möchte ich jetzt damit beginnen. Das heißt, am besten greife ich noch weiter zurück«, begann Silvie und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. Sie blickte sich im Zimmer um: »Ich bin hier aufgewachsen, wie Sie bereits wissen. Gemeinsam mit meinem Bruder Bernard. St. James hat mir eben erzählt, daß Sie Bernard kennen. Er war so ein fröhliches und aufgewecktes Kind, und er war mir bei weitem der liebste meiner Geschwister. Wenn Sie wüßten, was für Streiche wir gemeinsam ausgeheckt haben…« Silvie schüttelte in Gedanken den Kopf. »Wenn mir je jemand gesagt hätte, daß Bernard einmal Pfarrer wird, ich hätte es nicht geglaubt. Daran ist nur Mr. Finch schuld.« Sie blickte ihre beiden Gesprächspartner an, und ihre Miene wurde ernst. »Bernard war vielleicht zwölf oder dreizehn, als Mr. Finch zu uns kam. Und er war es, der ihm einredete, Geistlicher zu werden.« Sie verharrte einige Augenblicke in Gedanken und zuckte schließlich abwehrend mit den Schultern. »Na ja, wie dem auch sei. Als Kinder haben wir viel miteinander unternommen. Wir waren auch aufeinander angewiesen, denn es gab kaum noch andere Kinder in der Gegend. Außer Matthew natürlich. Matthew Sandham. Ich weiß nicht, ob du schon einmal von ihm gehört hast, St. James. Sein Vater war ein Baronet. Er ist vor einiger Zeit gestorben. Matthew war sein einziger Sohn. Er ist so alt wie Bernard, und da war es natürlich, daß er unser ständiger Spielkamerad war. Das Anwesen der Sandhams grenzt direkt an das Gut meines Großvaters. Natürlich sind ihre Ländereien viel kleiner als die unseren. Und auch das Herrenhaus ist zwar wunderschön gelegen, aber nur ein bescheidener, behaglicher Bau. Leider befindet er sich zur Zeit in einem desolaten Zustand.« Sie nahm einen Schluck aus dem Kristallglas, das Shedwell für sie bereitgestellt hatte. Es war offensichtlich, daß es sie Überwindung kostete, die nächsten Sätze auszusprechen: »Wir wuchsen heran, und Matthew wurde mir bald mehr als ein guter Freund. Ich hoffe, du verzeihst mir meine Offenheit, St. James, aber ich denke, du hast ein Anrecht, die Wahrheit zu erfahren.«
    Der Earl blickte von seinem Teller auf und nickte gespannt: »Aber natürlich, es ist höchste Zeit, daß wir uns die Wahrheit sagen.«
    »Ich verliebte mich in Matthew, und er sich in mich. Wir verlobten uns an meinem siebzehnten Geburtstag. Großvater wußte davon, doch er war der einzige, der in unser Geheimnis eingeweiht war. Denn mein Vater wäre nie und nimmer damit einverstanden gewesen.« Sie seufzte. »Und dann begann dieser unselige Krieg in Spanien. Ich weiß nicht, warum Männer immer Krieg führen müssen. Na ja, jedenfalls hielt Matthew es für seine Pflicht, für das Vaterland zu kämpfen. Ein Onkel kaufte ihm ein Offizierspatent. Natürlich fiel uns der Abschied beiden schwer. Doch Matthew war Feuer und Flamme für seine neue Aufgabe. Er wollte nur zwei Jahre in Spanien bleiben, das hatte er mir fest versprochen. Doch wie es im Leben so ist: Es gibt Versprechen, da steht es einfach nicht in der eigenen Macht, sie auch einzuhalten.« Silvie schwieg gedankenverloren und nahm noch einmal einen Schluck aus ihrem Glas: »Ich will euch nicht mit Einzelheiten langweilen«, sagte sie schließlich, »aber es war eine schlimme Zeit. Zudem starb ein Jahr später Matthews Vater bei einem Reitunfall. Seine Mutter war schon lange vorher bei einer Epidemie ums Leben gekommen. Da Matthew keine Geschwister hat, wurde das Haus geschlossen. Und es verfiel zusehends. Zwar gibt es einen alten Verwalter, doch der lebt auch nur auf dem Gut, weil er keine andere Unterkunft gefunden hat. Geld, um ihn zu bezahlen, ist schon lange keines mehr vorhanden. Ich ging immer wieder hinüber und sah nach dem Rechten. Ich stellte mir vor, wie es sein würde, mit Matthew im Herrenhaus der Sandhams zu leben
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