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Schnappschuss

Schnappschuss

Titel: Schnappschuss
Autoren: Garry Disher
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kursiv »Bayside Counselling Services« und die Worte »Mediation, Konfliktbewältigung, Erziehungsfragen, Stressbewältigung, Übungen zu Selbstwert und Durchsetzungsvermögen, psychologische Betreuung«.
    »Eine Psychologin? Hat sie einen Klienten besucht?«
    »Keine Ahnung.«
    »Weitere Zeugen?«
    »Wir haben Leute losgeschickt, die an alle Türen klopfen. Bisher hat sich noch kein Zeuge gemeldet.«
    Challis besah sich das kleine Haus. Es wirkte verwohnt und altmodisch, so als würde dort eine ältere Person leben, die jede Hoffnung aufgegeben oder keine Kraft mehr hatte, das Haus zu pflegen.
    »Vielleicht ist man ihnen gefolgt«, sagte Challis, »oder es handelt sich um einen Fall von falscher Person am falschen Ort. Vielleicht könnten Sie damit anfangen, diese Joy Humphreys ausfindig zu machen.«
    Der DC aus Rosebud schüttelte selbstzufrieden den Kopf. »Geht nicht. Der Superintendent meinte, er würde Ihnen den Fall übergeben, nach Waterloo. Er hat mir nur aufgetragen, so lange hier zu bleiben, bis Sie eintreffen.« Er hielt inne. »Hab den Artikel im Progress letzte Woche gelesen«, fuhr er mit einem leichten Hauch von kumpelhafter Neugier fort.
    Challis machte ein mürrisches Gesicht. Seine Beziehung zu Tessa Kane, der Herausgeberin des Progress ,war Vergangenheit. Sie waren wieder bei dem Punkt unbehaglicher Bekanntschaft angekommen, doch seit ihrem Artikel über die Swingerpartys in der Ausgabe der letzten Woche hatte Challis jede Menge süffisantes Lächeln und Augenzwinkern zu erdulden gehabt. Die Leute schienen irgendwie davon auszugehen, dass er sie ständig auf irgendwelche Orgien begleitet hätte und das immer noch tat. Er sah dem DC aus Rosebud so lange fest in die Augen, bis der Mann peinlich berührt den Blick senkte.
    »Na dann, viel Glück.«
    Challis verabschiedete sich mit einem säuerlichen Nicken von ihm. In diesem Augenblick verkündete Freya Berg, dass sie die Leiche freigeben wollte, und Challis ging zu ihr hinüber. »Na, was gibts denn?«
    Das war ein stehender Witz zwischen ihnen beiden. In einer dieser amerikanischen Krimiserien, die sie beide so verachteten, schien der Text fast vollständig daraus zu bestehen, dass der Hauptermittler fragte: »Na, was gibts denn?« und dann sagte, »Halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Freya wirkte gelassen, und schaute so, als amüsiere sie sich ununterbrochen. »Gut genährte Frau, blah, blah, blah, ein Schuss in den Rücken, einer in den Hinterkopf, noch keine zwei Stunden tot.«
    Man hatte die Tote mit dem Gesicht nach unten gefunden, doch während der Untersuchung hatte Freya die Leiche umgedreht, und nun lag die Frau tot und schlaff mit schmerzverzerrtem Gesicht da. Hosenbeine und Knie waren feucht, das cremefarbene Top an der Taille verdreht, die offene Jacke lehmverschmiert.
    Challis sah zu den Spurenfahndern hinüber. »Patronenhülsen?«
    »Nichts, Hal.«
    Er wandte sich wieder zu Freya. »Austrittswunden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Die Kugeln stecken noch.«
    »Wann können Sie die Autopsie vornehmen?«
    »Im Laufe des Nachmittags.«
    »Halten Sie mich auf dem Laufenden«, witzelte Challis.
     
    Auf dem Rückweg zu seinem Wagen schaute Challis auf sein Handy. Wie zu erwarten, hatte er mehrere Anrufe von Reportern erhalten, darunter auch von Tessa Kane. Er seufzte und fühlte sich belagert. In diesem Fall musste mit großem Interesse der Medien gerechnet werden. Und Tessa wollte eine Insiderstory. Challis hatte das Gefühl, ihr das schuldig zu sein, gleichzeitig aber war sie oft recht kritisch gegenüber der Polizei. Der Progress unterschied sich deutlich von all den anderen Kleinstadtwochenblättchen – die zu neunzig Prozent aus Kleinanzeigen bestanden und zu zehn Prozent aus Wohlfühlgeschichtchen über lokale Sportgrößen, über den bellenden Hund, der eine Witwe aus einem brennenden Haus gerettet hatte, und über den Bürgermeister, der einen Baum gepflanzt hatte. Regelmäßig äußerte sich der Progress über lokale Fragen zu sozialer Gerechtigkeit, auch über das Internierungslager in der Nähe von Waterloo, über Armut und Not in den neueren Siedlungen. Es konnte einen nicht überraschen, dass Tessa Kane von vielen verachtet wurde, auch von Superintendent McQuarrie.
    Challis grübelte. Ihm war nicht danach, jetzt schon mit ihr zu reden. Vielleicht spukte er in ihren Gedanken herum, lauerte im Unterbewussten, so wie sie in seinem Verstand herumspukte, aber die Tage, als er sie umgehend und ganz automatisch anrief und ihr
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