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Schmetterlingsscherben

Schmetterlingsscherben

Titel: Schmetterlingsscherben
Autoren: Esther Hazy
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konnte. Als seine kühle Hand meine Wange berührte, spürte ich, wie sehr er zitterte. Ich wollte rufen und ihn berühren, ihm irgendwie zu verstehen geben, dass ich noch hier war, dass er sich beruhigen konnte, aber ich war völlig versteinert.
    Als die Erkenntnis ihn einholte, brach er endgültig zusammen. Martin und Morten mussten ihn von mir wegzerren, damit sie mich aus den Trümmern befreien konnten. Ich wollte zu Blaze, wollte ihm zurufen, dass es mir gut ging, dass alles wieder gut werden würde, aber außer einem Kratzen in meinem Hals spürte ich absolut nichts.
    Morten kam mir mit seinem Gesicht viel zu nahe und begutachtete mich kalt, ehe er meinen Hals berührte und meinen Puls fühlte. Ich betete innerlich, dass er den Schwindel nicht bemerkte und auch nichts von dem Mittel wusste, dass Susanne in ihrem Haus aufbewahrt hatte. Offenbar hatte ich Glück, denn er verkündete gleich darauf den Befund von meinem Tod, schob mir die Augenlider nach unten und tauchte mich damit endgültig in Dunkelheit.
    Jetzt konnte ich mich nur noch auf mein Gehör verlassen. Blaze schien inzwischen meilenweit von mir weg, denn seine Proteste und seine Schreie hörte ich nur noch von Weitem. Und dennoch brachen sie mir beinahe das Herz. Ich fühlte mich furchtbar, dass ich ihm das angetan hatte und ich wünschte, ich hätte ihn vorher eingeweiht, aber ich war mir nicht sicher, ob mein Plan tatsächlich aufging. Susanne hatte das Gegenmittel nie getestet und falls es nicht funktionierte, würde ich tatsächlich sterben. Ich wollte nicht, dass Blaze mit ansehen musste, wie ich von innen allmählich zerfiel, ohne dass er mich hätte retten können. Das wäre noch grausamer gewesen, als es so schon war.
    Irgendjemand hob mich hoch und ich wurde woanders abgelegt. Der Motor eines Autos ertönte, dann eine Autotür und kurz darauf verebbten die Stimmen um mich herum und ich konnte nur noch das gleichmäßige Rotieren des Motors vernehmen.
    Irgendwann hielt der Wagen wieder, ich wurde rausgeschoben und kurz darauf fiel irgendwo hinter mir eine Tür zu und ich war alleine mit mir selbst.
     

Kapitel 24
    «Cassandra?» Meine Mutter klopfte von außen an die Tür meines Zimmers, obwohl diese weit offen stand. Dass sie trotzdem klopfte, war offenbar bloß, damit sie noch so tun konnte, als würde sie mir meine Privatsphäre gewährleisten. «Dora ist am Telefon. Willst du nicht mal mit ihr sprechen?»
    Es war der elfte Versuch seit meiner Abreise aus Hoya von Dora, mich zu kontaktieren. Ich antwortete nicht und drehte mich auf die Seite, um die Wand anstarren zu können, anstatt in das besorgte und gleichzeitig flehende Gesicht meiner Mutter blicken zu müssen.
    «Ich mach mir wirklich Sorgen um dich», sagte sie dann und kam doch noch ungefragt in den Raum. «Wenn du nicht bald etwas isst, werde ich dich noch zwangsernähren müssen.» Obwohl das der schwache Versuch eines Scherzes gewesen war, schwang ein besorgter Unterton in ihrer Stimme mit. «Weißt du, ich habe überlegt, wenn du nicht mit mir darüber reden möchtest, vielleicht ja mit jemandem, den du nicht kennst und der weiß, was mit dir los ist.»
    Ich schloss die Augen und versuchte, nicht schon wieder zu weinen. Ich fühlte mich kraftlos und ein bisschen so, als wäre ich unsichtbar, ohne es wirklich zu sein. Ich wollte nicht reden. Nicht mit irgendeinem Fremden, schon gar nicht mit meiner Mutter und auch nicht mit Dora, obwohl sie die einzige war, die sich wirklich immer um mich bemüht hatte. Ich wollte einfach nur noch mit mir und meinem Schmerz allein sein.

    Es verging eine Ewigkeit, in der absolut nichts passierte. Ich konnte nicht einmal genau sagen, wie viel Zeit genau verstrich, ob es ein paar Stunden waren oder doch schon ein oder zwei Tage. Aber allmählich bekam ich tatsächlich Hunger und meine Kehle wurde immer trockener, während meine Lippen bereits aufgesprungen waren. Ich hatte schon die Befürchtung, Morten hätte mich irgendwo aus dem Weg geschafft und ließ mich jetzt hier verrotten, als ich endlich das Quietschen der Tür wieder hörte
    «Louise!» Die Stimme meines Vaters drang an mein Ohr und kurz darauf spürte ich seine warme Hand auf meinem Haaransatz. Er strich mir liebevoll über den Kopf und er weinte und redete viel. Er erzählte mir von früher und auch von der Zeit mit Ma und davon, wie sehr es ihm leidtat, dass er mir nicht mehr hatte helfen können.
    Ich war wirklich gerührt und hätte ihm gerne nochmal gesagt, wie sehr ich ihn
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