Schlussakt
egal. Wichtig ist nur eines: Ich ermittle, und Frau von Wonnegut zahlt dafür.«
Unschlüssig kratzte sich Marc am Kinn. »Also, ehrlich gesagt
… das ist keine saubere Lösung. Ich will nicht, dass ein anderer meine
Interessen finanziert. Auch nicht die alte Wonnegut.«
»Das tut sie nicht. Sie finanziert ihre eigenen Interessen.
Dass die in Teilen mit deinen übereinstimmen, ist Zufall. Und dein Glück. Denn
für dich hätte ich nicht ermittelt.«
»Warum nicht?«
»Zu riskant. Du bist voreingenommen. Die alte Wonnegut will
bloß Informationen. Je nachdem, wie sie ausfallen, wird sie darauf reagieren.
Du willst etwas anderes. Nämlich den Beweis, dass dein Freund Nagel unschuldig
ist.«
»Ich will auch bloß Informationen.«
»Und wenn diese
Informationen besagen, dass Bernd Nagel der Täter ist? Nachdem ich mich durch
sein Privatleben geschnüffelt und womöglich Dinge herausgefunden habe, die du
niemals erfahren wolltest?«
»Das tust du jetzt auch. Möglicherweise zumindest.«
»Aber nicht mit deinem Geld. Das ist der Unterschied.«
Er schüttelte den Kopf. »Bernd ist kein Mörder, unmöglich.
Der tut keiner Fliege etwas zuleide, das garantiere ich dir.«
»Allein wegen dieses Satzes«, grinste ich, »könnte ich deinen
Auftrag nicht akzeptieren. Ich will nicht derjenige sein, der dir den Glauben
an das Gute im Menschen nimmt.«
Covet stand wortlos auf, ging in die Küche und kehrte kurz
darauf mit zwei Gläsern Gin Tonic zurück. Schweigend reichte er mir eines, wir
stießen an und hingen eine Weile unseren Gedanken nach. Das heißt, ich hing
weniger, sondern fand immer mehr Gefallen an dem pochierten Lachs. Sollte ich
noch einmal die Ehre haben, Frau Steins Frühstück zu genießen, würde ich ihr
einen Tipp geben, wie sie ihr kulinarisches Gesamtkunstwerk krönen konnte.
»Okay, kommen wir zur Sache«, sagte ich schließlich. »Ich
weiß noch zu wenig über Bernd Nagel und seine Freundin. Erzählst du mir ein
bisschen was?«
»Sicher«, murmelte er.
»Seit wann kennst du Nagel?«
Er sah mich von der Seite an, als hätte ich gleich zu Beginn
die falsche Frage gestellt. Ich konnte nicht erkennen, was an ihr falsch sein
sollte. Brummig nestelte Marc an den Aufschlägen seines Pyjamas herum, bevor er
antwortete.
»Ich kenne Bernd, seit er die Geschäftsführerstelle
übernommen hat. Er kam aus Karlsruhe und wurde uns im Rahmen einer
Pressekonferenz vorgestellt. Danach traf ich ihn immer wieder, bei
Aufführungen, Sinfoniekonzerten und anderen Anlässen. Einmal habe ich ihn
interviewt, für die Neckar-Nachrichten . Wir haben uns angefreundet, weil
wir kulturpolitisch auf derselben Linie liegen. Oder warum auch immer.« Er
zuckte die Achseln.
»Du kanntest auch Annette Nierzwa. Über ihn?«
»Nein. Sie ist die Ex-Frau eines Orchestermitglieds. Nach der
Scheidung arbeitete sie stundenweise als Garderobiere. Sie wird das Geld
gebraucht haben.«
»Warum ging die Beziehung mit Nagel auseinander?«
»Das musst du ihn selbst fragen. Mir hat er es nicht erzählt.
Wobei mir ein Rätsel war, was er überhaupt an ihr fand.«
»Du sprichst fast so herablassend von ihr wie Frau von
Wonnegut.«
»Mag sein.«
»Sie nannte sie ein Flittchen.«
»Das verrät mehr über sie selbst als über die Nierzwa.«
Bedächtig nahm er einen Schluck Gin Tonic. »Annette war nicht mein Fall, sie
hat mich einfach nicht interessiert. Nichts Schlechtes über Verstorbene, aber
die Frau war mir zu billig, verstehst du? Sie ging auf die 40 zu und tat, als
sei sie ein Teenager. Okay, sie sah nicht schlecht aus. Die Arschbacken in enge
Jeans gezwängt, kurze Röcke, schwarze Strümpfe, tiefer Ausschnitt. Es gab jede
Menge Typen, denen die Hose platzte, wenn Annette Nierzwa vorbeistolzierte.«
»Dir aber nicht.«
»Nö.«
»Bernd Nagel schon.«
»Nicht nur dem. Die Nierzwa war berüchtigt für ihre Affären.
Das halbe Theater hat sich auf sie eingelassen, allen voran Barth-Hufelang, der
Dirigent.«
»Der Dicke? Na, das wird Frau von Wonnegut aber gar nicht
gefallen haben.«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Seit wann waren Bernd und Annette nicht mehr zusammen?«
»Ich weiß nicht genau, wann sie sich getrennt haben. Irgendwann
in den letzten Monaten. Bernd redet nicht gerne darüber.«
»Das habe ich gemerkt. Und dann liegt diese Frau eines Abends
im Dienstzimmer ihres Ex-Freundes, halbnackt, in irgendwie eindeutiger Haltung.
Spricht alles für ein Sexualverbrechen, nicht
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