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Schlaflos in Tofuwuerstchen

Schlaflos in Tofuwuerstchen

Titel: Schlaflos in Tofuwuerstchen
Autoren: Nancy Salchow
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mir der Anreiz, mich gedanklich mit einem Typen zu beschäftigen, der doch kein Ersatz für Peter sein kann. Niemand kann ein Ersatz für ihn sein. Nicht mal theoretisch.
    Julia nimmt meine Hand und drückt sie schwesterlich. "Die Kunst ist, sich so lange abzulenken, bis man nicht mehr weiß, wovon man sich eigentlich ablenken wollte. Du musst aufhören, dich in Selbstmitleid zu suhlen."
    Doch die Wahrheit ist, dass ich nichts anderes möchte als mich zu suhlen. Mit einer überdimensionalen Schale voller Erdnussflips auf dem Sofa, während im Fernsehen Schlaflos in Seattle läuft.
     
    Sie sieht wesentlich besser aus, als ich bereit wäre, vor Zeugen zuzugeben. Honigblonde Strähnen fallen wie zufällig aus ihrem Pferdeschwanz heraus und umspielen ihr makelloses Gesicht. Sie kann nicht älter als 25 sein. Clara ... ja, wie eigentlich weiter ... Müller? Meyer? Ich habe keine Ahnung, wie sie mit vollem Namen heißt, aber während sie vor mit steht, erkenne ich, dass sie eine von den Frauen ist, die keinen eigenen Namen brauchen. Sie sind dafür geboren, so lange namenlos zu bleiben, bis sich der Nachname des ersehnten Märchenprinzen geradezu nahtlos an ihren fügt. Von Beruf Ehefrau. Hübsches Anhängsel ohne eigene Ansprüche. Es ist nicht schwer, sie auf dieses Vorurteil zu reduzieren. In meiner Rolle als Die Verlassene ist es vermutlich sogar meine Pflicht, sie in die Schublade des meinungslosen Püppchens zu stecken. Doch es macht die Sache nicht wirklich leichter für mich.
    "Eve, richtig?" Sie ist überrascht, mich zu sehen.
    "Genau. Evelyn Reder."
    Sie streckt mir unschuldig lächelnd ihre Hand entgegen. "Ich bin Clara." Stimmt mein Vorurteil des fehlenden Nachnamens womöglich doch?
    "Was treibt dich zu uns? Ist alles in Ordnung?", fragt sie, noch immer die Unschuld in Person, während ihre Worte wie eine schwere Wolke über meinem Kopf hängen. Was treibt dich zu uns? Vor fünf Wochen noch hat er neben mir im Bett gelegen und jetzt stehe ich vor einer fremden Frau, die sich und ihn als uns bezeichnet.
    "Ich bin eigentlich nur da, um Peter zu fragen, ob er vielleicht noch den Schlüssel für den Keller an seinem Schlüsselbund hat." Ich bin stolz auf meine Notlüge, die sich von einer fixen Idee in der Mittagspause zu einem handfesten Plan entwickelt hat. Natürlich hätte ich anrufen können anstatt einfach vorbeizukommen, aber das hätte meine Neugier auf sein neues Leben, sein neues Leben mit der Anderen, nur halb so nachhaltig gestillt.
    "Ein Schlüssel?" Sie scheint verwirrt. Hat Peter ihr das Sprechen mit Fremden verboten? Reicht ihr Vokabular nur für den Austausch von Begrüßungsfloskeln?
    "Ja. Ich war gerade auf dem Weg und dachte, ich schaue kurz vorbei, dann kann ich ihn vielleicht gleich mitnehmen. Es ist leider der einzige Schlüssel für den Keller. Den zweiten haben wir damals verloren." Ich frage mich, ob ihr das wir in meinem Satz auffällt, das in Verbindung mit einer dreijährigen Beziehung eine viel größere Daseinsberechtigung hat als ihr fünfwöchiges uns .
    "Peter ist noch in der Redaktion und hat sein Schlüsselbund dabei. Hast du ihn denn schon angerufen und nach dem Schlüssel gefragt?"
    "Ach, ich wollte es nicht unnötig verkomplizieren. Aber wenn er nicht da ist, schau ich sonst ein anderes Mal vorbei."
    "Ich sage ihm, dass er dich anrufen soll."
    Ich frage mich, ob ihre Selbstsicherheit oder ihre Naivität dafür sorgt, kein Problem damit zu haben, dass Peter mit seiner Exfreundin telefoniert.
    "Oder so", antworte ich und bemühe mich um möglichst überzeugende Gleichgültigkeit für die Art und Weise, wie ich an meinen Schlüssel komme.
    Sie verabschiedet sich mit einem fast unverschämt freundlichen "Mach’s gut." Ich mache eine Handbewegung, die ein Winken andeuten soll und drehe der Tür meinen Rücken zu, bevor sie sich schließen kann. Von wegen Mach’s gut . Die hat gut reden. Mit einem fünfundzwanzigjährigen Hintern wie eine Nektarine lässt sich leicht glauben, dass alles gut ist. Mit 32 und dem gerade begonnenen Kampf gegen Falten und Orangenhaut sieht die Sache schon anders aus.
     
    Herzlich willkommen im Literatur Chat, Eve78. Es sind außer dir 0 weitere Benutzer im Chat.
     
    Eve78: ist ja wieder mal richtig voll hier
    Rafael betritt den Chat.
    Eve78: nanu? wie aufs stichwort
    Rafael: hallo. schön, dich wieder zu sehen
    Eve78: ich freu mich auch. aber ehrlich gesagt hätte ich nicht damit gerechnet
    Rafael: ich war die letzten tage immer mal wieder online,
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