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Schlaflos in Tofuwuerstchen

Schlaflos in Tofuwuerstchen

Titel: Schlaflos in Tofuwuerstchen
Autoren: Nancy Salchow
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mord. schauplatz ist die bar eines hotels in kairo. unheimlich spannend
     
    Ich muss schlucken, als ich das Wort Kairo lese. Das letzte gemeinsame Urlaubsziel von Peter und mir. Handelt es sich vielleicht sogar um dasselbe Hotel, in dem wir unseren Ägypten-Urlaub verbracht haben?
    Was als unschuldiger Gedanke aufkeimt, mutiert in wenigen Sekunden zur schmerzvollen Erinnerung. Bilder reihen sich rücksichtslos nacheinander vor meinem inneren Auge auf. Peter und ich vor einer Pyramide. Peter und ich in Liegestühlen am Pool. Ein zerwühltes Laken, das ich zurück unter die Matratze stecke. Das Prickeln des Champagners. Ein flüchtiger Kuss in den Nacken. Der Geruch von Garnelen, die wir heimlich vom Büffet mit aufs Zimmer genommen haben.
    Ich schlucke erneut und bemerke, zum ersten Mal seit Peters Auszug, eine Träne in meinem Augenwinkel. Endlich kann ich weinen, ich weiß nur nicht, ob ich mich über diese Tatsache freuen soll. Die Zeilen vor mir fangen an zu verschwimmen, bis nur noch ein schwarz-weißer Buchstabenbrei übrig bleibt.
     
    Eve78: tut mir leid, rafael, aber diesmal muss ich weg
    Rafael: ist was passiert?
    Eve78: nein. nur der anruf einer freundin. sie ist in fünf minuten da. hat ziemliche probleme. muss jetzt schnell mal kaffee aufsetzen, damit sie wieder einen klaren kopf bekommt
    Rafael: das tut mir leid für deine freundin. ich hoffe, du kannst ihr helfen
    Eve78: danke, das hoff ich auch. bis bald
     
    Mein schlechtes Gewissen hält nur ein paar Sekunden an. So lange er nicht weiß, dass es sich um eine Notlüge handelt, muss ich mich auch nicht schlecht fühlen. Ich habe nicht mal das Verlangen, mich für einen nächsten Chat zu verabreden. Innerhalb von Sekunden wird Rafaels Charme zur Luftblase. Ich vergesse, worüber wir noch vor wenigen Minuten geschrieben haben. Heulend fahre ich den Laptop herunter und frage mich, wie mich das Wort Kairo so aus der Bahn werfen konnte. Wenn Liebe schon zu Ende gehen muss, warum dann nicht grundsätzlich auf beiden Seiten zur selben Zeit? Warum ist es ihm so leicht gefallen, mich einfach gegen eine Andere einzutauschen?
    Ich fühle mich alt. Jeder würde sich im Vergleich zu Clara alt fühlen, selbst wenn er im selben Alter wäre. Sie sieht einfach zu gut aus. Viel zu gut. Vielleicht ist es die Begegnung mit ihr, die mir das Heulen plötzlich so leicht macht. Die Konkurrenz hat ein Gesicht bekommen, das sich in meinen Kopf gebrannt hat und nicht mehr herauskommen will.
    Verlassenwerden ist scheiße. Und zwar so richtig.
     
    Meine Zunge ist pelzig, als ich aufwache. Für einen kurzen Moment frage ich mich, welcher Tag heute ist. Ein Blick aus dem Fenster verrät mir, dass es bereits abends sein muss. Ein kurzes Zurechtschieben meiner Erinnerungen bestätigt mir, dass wir noch immer Samstag haben. Auf dem Sofa hat sich ein kleiner Fleck gebildet, wo vorher mein Mund lag. Ich ekele mich. Wer bleibt schon bei einer Frau, die beim Schlafen sabbert? Niemand. Erst recht kein Mann wie Peter, der als Redakteur hohes Ansehen genießt.
    Wahrscheinlich war er all die Jahre nur aus Mitleid mit mir zusammen, um mich nicht als Dauersingle in eine tiefe Krise fallen zu lassen. Ich erinnere mich an unser erstes Treffen. Damals war ich 29, er 34 und der beste Freund von Julias damaligem Verlobten Martin (nur dass Julia im Gegensatz zu mir nicht verlassen wurde, sondern Martin selbst verlassen hat, als sie gemerkt hat, dass ihm der abendliche Bierkonsum wichtiger war als Unterhaltungen mit ihr). Ich hatte gerade das dritte Jahr als Single hinter mir und bis auf ein paar Verabredungen und bedeutungslosen Flirts lange keine ernsthafte Beziehung gehabt. Bis vor wenigen Wochen habe ich gedacht, dass sich Peter aufgrund meines Charmes, meines damals noch etwas besseren Aussehens (7 Kilo weniger, wenn ich mich richtig erinnere) und unserer gemeinsamen Begeisterung für Musik in mich verliebt hat. Jetzt bin ich überzeugt davon, dass es Mitleid gewesen sein muss.
    Ein Mann bleibt vielleicht aus Mitleid bei einer Frau, aber er kommt doch nicht aus Mitleid mit ihr zusammen, würde Julia jetzt sagen. Aber sie kennt nicht den Schmerz, den ich durchmache. Für sie geht es immer weiter. Jedes Ende ist ein neuer Anfang, sagt sie, wenn sie wieder mal einen Typen in den Wind gejagt hat und im selben Atemzug nach Ersatz in ihrem Adressbuch sucht, während ich mich der Überzeugung hingebe, dass es keinen klügeren und erst recht keinen attraktiveren Mann als Peter geben kann.
    Die
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