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Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird

Titel: Schlaf Nicht, Wenn Es Dunkel Wird
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Backen?«
    »Es war dumm«, begann ich, und die Lüge zappelte auf meiner Zunge wie ein Wurm an einem Angelhaken. »Ich hab, ohne hinzusehen, in die Schublade gegriffen und mir die Hand an einem kleinen Schälmesser geschnitten.«

    Alison griff sich aus Mitgefühl an die eigene Hand. »Autsch, das tut weh.«
    »Es geht schon wieder.« Ich blickte zum Ofen und lächelte. »Der Kuchen müsste jetzt fertig sein. Hast du Lust auf ein Stück?«
    »Muss man ihn nicht erst eine Weile abkühlen lassen?«
    »Nein, am leckersten ist er frisch aus dem Ofen.« Ich stand auf und öffnete mit der linken Hand die Ofenklappe. Die Hitze schlug mir wie eine Meereswoge entgegen, als ich mich bückte und das satte Schokoladenaroma einatmete. Ich griff nach den Backhandschuhen auf dem Tresen.
    »Lass mich das machen«, bot Alison sofort an, schlüpfte mit den Händen in die bereitliegenden pinkfarbenen Fäustlinge und stellte die Kuchenform behutsam auf einen Untersetzer. »Er sieht genauso gut aus, wie er riecht. Soll ich einen Kaffee aufsetzen?«
    »Kaffee klingt herrlich.«
    »Bleib sitzen und halt deine Hand still und hoch.« Sie verdrehte die Augen. »Ich nun wieder – du bist die Krankenschwester, und ich sag dir, was du tun sollst.« Sie schüttelte den Kopf und lachte erleichtert, wie ich erkannte – erleichtert darüber, dass ich offenbar eine plausible Erklärung für alles geliefert hatte, erleichtert darüber, dass ich nicht mehr wütend auf sie war, erleichtert, dass alles anscheinend wieder normal war.
    Anscheinend , dachte ich und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. Gutes Wort.
    Lächelnd beobachtete ich, wie Alison Kaffee kochte. Es war erstaunlich, wie wohl sie sich inmitten meiner Sachen in meiner Küche fühlte. Ohne zu fragen, wusste sie, dass ich den Kaffee im Gefrierfach und den Zucker in dem Schrank links über dem Waschbecken aufbewahrte. »Im Eisschrank steht geschlagene Sahne«, erklärte ich ihr, als sie den Kaffee abmaß und in den Filter gab.

    »Du bist wirklich erstaunlich«, sagte sie. »Du bist immer auf alles vorbereitet.«
    »Manchmal lohnt es sich, vorbereitet zu sein.«
    »Ich wünschte, ich wäre mehr so.« Alison beugte sich über den Tresen. »Ich habe immer eher impulsiv gehandelt.«
    »Das kann ziemlich gefährlich sein.«
    »Wem sagst du das.« Es entstand ein kurzes Schweigen. Alison blickte zu Boden und dann auf die leeren Regale, und ein verschmitztes Lächeln breitete sich über ihr Gesicht. »All diese Köpfe zu zerschmeißen war aber auch ziemlich impulsiv.«
    Ich lachte. »Da hast du wahrscheinlich Recht.«
    »Vielleicht sind wir uns ähnlicher, als wir denken.«
    »Vielleicht.« Unsere Blicke trafen sich, und wir verharrten einen Moment, als wollte jede von uns die andere provozieren, als Erste wegzugucken. Natürlich musste ich zuerst blinzeln. »Was meinst du, sollen wir ein Stück von dem Kuchen probieren?«
    »Du bleibst, wo du bist, und hältst die Hand hoch. Ich mache alles.« Alison nahm zwei Teller, Tassen und Untertassen aus dem Schrank und deckte den Tisch mit Papierservietten, Zucker und einer Schüssel Schlagsahne. Dann ging sie zum Tresen zurück, um ein Messer zu holen. »Weißt du noch, wie ich zum ersten Mal hier war und das falsche Messer genommen habe«, sagte sie und zog das riesige Schlachtermesser aus dem Messerblock. Mir stockte der Atem. »Und du hast gesagt: ›Das ist ein bisschen zu mörderisch.‹ Oha!«, meinte sie jetzt und starrte mit offenem Mund auf die blutverkrustete Klinge. »Was ist das? Blut?« Ihr Blick wanderte an dem Messer entlang. »Sieht so aus, als ob auch der Griff voller Blut wäre.« Sie starrte auf ihre Handfläche.
    »Wohl eher Kinoblut«, sagte ich, stand rasch auf, nahm ihr das Messer aus der Hand, ließ es ins Waschbecken fallen und heißes Wasser darüberlaufen. »Das ist kein Blut«, erklärte ich ihr.

    »Was ist es denn?«
    »Nur ein Fall von ziemlich hartnäckiger Erdbeermarmelade.«
    »Marmelade? Am Griff deines Messers?«
    »Schneidest du mir jetzt ein Stück Kuchen ab oder nicht?«, fragte ich ungeduldig.
    Alison nahm ein anderes Messer und schnitt in den noch warmen Kuchen. »Oh, er bröckelt. Bist du sicher, dass es nicht noch zu früh ist.«
    »Das Timing ist absolut perfekt«, sagte ich, als sie ein großes Stück auf einen Teller schob. »Meins bitte nur halb so groß.«
    »Sicher?«
    »Ich kann ja jederzeit noch eins nehmen.«
    »Darauf würde ich mich nicht verlassen.« Alison setzte sich wieder auf ihren Stuhl und
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