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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe
Autoren: Oliver Schaewen
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Führungskräften des Archivs zugänglich war. Dort lagen nicht nur einmalige Fami­ lienerbstücke der Schillers, auch die besonders wert­ volle Totenmaske des Dichters wurde in einem Tresor aufbewahrt. Dollinger überlegte kurz, ob er sie mitneh­ men solle, verwarf aber den Gedanken. Er wollte nicht riskieren, dass jemand das Fehlen der Maske schneller bemerkte, als es ihm recht war. Aber seine gefälschten Ausweispapiere, die er sich vor einigen Jahren anferti­ gen ließ, wollte er für seine Flucht auf jeden Fall parat haben. Dazu musste er den kleinen Tresor öffnen, den er in einer Nacht­ und Nebelaktion gleich neben dem großen Safe damals hatte einsetzen lassen.

    Der Polizeipräsident Hans Kottsieper saß mit Littmann in seinem Büro, als das Telefon klingelte.
    »Ja, was gibts?«
      Am anderen Ende der Leitung war der Notar, der den letzten Willen Franz Schäufeles verwaltete. »Der Verstorbene hat verfügt, dass ein letzter Umschlag erst drei Tage nach seinem Ableben geöffnet werde«, erklärte der Jurist mit aufgeregter Stimme.
      »Aha, und warum sind Sie so aufgebracht, mein Guter?«, wollte Kottsieper wissen. Er erbleichte, als er weiter zuhörte. Konsterniert legte er auf.
      »Um Gottes willen, Littmann, wir müssen sofort handeln.«
      Der Kommissar schaute seinen Chef irritiert an. Kottsieper nahm den Hörer wieder und wählte schnell die Nummer der Einsatzzentrale: »Informieren Sie die Kollegen in Marbach, die Feuerwehr und den Spreng­ meister: Wir haben es mit einer Bombe im Keller des Deutschen Literaturarchivs zu tun.«

    Zur selben Zeit fuhren Peter Struve und Melanie Förs­ ter vor dem Haus des Institutsdirektors in der Haff­ nerstraße vor.
      »Niemand da«, konstatierte Melanie Förster, nach­ dem sie geklingelt hatten.
      »Vielleicht ist er im Archiv unterwegs, schauen wir mal«, schlug ihr Kollege vor.
      Als sie vor das Gebäude traten, merkten sie, dass es geschlossen war. Sie sahen ein Schild, das auf den Betriebsausflug hinwies.
      »Na, heute ist unser Glückstag«, klagte Struve.
      »Ob der da drin ist, wage ich zu bezweifeln.«
      Peter Struve blickte zur oberen Etage und sah Licht an einem der Schreibtische. »Aber es sind nicht alle Vögel ausgeflogen. Probieren wirs mal.« Er warf Steinchen gegen das Fenster, das daraufhin geöffnet wurde.
      »Ach Herr Kommissar, Sie sind es!« Die Sekretä­ rin Ilse Bäuerle beugte sich herunter. Sie war nicht mit nach Esslingen gefahren, weil sie dringende Arbeiten zu erledigen hatte.
      »Haben Sie zufällig Herrn Dollinger gesehen?«
      »Ja, habe ich, der ist vorhin unten rein. Aber er scheint im Haus unterwegs zu sein, er ist gar nicht hochgekommen.«
      »Könnten Sie uns bitte aufschließen? Wir müssten mal mit ihm reden.«
      »Ja, natürlich. Warten Sie.«
      Wenig später ließ die Sekretärin die beiden Krimi­ nalbeamten ins Haus.
      »Was meinen Sie, wo er stecken könnte?«, fragte Struve.
      »Schwer zu sagen, ich glaube, er könnte unten im Magazin sein. Er holt sich von dort manchmal Bücher – auf dem kleinen Dienstweg, wissen Sie?« Ilse Bäuerle lächelte verschmitzt.
      Die Sekretärin führte sie in den Lesesaal.
      »Herr Dollinger, sind Sie hier?«, rief Melanie Förster. Sie bekam keine Antwort. »Wo gehts da runter?«
      »Da ist die Handschriftenabteilung, von da gibt es auch einen Durchgang zum Schillermuseum.«
      »Werden in der Handschriftenabteilung nicht auch wertvolle Stücke aufbewahrt?«, wollte Peter Struve wissen.
      »Oh ja«, sagte die Sekretärin. »Es gibt sogar einen Tresor, da schlummern richtige Kostbarkeiten.«
      Struve und Förster blickten sich an.
      »Ich schau mal nach, Sie bleiben mit Frau Bäu­ erle am Eingang«, bestimmte der Kommissar. »Wenn er kommt, nehmen Sie ihn vorläufig fest. Sie wissen ja: Mord verjährt nicht, wir haben konkrete Hin­ weise.«
      Melanie Förster schien damit nicht einverstanden zu sein. »Wollen Sie wirklich allein da runter?«
      »Keine Sorge, ich pass schon auf mich auf. Jemand muss hier bleiben und den Ausgang bewachen, damit er nicht entwischt.«
      Struve zog seine Dienstwaffe und stieg die Treppe hinunter.

    Sven Dollinger stand vor dem kleinen Tresor und kramte verzweifelt in seinen Taschen.
      »Verdammt, wo ist der verfluchte Zettel?«, schrie er. Ohne die richtige Zahlenkombination konnte er den Safe nicht öffnen. Jahrelang hatte er das Dokument gehütet wie seinen eigenen
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