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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen
Autoren: Annie Proulx
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und hineingetragen worden war. Half dabei, Jack die Kleider vom Leib zu ziehen, ihn mit einem Laken zuzudecken. Bemerkte das passende Muttermal unter der linken Brustwarze, überlegte sich, daß die Punkte, zusammen mit der rechten Brustwarze, die Satzzeichen abgeben könnten für eine Inschrift rund um den Torso:

    Hatte Mrs. Buggit und ihre Schwestern mit der Wasserschüssel und den Scheren gesehen, um Jack für seinen Anzug vorzubereiten, ihn zu rasieren und zu scheren, die Nägel zu schneiden. Ein gesticktes Kissen für seinen Kopf lag bereit, aus einer Truhe geholt, aus dem Seidenpapier ausgewickelt. Seine Fahrt ist zu Ende. Im Nordlicht des Fensters vor Jahrzehnten gefertigt.
    Quoyle und Benny Fudge lehnten an ihren Schreibtischen, sahen Billy an, der aus durchscheinenden Gräten zu bestehen schien, dessen Gerede auf sie prasselte wie geworfene Kiesel.
    »Sie fanden das Skiff draußen am Krempenfelsen. Dort hat Jack nie im Leben ’ne Hummerfalle aufgestellt. Kann mir nich’ vorstellen, was er dort wollte. Ihr kennt den Kater, den er so mochte, rief ihn Skipper Tom. War noch im Boot. Der Seenotrettungsdienst fährt längsseits, leuchtet mit dem Suchscheinwerfer, und da is’ Skipper Tom, tigert hin und her und peitscht mit dem Schwanz, als wüßte er, daß Jack Hilfe brauchte und er ihm keine geben kann. Sie konnten Jack klar wie bei Tageslicht unter Wasser sehen. Die Leine hing über Bord. Er hing mit dem Gesicht nach unten gleich unter dem Boot. Die Schlingsteinleine der Hummerfalle hatte sich um seinen Knöchel gewickelt und ihn über Bord gerissen. Er konnt’ sich nich’ losmachen. Sie war wie verrückt verwirrt. Seine Hand steckte in seiner Hosentasche. Er muß nach seinem Messer getastet haben, wißt ihr, um sich loszuschneiden. Aber es war kein Messer da. Kann sein, er hat es fallen lassen oder irgendwie verloren, als er über Bord ging und nich’ gemerkt. Ich weiß nich’, ob er’s lose in der Tasche trug, aber als ich nach meinem Messer fischte, war es in meiner rechten Hosentasche und mit einem Bändsel an meiner Gürtelschlaufe gesichert. Denn wenn du’s verlierst, wenn du mit dem Gesicht nach unten im Wasser liegst wie der arme Jack, dann war’s das, dann bist du weg.« Heiser wie ein Rabe.
    Quoyle stellte sich vor, wie Jacks Kleider sich unter Wasser wie Seide wellten, Gesicht, Hals und Hände wie Mondstein unter dem Meer schimmerten.
    »Amen«, sagte Benny Fudge. »Viele Hummerfänger enden so.«
    »Wie nimmt Mrs. Buggit es auf?« Dachte an die Frau in der ewigen Kälte des Kummers. Treibgut im Auf und Ab von Wogen aus Schiffchenspitze.
    »Überraschend ruhig. Sie sagte, sie hätt’s erwartet, seitdem sie die erste Woche verheiratet war und Jack als auf dem Eis vermißt galt. Beim Robbenjagen. Sie hat die Qual jetzt dreimal mitgemacht. Wenigstens hat sie einen Trost. Sie haben ja den Leichnam geborgen. Sie kann Jack begraben. Sie haben ihn nach Hause gebracht, um ihn aufzubahren. Jack wird der erste Buggit seit langem sein, der in Erde begraben wird. Es ist eine Erleichterung für sie, daß sie den Leichnam hat.«
    Eng nebeneinanderstehende Steine auf dem Friedhof von Killick-Claw, denn jemand, der auf See verlorengegangen war, brauchte keine zwei Meter Platz.
    »Sie bahren ihn jetzt auf. Heut nacht is’ die Totenwache und morgen der Gottesdienst, Quoyle. Bring du Wavey heut abend um sieben Uhr zum Haus von dem armen Jack. Das soll ich dir von Dennis sagen. Und er fragt, ob du einer der Sargträger für den armen Jack sein wirst.«
    »Ja«, sagte Quoyle. »Das werde ich. Und wir bringen diese Woche eine Jack gewidmete Sondernummer. Billy, wir werden einen Nachruf für die Titelseite brauchen. Der von Herzen kommt. Wer könnte das besser als du? Rede mit allen. Ich frage mich, ob’s Fotos von ihm gibt. Werde mal sehen, ob Beety was weiß. Benny, vergiß alles, was du grade machst. Fahr zum Seenotrettungsdienst runter und laß dir die Einzelheiten von Jacks Bergung geben. Mach ein paar Bilder von dem Skiff. Bring den Kater mit rein. Wie heißt er noch? Skipper Tom.«
    »Was soll nur aus dem Gammy Bird werden?« sagte Benny Fudge und strich sein glattes schwarzes Haar zurück. »Wird er einschlafen?« Seine große Chance drohte ihm zu entgleiten. Sogar jetzt spielte er mit einer Schnur, als wäre es Wolle.
    »Nein. Eine Zeitung führt ein Eigenleben, eine Existenz jenseits ihrer irdischen Eigner. Wir kommen morgen wie üblich raus. Müssen höllisch arbeiten, um es zu schaffen. Wann ist
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