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Schicksal in zarter Hand

Schicksal in zarter Hand

Titel: Schicksal in zarter Hand
Autoren: Michelle Reid
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seines Lebens.
    „Schau mich an“, drängte er sie und fühlte förmlich ihre Anspannung.
    Früher hatten sie sich nicht ansehen können, ohne sofort von heißem Begehren verzehrt zu werden. Als das aufhörte, war es mit ihrer Beziehung immer weiter abwärtsgegangen.
    Endlich hob sie die Lider mit den unglaublich dichten, langen Wimpern. Ihre Augen, grünblau wie das Meer an einem Sommertag, verrieten so viele Gefühle, dass sein Herz einen Schlag lang auszusetzen schien.
    Tatsächlich begann der Apparat hinter ihm, wie verrückt zu piepsen.
    Erschrocken blickte Lexi auf die Anzeige des kleinen Bildschirms. Sie hatte keine Ahnung, wie die normalen Werte sein sollten, aber die Zahlen hier kletterten beängstigend schnell nach oben.
    „Was ist denn, Franco?“
    Ohne zu überlegen, eilte sie an die Seite des Betts und fasste nach Francos Hand. Statt auf Haut traf sie auf eine Kunststoffröhre, durch die ein Infusionsschlauch in die Ader geleitet wurden. Aber bevor sie ihre Finger wegziehen konnte, legte er seine darüber. Warm und erstaunlich fest.
    „Es ist alles in Ordnung mit mir“, versicherte er.
    Das klang so schwach, dass sie nicht überzeugt war.
    Die Tür wurde geöffnet, und die Krankenschwester kam hastig ins Zimmer. Sofort ging sie zum Aufzeichnungsgerät und checkte die Kurven und Zahlen.
    „Dass Ihre Frau da ist, bedeutet anscheinend eine schöne Überraschung für Sie“, meinte sie neckend.
    „Jedenfalls hat sie irgendetwas bei mir bewirkt“, erwiderte er reuevoll.
    Lexi wollte die Hand wegziehen, aber er umfasste sie fester, also ließ sie ihn gewähren. Rein aus Mitleid.
    Er schloss die Augen und seufzte. Sofort begannen die Zahlenwerte zu sinken. Lexi und die Schwester standen jede auf einer Seite des Betts und beobachteten den Monitor.
    Als endlich alles wieder im grünen Bereich zu sein schien, fühlte Lexi sich so erschöpft, dass sie mit dem Fuß einen Stuhl heranzog, der neben dem Bett stand, und sich setzte.
    Franco bewegte sich nicht, er öffnete nicht einmal die Augen. Sie konnte ihn nun unbemerkt anschauen – und sofort fühlte sie sich wie früher unwiderstehlich zu ihm hingezogen. Er sah einfach zu gut aus! Sogar jetzt war er atemberaubend und umwerfend attraktiv, denn zum Glück war sein Gesicht von Verletzungen verschont geblieben. Keine blaue Flecken oder Kratzer verunzierten die markanten Züge.
    Sie hatte gedacht, dass sie durch die Arbeit in einer Castingagentur immun gegen männliche Schönheit geworden sei. Schließlich hatte sie jeden Tag unglaublich attraktive Schauspieler vor Augen. Aber das war offensichtlich ein Irrtum.
    Sogar in seinem elenden Zustand trieb Franco ihren Blutdruck in schwindelnde Höhen. Über seiner hohen Stirn lockte sich das schwarze Haar, das er üblicherweise so kurz schneiden ließ, dass es sich nicht wellen konnte. Die Brauen wölbten sich in schönem Bogen über den Augen mit den beneidenswert dichten und langen Wimpern. Die ausgeprägten Wangenknochen hatte er von seiner römischen Mutter geerbt, ebenso die leicht gebogene Nase. Den festen Mund mit den klar gezeichneten Konturen hatte er hingegen von seinem Vater.
    Die sonst so verlockenden Lippen waren jetzt fest zusammengepresst, die Mundwinkel vor Schmerzen nach unten gezogen. Und vor Kummer.
    „Es tut mir so leid wegen Marco“, sagte Lexi leise.
    Sofort begann die Maschine wieder Alarm zu schlagen, und die Krankenschwester blickte hoch, wobei sie warnend den Kopf schüttelte. Offensichtlich war Marcos Tod ein Thema, das ausgespart werden musste.
    Plötzlich wirkte Francos Gesicht ganz grau. Er gab sich die Schuld am traurigen Schicksal seines besten Freundes, ahnte Lexi. Die beiden Männer waren früher unzertrennlich gewesen. Marco war Franco überallhin gefolgt. Doch solche beinah sklavische Anhänglichkeit war nicht nur schmeichelhaft, sie war auch eine Last.
    Lexi wusste das nur zu gut, denn sie selber hatte sich auf dieselbe Art zu Francos Sklavin gemacht. Dass er sie als Bürde betrachtet hatte, war unübersehbar gewesen.
    War sie deswegen hier? Empfand sie Schuldgefühle, weil ihre unbedingte Liebe und ihre völlige Abhängigkeit ihm die Last der Verantwortung aufgeladen hatten? Wollte sie etwas wiedergutmachen mit ihrem Besuch?
    Plötzlich schien sie in der Zeit zurückzugleiten bis zu dem Sommer vor nun vier Jahren, in dem sie – mit immerhin neunzehn Jahren – zum ersten Mal etwas allein unternommen hatte. Mit schicksalhaften Konsequenzen, wie sich herausstellte.
    Bis
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