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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten
Autoren: Craig Shaw Gardner
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AN DEN RICHTIGEN GERATEN BIST.«
    Die Rauchwolke vergeudete keine Zeit und verwandelte sich in die schwarzgewandete, äußerst betörende Gestalt von Sulima der Hexe.
    »ANDERERSEITS«, fuhr Ozzie fort, »WIE WÄRE ES, WENN WIR UNS ZU EINER NETTEN UNTERREDUNG ZU ZWEIT IRGENDWOHIN ZURÜCKZIEHEN?«
    Sulima lächelte, als sie das hörte. Es war ein Lächeln, das Scheherazade das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    »Warum sollten wir irgendwohin gehen«, fragte Sulima in ihrem verführerischsten Tonfall, »wenn ich doch auch hier für dich tanzen kann?«
    Scheherazade nutzte die Gelegenheit, um Marjanah eine weitere Nachricht zukommen zu lassen, bevor sie sich rasch wieder an den Dschinn wandte: »Wenn du dich von jeder Unterbrechung ablenken läßt, werde ich meine Geschichte nie beenden können!«
    »Ja«, stimmte Ozzie zu. Es gelang ihm nur mit Mühe, seinen Blick von der Dschinnin abzuwenden und wieder auf die Menschen unter ihm zu richten. »DU HAST RECHT. JEDES DING ZU SEINER ZEIT. ZUERST MUSS ICH MIR DIESE LETZTE, ÄUSSERST VIELVERSPRECHEND KLINGENDE GESCHICHTE ANHÖREN, BEVOR ICH EUCH ALLE GANZ LANGSAM UND AUF HÖCHST QUALVOLLE WEISE TÖTE. NACHDEM DIESE FORMALITÄTEN DANN ERLEDIGT SIND, WERDE ICH MICH DER DSCHINNIN UND IHREN PROBLEMEN WIDMEN KÖNNEN. JA, ICH WERDE SOGAR ZEIT FÜR IHREN TANZ HABEN.«
    »Männer!« gelang es Sulima zu zischen, obwohl das Wort keinen einzigen S-Laut enthält. »Ich bin nicht hier, um mich um deine lächerlichen Wünsche zu kümmern. Vielmehr werde ich beweisen, daß eine Dschinnin einem aufgeblasenen, bemitleidenswerten grünen Kopf jederzeit überlegen ist!«
    Diese Bemerkung brachte Ozzie zum Kochen – teils wegen der darin enthaltenen Beleidigungen, teils wegen dem vereinzelten Applaus, den diese Beleidigungen unter einem Teil des weiblichen Publikums hervorriefen.
    »SOLL DAS HEISSEN, DASS DU DIESE UNBEDEUTENDEN STERBLICHEN UMBRINGEN WILLST«, donnerte Ozzie gebieterisch, »WO ICH MICH DOCH SO DARAUF GEFREUT HABE, SIE AUF BESONDERS GRAUSAME WEISE ABZUSCHLACHTEN?«
    »Nein«, meinte Sulima nicht weniger anmaßend, »ich werde nur Scheherazade töten, denn sie hat schon viel zu lange meine Pläne durchkreuzt. Alle anderen werde ich bloß zu meinen willenlosen Sklaven machen. Und von all diesen wirst du am leichtesten zu unterwerfen sein!«
    Die Zeugen dieses geistreichen Disputs wurden unruhig. Obwohl den neusten Drohungen zufolge die meisten von ihnen mit dem Leben davonkommen würden, war die Aussicht, für alle Ewigkeit einer Dschinnin als Sklave zu dienen, nicht eben berauschend.
    »Wenn ihr zwei da oben ewig so weitermachen wollt, sollte ich meine Geschichte vielleicht ganz vergessen«, meinte Scheherazade, »die man natürlich auch folgendermaßen umbenennen könnte:
     
    DIE WUNDERBARE GESCHICHTE VON DEM GROSSEN DSCHINN OZZIE
    UND WIE ER DIE BEZAUBERNDE,
    ABER MACHTLOSE SULIMA SEINEM WILLEN
    UNTERWARF, SO DASS SIE IHM STETS ZU DIENSTEN
    SEIN MUSSTE, NACHDEM ER DIE GANZE WELT
    EROBERT HATTE
     
    »AUSGEZEICHNET!« stimmte Ozzie ihr von ganzem Herzen zu. »NIEMAND KANN SAGEN, DASS DIESE GESCHICHTENERZÄHLERIN NICHT MIT WAHRHAFT PROPHETISCHEN GABEN GESEGNET IST! ICH MUSS DIESE GESCHICHTE AUGENBLICKLICH HÖREN!«
    Doch Sulima war gar nicht erfreut. »Schade, daß du sie nur mit tauben Ohren hören wirst. Ich fürchte, vor Scheherazade werde ich erst einmal dich ausschalten müssen.«
    Ozzie jedoch lachte nur. »SO EINFACH IST DAS NICHT!«
    »Das glaube ich auch!« ertönte eine neue Stimme. Scheherazade fuhr herum und erblickte eine große Zahl von Soldaten, die aus einem Loch im Boden vor dem Palast der Schönen Frauen kletterten, um hinter der Sultana und ihren beiden Söhnen Shahzaman und Shahryar Aufstellung zu nehmen.
    »Sehr nett von dir, Sulima, uns zu dieser niederträchtigen Scheherazade zu führen«, kicherte die Sultana triumphierend. »Das erspart uns Zeit. Jetzt können wir euch beide gleichzeitig erledigen!«
    Zu diesem Zeitpunkt begannen sich einige Frauen im Publikum zu beschweren.
    »Wer sind all diese Leute?« fragte eine.
    »Das hier war mal ein schöner, ruhiger Palast«, fügte eine andere hinzu.
    »So etwas wäre zu Mordrags Zeiten nie geschehen«, stimmte eine dritte zu.
    »Wo sind sie hergekommen?« wollte Scheherazade wissen.
    »Oh«, meinte Marjanah nüchtern, »ich nehme an, es gibt dort drüben einen geheimen Eingang.«
    »Oh«, meinte auch Scheherazade und begann zu verstehen. »Das heißt, sie sind auf ähnlichem Weg wie ich hierher
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