Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
hoch geschätzt. Wenn die Orks einen Holzfäller erwischten, der eine Goldbirke fällte, hauten sie ihm zunächst beide Hände mit seinem eigenen Beil ab – bevor sie zu den richtigen Schrecklichkeiten übergingen.
    »Du solltest erst mal sehen, wie schön der Goldene Wald im Herbst ist, Garrett!«, rief Kli-Kli.
    »Hast du das denn schon einmal erlebt?«, fragte Deler.
    Kli-Kli sah den Zwerg mit gespielter Verachtung an. »Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Der Goldene Wald, der das ganze östliche Sagraba einnimmt, ist meine Heimat. Daher sollte es bitte niemanden verwundern, dass ich weiß, wie er im Herbst aussieht.«
    »Übrigens haben wir längst Herbst«, stichelte ich.
    »Wir haben Anfang September.« Kli-Kli schnaubte verächtlich. »Ich spreche aber vom Oktober! Dann solltest du den Wald mal sehen!«
    »Nur dass ich im Oktober gern schon wieder weit weg von Sagraba wäre.«
    »Du Banause!« Kli-Kli schnappte ein.
    »Ist es eigentlich weit bis zu deiner Heimat?«, fragte Lämpler, der ohne sich dessen bewusst zu sein über die frische Narbe auf seiner Stirn fuhr (eine Erinnerung an die Yatagane der Orks).
    »Willst du mich besuchen?« Kli-Kli kicherte fröhlich. »Also, das wären noch drei Wochen, bis du ins Herz der Orklande kommst, von da aus dann noch mal zwei Wochen bis in den tiefsten Wald. Alles Weitere entscheidet das Schicksal. Vielleicht sind ein paar Kobolde geneigt, sich von dir treffen zu lassen. Die Orks haben uns Vorsicht gelehrt und auch ihr Menschen, die ihr uns in der Vergangenheit mit euren legendären Hunden gejagt habt.«
    Kli-Kli wusste, wovon er sprach. In der Vergangenheit hatten die Menschen den Kobolden arg zugesetzt, da sie die kleinen grünen Geschöpfe für gefährliche Monster hielten. Als wir endlich begriffen hatten, dass dem nicht so war, zählte das einst vielköpfige Volk nur noch wenige Stämme.
    »Sag mal, Kli-Kli, stimmt es eigentlich, dass Elfen und Orks zuerst in diesem Wald aufgetaucht sind?«
    »Ja«, antwortete der Narr. »Und sie sind sich auch gleich gegenseitig an die Gurgel gegangen. Die Elfen haben sogar ein Lied darüber gemacht, es heißt Das Märchen vom Gold .«
    »Es heißt Ballade vom weichen Gold «, verbesserte ihn Egrassa.
    »Was spielt das schon für eine Rolle!«, gab Kli-Kli unbekümmert zurück. »Ein Märchen, eine Legende … So oder so wird es in Sagraba keinen Frieden geben, solange auch nur ein Ork am Leben ist.«
    »Kannst du uns diese Ballade nicht vortragen?«, bat Mumr den Elfen.
    »Die wird nicht vorgetragen, sondern gesungen«, erwiderte Egrassa. »Aber das werde ich bei der nächsten Rast gern tun.«
    »Es ist eines der verbotenen Lieder, Cousin«, rief ihm Miralissa, die vom nächsten Baum ein gold-rotes Blatt abriss und es zerdrückte, in Erinnerung.
    »Warum ist es denn verboten?«, wandte sich Kli-Kli an sie.
    »Es ist nicht strikt verboten, es gilt nur als grobe Unhöflichkeit, es in der Gesellschaft von Elfen zu singen. Trotzdem erfreut es sich bei der Jugend großer Beliebtheit, auch wenn sie das Lied heimlich singen, um ihre Vorfahren nicht zu kränken.«
    »Und warum schätzt man dieses Lied nicht?«, fragte Aal.
    »Weil es kein gutes Licht auf die Elfen wirft«, antwortete Alistan Markhouse, der bisher geschwiegen hatte. »Während die Orks recht gut wegkommen. Ich würde die Hälfte meiner Ländereien verwetten, dass sich Menschen dieses Lied ausgedacht haben.«
    »Da irrt Ihr«, widersprach Egrassa. »Das Lied stammt tatsächlich von einem Elfen, er hat es vor sehr langer Zeit geschaffen. Habt Ihr es schon einmal gehört, Mylord?«
    »Ja, in meiner Jugend, von einem Eurer lichten Brüder.«
    »Sie dürfen das Lied singen.« Der dunkle Elf rückte sich den silbernen Reif auf dem Kopf zurecht. »Unsere Artgenossen haben sich von der Magie unserer Vorfahren abgewandt, daher wundert es mich gar nicht, dass sie solche Lieder vor Fremden singen.«
    »Aber du hast doch auch versprochen, uns das Lied vorzutragen!«, stichelte Kli-Kli.
    »Das ist etwas ganz anderes!«, kanzelte ihn der Elf ab.
    Was auch immer die dunklen Elfen behaupteten, letztlich erwiesen sich die Beziehungen zwischen ihnen und den lichten Elfen eben doch nicht als ungetrübt.
    Wir liefen noch drei Stunden, bevor wir zu einer Lichtung gelangten, auf der Kamille wuchs. Das Weiß der Blumen ließ die Fläche verschneit aussehen. Am Rand der Lichtung sprudelte ein Bach über die Wurzeln einer Hainbuche, sodass wir keinen Wassermangel leiden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher