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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition)
Autoren: Dr. Michael Römling
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beiseitegenommen und mit einer ernüchternden Standpauke auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Seine Worte, streng und spöttisch zugleich, klangen Caius noch immer in den Ohren:
Mein Sohn ist auf dem besten Weg, einer von diesen nichtsnutzigen Gockeln zu werden, die aufgeplustert durch die Gegend stolzieren, Titel mit Leistungen verwechseln und Unterwürfigkeit mit Respekt.Was für ein Tribun willst du werden? Einer von denen, die vom Zelt aus Kommandos geben und dabei bretonische Austern und griechischen Wein schlürfen? Und was für ein Senator willst du werden? Einer von denen, die ein paar arbeitslose Schauspieler bezahlen, damit sie bei ihren Ansprachen klatschen? Titel bedeuten nichts, wenn alle wissen, dass du sie geschenkt bekommen hast, weil du aus einer der einflussreichsten römischen Familien kommst. Deine Abstammung ist keine Leistung, sondern ein Ansporn, dir mit echten Verdiensten echten Respekt zu verschaffen!
Nachdem er sich Luft gemacht hatte, war sein Vater versöhnlicher geworden.
Ich habe das in deinem Alter auch nicht verstanden. Und was ich dir gerade gesagt habe, musste ich mir von meinem Vater ebenfalls anhören.
Die Predigt hatte dennoch gesessen.
    Vor einer Woche war sein Vater dann mit der Nachricht nach Hause gekommen, dass er bei Augustus persönlich zu einer Unterredung geladen war, und Caius, sein einziger Sohn, sollte mit. Zuerst war Caius natürlich mächtig stolz gewesen, aber jetzt, wo der Zeitpunkt unaufhaltsam näher rückte, wurde er immer aufgeregter. Er blickte zu der überlebensgroßen goldenen Figur im Triumphwagen auf und seine Selbstsicherheit war wie weggeblasen. Er kam sich auf einmal klein vor – so klein, dass selbst ein paar ägyptische Sklaven ihn mit einer anmaßenden Geste verunsichern konnten.
    »Keine Sorge«, sagte sein Vater jetzt und legte ihm auch die andere Hand auf die Schulter. »Du wirst dich wundern, was der Princeps für ein Mensch ist. Die meisten Leute kennen nur diese Statuen und glauben, er sei so etwas wie ein Gott, und in seiner Umgebung gibt es viele, die so tun, als sei er das wirklich. Er hat diese Schmeichler immer gehasst. Er schätzt es, wenn man offen mit ihm redet. Mehr noch: Er liebt es, wenn man ihm widerspricht. Wenn man so viel erreicht hat wie er und dabei so alt geworden ist wie er, dann wird die Gefahr immer größer, der Selbstherrlichkeit zu verfallen. Dieser Gefahr begegnet er, indem er sich mit Leuten umgibt, die sagen, was sie denken.«
    »Sagst du immer, was du denkst?«
    »Manchmal ist es klug, sich zurückzuhalten. Aber niemals aus Bequemlichkeit. Auch das ist etwas, was mein Vater mir immer wieder gesagt hat.« Quintus machte eine Pause, trat neben seinen Sohn und sah zur Figurengruppe hoch. Caius folgte seinem Blick. »Siehst du die Szene in der Mitte?«, fragte sein Vater und deutete auf den Brustpanzer des goldenen Wagenlenkers. Dort war zwischen anderen Figuren eine Gestalt abgebildet, die Augustus eine Standarte überreichte.
    »Die Rückgabe der Legionsadler, die Crassus bei Carrhae an die Parther verloren hat«, sagte Caius mechanisch, als antwortete er auf die Frage eines Lehrers.
    »Richtig. Über sechzig Jahre ist das her. Crassus war mit sechs Legionen von Syrien aus ins Land der Parther eingefallen. Er glaubte, dass der parthische Feldherr Surenas sich zum Kampf stellen würde. Surenas aber lockte ihn immer weiter ins Land und schließlich in die Wüste.«
    »Ich weiß.«
    »Das will ich hoffen«, erwiderte Quintus. »Mein Vater – dein Großvater – war damals Tribun im Stab von Crassus. Er hielt das ganze Manöver von Surenas von Anfang an für eine Finte. Er hat Crassus immer wieder gewarnt.«
    »Aber der wollte nicht hören.«
    »Hören wollte er schon. Aber nur auf die, die ihm nach dem Mund redeten, anstatt zu sagen, was alle dachten. Er lief Surenas geradewegs in die Falle.«
    »Und am Ende war Crassus tot und drei Legionsadler waren weg«, sagte Caius.
    »Nicht nur die. Dreißigtausend Soldaten waren auch verloren, vergiss das nicht.«
    »Was von beidem war denn schlimmer?«
    »Kommt darauf an. Für Roms Ansehen die Adler. Für dreißigtausend Familien die Soldaten.« Quintus Cornelius Castor wies mit dem Kopf auf die goldene Figurengruppe. »Als der Princeps die Adler vor fast dreißig Jahren von den Parthern zurückholte, hat er damit allerdings mehr Ansehen gewonnen, als Rom durch ihren Verlust jemals eingebüßt hat. Die Rückführung war ein Staatsakt, wie ich selten einen gesehen habe. Ich
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