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Schattennacht

Schattennacht

Titel: Schattennacht
Autoren: D Koontz
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Buster Keaton sie trägt, mir Handschellen angelegt, die Fußknöchel zusammengekettet, mich
im Kofferraum eines alten Buicks eingesperrt, den Buick mit einem Kran angehoben und in eine hydraulische Presse von der Sorte befördert, die einstmals stolze Fahrzeuge in Blechwürfel verwandelt, bei denen man an schlechte moderne Kunst denken muss. Anschließend haben sie den Knopf gedrückt.
    Nur mit der Ruhe! Ich habe nicht die Absicht, euch mit alten Kriegserlebnissen zu langweilen. Die Sache mit dem Buick soll nur verdeutlichen, dass ich zwar gewisse übersinnliche Fähigkeiten habe, aber deshalb noch lange nicht in der Lage bin, zuverlässig die Zukunft vorherzusehen.
    Die erwähnten üblen Typen hatten die eisig glänzenden Augen fröhlicher Psychopathen. Ihre Gesichtsnarben zeugten davon, dass sie zumindest abenteuerlustig waren, und ihr Gang wies darauf hin, dass sie entweder an schmerzhaften Hodengeschwüren litten oder mehrere Waffen in den Hosentaschen stecken hatten. Dass sie eine Bedrohung darstellten, erkannte ich trotzdem erst, als sie mich mit einer fünf Kilo schweren Bratwurst zu Boden schlugen und damit anfingen, brutal auf mich einzutreten.
    Mein Versäumnis ist dadurch zu erklären, dass ich von zwei anderen Typen abgelenkt war, die schwarze Stiefel, schwarze Hosen, schwarze Hemden, schwarze Umhänge und merkwürdige schwarze Hüte trugen. Später erfuhr ich, dass es sich um zwei Schullehrer handelte, die unabhängig voneinander beschlossen hatten, als Zorro verkleidet zu einer Kostümparty zu gehen.
    Im Rückblick – das heißt, als ich bereits zusammen mit zwei toten Rhesusaffen und der Bratwurst im Kofferraum des Buicks eingesperrt war – wurde mir klar, dass ich die echten Schurken schon deshalb hätte sofort erkennen sollen, weil sie alle dieselben flachen, runden Filzhüte trugen. Wie konnte jemand, der alle Tassen im Schrank hatte, nur auf die Idee kommen, drei Typen mit solchen Hüten gute Absichten zu unterstellen?

    Zu meiner Verteidigung wäre immerhin zu sagen, dass ich damals erst fünfzehn war und bei Weitem nicht so viel Erfahrung hatte wie heutzutage. Außerdem habe ich mich, um das noch einmal zu betonen, nie als Hellseher bezeichnet.
    Dass ich nun Angst vor einem Feuer hatte, war vielleicht dasselbe wie mein damaliger Argwohn gegenüber den Zorro-Imitatoren: fehlgeleitet.
    Obwohl die Überprüfung der Haustechnik nicht erkennen ließ, dass ein drohender Brand die Bodachs angezogen hatte, war eine Katastrophe dieser Art dennoch nicht auszuschließen. Kein anderes Ereignis stellte eine derartige Bedrohung für eine große Gemeinschaft geistig und körperlich behinderter Menschen dar.
    Erdbeben waren in den kalifornischen Bergen nicht so häufig und stark wie in den Tälern und Ebenen. Außerdem war das neue Abteigebäude so solide gebaut wie eine Festung, und das alte, in dem sich das Internat befand, war so sorgfältig nachgerüstet worden, dass es selbst heftigen und lang anhaltenden Erdstößen standhalten sollte.
    So hoch in der Sierra lag das Grundgestein nah unter der Erdoberfläche; an manchen Stellen ragten sogar große Granitrippen heraus. Beide Gebäude waren in diesem Gestein verankert.
    Hier gab es keine Tornados, keine Hurrikane, keine aktiven Vulkane, keine Killerbienen.
    Dafür gab es etwas Gefährlicheres: Es gab Menschen.
    Die Mönche in der Abtei und die Nonnen im Internat entsprachen allerdings nicht gerade dem Prototyp eines Schurken. Natürlich konnte das Böse sich mit Frömmigkeit und Güte tarnen, aber es fiel mir schwer, mir vorzustellen, wie jemand von den Brüdern oder Schwestern mit einer Kettensäge oder Maschinenpistole Amok lief.
    Selbst der von Schuldgefühlen wegen seiner KitKat-Sucht geplagte Bruder Timothy machte mir keine Angst, sosehr er
auch von seinem übermäßigen Zuckergenuss aufgeputscht sein mochte.
    Ein geeigneteres Verdachtsobjekt stellte der finstere Russe dar, der im ersten Stock des Gästehauses wohnte. Er trug zwar keinen flachen Filzhut, zeichnete sich jedoch durch seine verdrießliche Miene und sein verstohlenes Verhalten aus.
    Jedenfalls waren meine Monate des Friedens und der Kontemplation zu Ende.
    Die Forderungen, die meine Gabe an mich stellte, die schweigenden, aber hartnäckigen Bitten der hier verweilenden Toten und die schrecklichen Gewalttaten, die ich nicht immer hatte verhindern können – das war es, was mich in die Abgeschiedenheit der Abtei getrieben hatte. Ich hatte mein Leben einfacher gestalten müssen.
    Dennoch
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