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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf
Autoren: John Lescroart
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Innern des Gebäudes, in der riesigen Eingangshalle, herrschte unglaubliches Durcheinander. In einem Babel von Zungen, in dem ein halbes Tausend Menschen drängelnd und schubsend einen Platz in einer der Schlangen zu ergattern versuchten, mischten sich Militäruniformen mit Business-Anzügen und daishikas . Jede Menschenschlange wand sich
ihren Weg zu einem der provisorischen Klapptischschalter, die offensichtlich den Zugang zum Allerheiligsten Bremers und seiner hochrangigen Mitarbeiter kontrollierten. Der Lärm, die Hektik, die stickige Hitze und der allgemeine Gestank nach Mensch attackierten Evans Sinne, sobald er durch die Eingangstür getreten war.
    Nolan schien das alles völlig kaltzulassen. Er hatte keine drei Schritte in das Foyer gemacht, als er Evan am Ärmel zupfte und nach rechts deutete. Darauf drückten sie sich an der Wand entlang an dem ganzen Gedränge vorbei und steuerten auf eine breite nach unten führende Marmortreppe zu. Auf der Treppe herrschte wesentlich weniger Gedränge als im Foyer.
    »Was soll das ganze Gewusel hier?«, fragte Evan, sobald der Lärm etwas schwächer wurde.
    Nolan blieb an der untersten Stufe stehen. »Das sind größtenteils lauter Leute, die einen Tag zu spät und mit einem Dollar zu wenig hier angekommen sind. Ich würde sagen, es sind Jacks Konkurrenten, nur dass die meisten von ihnen auf Subunternehmerverträge von den dicken Fischen aus sind. Grundsätzlich könnte man sagen, dass das ganze Land zum Verkauf steht und Bremer versucht, diesen Vorgang in allen Einzelheiten von diesem Gebäude und von diesen Tischen aus zu verwalten, von denen jeder, ob du’s glaubst oder nicht, für ein anderes Ministerium steht. Siebzehn, zwanzig davon. So genau weiß ich es auch nicht. Und mit, wie du wahrscheinlich sehen kannst, gemischten Ergebnissen. Jeder will ein Stück vom Kuchen. Gott sei Dank sind wir über dieses Stadium hinaus. Das reinste Chaos, findest du nicht?«
    Er wartete jedoch nicht auf eine Antwort, sondern drehte sich um und ging an der Wand entlang weiter. Evan folgte
ihm. Je weiter sie den Gang hinunter gingen, desto weniger Menschen begegneten sie. Nach etwa dreißig Metern bogen sie schließlich um eine Ecke. Ein weiterer Gang, erschreckend leer, lag vor ihnen. Etwa auf halber Höhe saß an einem einsamen Tisch ein Mann in einer Militäruniform, und vor ihm standen drei weitere Männer, offensichtlich Zivilisten. Ansonsten war der Gang leer. Der Lärm und die Hektik aus dem Rest des Gebäudes hallten ihnen bis hierher nach, aber plötzlich fühlte sich Evan psychisch davon entrückt, obwohl der fürchterliche Geruch menschlicher Ausscheidungen immer noch nicht nachgelassen hatte, weil es - trotz der Löcher, wo Fenster hätten sein sollen - keine Belüftung gab.
    Nolan behielt sein Tempo bei. Und nach einem Blick auf seine Uhr und auf die Fensteröffnungen hoch oben in der Wand erhöhte er es sogar. Doch als sie sich dem Schreibtisch näherten, hob er die Hand, um Evan anzuhalten, und begann heftig loszufluchen.
    »Was ist?«, fragte Evan.
    Nolan schimpfte munter weiter. »Natürlich muss ausgerechnet Charlie Tucker Dienst haben, wenn wir es mal eilig haben. Vielleicht hätte dein Sergeant doch um die hundert Dollar wetten sollen.«
    »Wieso? Was ist mit ihm?«
    »Ein richtiger Trottel. Revisor für Luftfahrtfragen. Zu Hause war er, glaube ich, Bibliothekar. Hier ist er Erbsenzähler, aber vor allem nervt er Leute wie Jack und mich, die wirklich etwas bewegen wollen.« Aber langsam begann Evan auch zu begreifen, dass Nolan nicht zu denen gehörte, die sich über Hemmschuhe wie Charlie Tucker oder sonst etwas groß Gedanken machten. Er setzte ein tapferes Lächeln auf. »Aber was jammere ich hier rum«, erklärte er. »Dafür
zahlen sie uns hier einen Haufen Geld. Damit wir etwas erreichen.«
    In der kurzen Zeit, die sie benötigten, um den Schreibtisch zu erreichen, hatte Major Tucker einen der drei Männer abgefertigt, die vor ihm standen. Als darauf der nächste der Wartenden an den Schreibtisch trat, drehte sich der Mann am Ende der kleinen Schlange um, machte einen Schritt auf sie zu und verbeugte sich leicht. »Mister Nolan«, sagte er auf Englisch, aber mit einem starken Akzent, »wie geht es Ihnen, Sir?«
    »Kuvan!« Der offensichtlich aufrichtigen Freude Nolans nach zu schließen, hätte Kuvan sein bester Freund aus seiner Kindheit sein können. Er ging mit ausgebreiteten Armen auf den Mann zu und fasste ihn an beiden Schultern, worauf die zwei
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