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Schattenherz

Schattenherz

Titel: Schattenherz
Autoren: David Farland
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»Aber Ihr dürft Euch doch nicht einmal auf fünfzig Meilen nähern – so hat es der König persönlich angeordnet!«
    Baron Poll erwiderte zufrieden: »Ganz recht. Durch reinen Zufall jedoch sind Borenson und ich gestern in derselben Pritsche gelandet. Und ich muß sagen, einen angenehmeren Bettgenossen hatte ich noch nie.«
    »Ich auch nicht«, brachte Roland vor. »Nicht viele können einem den Rücken wärmen wie der Baron. Der Mann ist groß wie ein Pferd und heiß wie die Esse eines Schmiedes.
    Vermutlich könnte er ein ganzes Dorf über Nacht warm halten. Auf seinen Füßen kann man Fische braten und auf seinem Rücken Ziegel backen.«
    Alles starrte die beiden an wie Verrückte, also gingen Roland und Baron Poll dazu über, lauthals nebensächliche Dinge zu besprechen: das Wetter, das mit den jüngsten Regenfällen die Gicht, unter der Polls Schwiegermutter litt, verschlimmert hatte, oder wie man Wildfleisch am besten zubereitete und so weiter.
    Ein jeder im Raum hielt ein aufmerksames Auge auf die beiden, als könne die friedliche Fassade jeden Augenblick zusammenbrechen und die beiden Männer mit Messern übereinander herfallen.
    Zu guter Letzt versetzte Borenson Baron Poll einen Schlag auf die Schulter und trat nach draußen in den frühen Morgen.
    Um das Dorf Hay herum standen überall auf den Feldern Heuschober, und die Schwarzäugigen Susannen hatten zu dieser späten Sommerzeit eine riesige Größe erreicht. Der Rand der aus dem Dorf hinausführenden Straße war ein Fest in tiefen Gelb-und Brauntönen. Das Land war eben, und das Gras, das den Sommer über emporgeschossen war, leuchtete jetzt verblichen und abgestorben in der Sonne.
    Er stand da und blickte hinauf in den diesigen Himmel. Die Luft war feucht von Morgennebelfetzen. Vulkanasche trieb im Dunst wie Flocken warmen Schnees.
    Baron Poll kam aus dem Haus, gesellte sich zu ihm, strich sich den Bart, starrte in den Himmel. »Hinter diesem ausbrechenden Vulkan steckt Absicht und mächtige Magie«, knurrte er. »Raj Ahten hat Flammenweber in seinem Gefolge, wie ich hörte. Ich frage mich, ob sie in die Geschichte verwickelt sind.«
    Roland hielt es für unwahrscheinlich, daß Flammenweber damit etwas zu tun hatten. Der Vulkan war tief im Süden ausgebrochen, und Raj Ahtens Soldaten standen einhundert Meilen weiter nördlich. Trotzdem schien es Unheil zu bedeuten.
    »Wie war das mit der Anordnung des Königs?« wollte
    Roland wissen. »Wieso dürft Ihr Euch meinem Sohn nicht auf fünfzig Meilen nähern?«
    »Ach, das hat nichts zu sagen«, grinste Baron Poll verlegen.
    »Längst vergessen. Ich würde Euch die Geschichte ja erzählen, aber ich könnte mir denken, Ihr werdet sie noch früh genug von einem fahrenden Sänger hören. Die schildern sie meist ganz treffend.« Baron Poll sah sich ein wenig hilflos um und wischte sich eine heruntergefallene Ascheflocke vom Mantel.
    »Ich habe während der letzten zehn Jahre in Todesangst vor Eurem Jungen gelebt.« Roland fragte sich, was sein Sohn getan hätte, wäre er in den Armen dieses Mannes aufgewacht. »Aber in finsteren Zeiten werden sogar die ärgsten Feinde zu Freunden, was?« philosophierte Baron Poll. »Außerdem können Menschen sich doch ändern, oder nicht?
    Bestellt Eurem Sohn die besten Grüße von mir, solltet Ihr ihn treffen.«
    Sein Gesichtsausdruck erschien Roland wie eine Bitte um Verzeihung, und er hätte sie ihm nur zu gern gewährt, konnte jedoch nicht für seinen Sohn sprechen. »Werde ich tun«, versprach er.
    Ein gutes Stück weiter südlich auf der staubigen Straße jagten fünfzig Ritter nach Norden. Die Hufe ihrer
    Schlachtrösser donnerten über den Erdboden.
    »Vielleicht ist die Straße Richtung Norden doch nicht so gefährlich«, mutmaßte Baron Poll. »Aber hört auf meine Worte. Hütet Euch vor Carris.«
    »Geht Ihr nicht nach Norden? Ich dachte, Ihr würdet mit mir reiten?«
    »Bah«, spie Baron Poll aus. »Ich ziehe in die falsche Richtung. Ich habe einen Sommersitz außerhalb von Carris, daher wollte meine Frau, daß ich ein paar Wertgegenstände fortschaffe, bevor Raj Ahtens Männer das Haus plündern. Ich helfe den Dienern, den Karren zu bewachen.«
    Das schien feige, aber Roland sagte nichts.
    »Ja«, fuhr Baron Poll fort. »Ich weiß, was Ihr denkt. Aber sie werden ohne mich kämpfen müssen. Bis zum letzten Herbst, als zwei meiner Übereigner erschlagen wurden, war ich im Besitz zweier Gaben des Stoffwechsels. Für eine ausgewachsene Schlacht fühle ich mich zu
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