Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattengold

Schattengold

Titel: Schattengold
Autoren: Dieter Buehrig
Vom Netzwerk:
Haschischszene und erspielte sich im ersten Golfclub der Stadt immerhin ein Handicap von – 53. Außerdem pflegte er aus den gleichen beruflichen Interessen seine verwandtschaftlichen Beziehungen zum Bürgermeister.
    Frau Grell, die Sekretärin, liebte Fernsehkrimis. Von daher meinte sie, Erfahrung in das Team einbringen zu können. Herz, Hirn und Erfahrung, das wären doch die Säulen einer erfolgreichen Verbrecherbekämpfung. Erfahrung war überhaupt ihre Stärke. Nach jedem Kriminalfall wechselte sie ihren Liebhaber. Oft zählten die Mitarbeiter im Ordnungsamt und in der Polizeiinspektion zu ihren Opfern. Das trug zur kollegialen Belebung in der Behörde bei. Kroll hatte von all dem natürlich keine Ahnung.
    »Hopfinger, Sie klemmen sich mal hinter das Privatleben des Toten. Ich will alles wissen über den Mann. Und dann recherchieren Sie im Internet über dieses seltsame Wort auf dem Zettel. – Frau Grell, Sie möchte ich bitten, eine Pressemitteilung mit dem Aufruf um Mithilfe der Bevölkerung zu lancieren. – Ich kümmere mich um die Vernehmung der möglichen Tatzeugen.«
    Der Laborbericht über den merkwürdigen Zettel lag am nächsten Tag pünktlich auf seinem Schreibtisch. Er klang kärglich. Das Wort war ganz offensichtlich von einem handelsüblichen portablen Etikettendrucker ausgedruckt worden. Gängige Papiersorte. Alles konventionelle Massenware. Keine Fingerabdrücke. Entweder hatte der Täter Handschuhe getragen oder anderweitig seine Spuren verwischt. Keine Haare. Nur ein paar Fussel reiner Schurwolle. Wahrscheinlich von einem hochwertigen Anzugsstoff.
    Krolls Befragungen einiger Kirchgänger, der Reinemachefrauen und der Verkäuferin hinter dem kleinen Andenkenstand am Eingang des Gotteshauses erbrachten keinerlei Anhaltspunkte.
    Hopfinger stellte fest, dass das Wort ›maty‹ im Ukrainischen vorkommt und ›Mutter‹ bedeutet. Doch inwiefern könnte ein Zusammenhang mit dem Toten bestehen?
    Er durchleuchtete das Privatleben des verunglückten Küsters. Viel brachte er nicht ans Tageslicht. Der Mann galt als verschlossen und ungesellig. Über seine Herkunft und seine Gewohnheiten wusste niemand Näheres. Jedenfalls gab es in seinem Leben offensichtlich keinen Berührungspunkt mit der Ukraine. Man nannte ihn einfach nur ›den Küster, den kaum einer wirklich kannte‹.
    Auf die kurze Zeitungsnotiz hin meldete sich ein Beamter aus dem Kirchenarchiv. Ihm war aufgefallen, dass sich der fragliche Mann in letzter Zeit öfter unter dem Vorwand, die Schlösser und Riegel der Türen zu ölen, in den Archivgewölben herumgetrieben hatte. Doch auch mit diesem Hinweis konnte Kroll wenig anfangen, fehlte doch nichts in den alten Akten. Aber was hatte ein Küster im Kirchenarchiv zu suchen? Diese Frage stimmte Kroll nachdenklich.
    Schließlich erhielt er Besuch von den Eltern eines kleinen Mädchens mit auffallend schönen Mandelaugen. Das Kind wollte anlässlich eines Besuchs zum Tag der offenen Tür eine Schattengestalt gesehen haben, die längere Zeit hinter einer Säule verborgen den Küster beobachtet habe. Dann sei die Gestalt durch eine kleine Tür verschwunden, durch die sich auch der Küster kurz darauf verzogen habe. Kroll fand diesen Hinweis irritierend. Die besagte Tür führte zum Wartungshäuschen der Astronomischen Uhr, nicht zum Tatort. Wo wäre da ein Zusammenhang?
    Sein Gefühl sagte ihm, dass in dieser Angelegenheit noch einige Überraschungen seiner harrten. Also beschloss er, vorläufig abzuwarten, ehe er sich auf eine Theorie festlegte. Für Hopfinger waren Krolls Bedenken reine Fantastereien. Für ihn stand fest: Betriebsunfall.

     

     

Kapitel 2: Die Prüfung

     
    Aina eilte raschen Schrittes durch die engen Gassen. Sie hatte es sich angewöhnt, vorm Gesangsunterricht oder bei Konzerten mit halblauter Kopfstimme einige Einsingübungen vor sich hinzusummen. Die Passanten blickten ihr etwas irritiert nach und schüttelten den Kopf, als meinten sie, die junge Frau müsse vor Liebeskummer wohl den Verstand verloren haben.
    Die aber bemerkte das gar nicht. Normalerweise genoss sie es, durch die altmodisch wirkenden Häuserfronten zu schlendern und vor den Schaufenstern einiger kleiner Butzenläden stehen zu bleiben. Jetzt hatte sie jedoch keinen Sinn für das verträumte Altstadtleben. Schließlich machte sie heute ihre Aufnahmeprüfung im Fach Gesang an der Musikhochschule von Lübeck.
    Der junge Frühling zeigte sich von seiner schönsten Seite. Die Bäume und Sträucher am
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher