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Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)

Titel: Schattenfluch: Druidenchronik. Band 3 (German Edition)
Autoren: Andreas Saumweber
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schon diese geringfügige Bewegung reichte aus, den glimmenden Schmerz neu auflodern zu lassen. Sie biss die Kiefer fest aufeinander und begann, in Gedanken auf sich einzureden.
Reiß dich zusammen, Veronika! Dein Heulen hilft dir hier auch nicht weiter!
Die kleine, kritische Stimme inihrem Hinterkopf hielt gehässig dagegen:
Dein Hartsein aber auch nicht …
Doch es gelang ihr, sich zumindest für den Moment wieder unter Kontrolle zu bringen.
    Immerhin schien sich ihr Bewusstsein langsam zu erholen, denn mittlerweile fielen ihr auch Dinge auf, die sich nicht direkt vor ihren Augen abspielten. Neben ihr hatten ein paar Männer zwei große Tierhäute herbeigetragen und begannen nun, sie auf dem Schnee auszubreiten. An den Beinen der Lederstücke wurden Holzpflöcke in den Boden geschlagen, an denen die Häute aufgespannt wurden, so dass sie sich nicht mehr zusammenrollen konnten. Daneben kauerte ein Mann mit tiefschwarzem, gelocktem Haar und einem zerzausten Vollbart, der einen Dolch aus nachtschwarzem Glas unter seiner Fellweste hervorzog. Fackelschein spiegelte sich matt auf dem Blatt der Waffe. Emotionslos zog er sich die Klinge über die Handfläche und verteilte das hervorquellende Blut über das Glas, bevor er den Dolch vor sich in den Schnee steckte. Langsam beugte er sich nach vorne, den Blick zu Boden gewandt, bis Stirn und Hände den Schnee berührten. Dabei stieß er fremdartige Laute aus, knarrend, wie altes, trockenes Leder.
    Das Geräusch weckte tief in Veronika eine urtümliche, fassungslose Angst, die ihr die kurzen Haare zu Berge stellte und den Schweiß aus all ihren Poren trieb. Ihr Herz begann zu rasen, ihr Mund wurde trocken, ihre Hände begannen zu zittern.
Schattensprache
, erinnerte sie sich. Wolfgang hatte ihr das einmal erzählt.
    Wolfgang …
Die Erinnerung an ihren Geliebten schmerzte sie beinahe noch mehr als die Wunde in ihrem Bauch. Sie würde ihn nicht mehr wiedersehen. Nie mehr. Ihre Liebe hatte nicht viel Zeit gehabt, nur einen einzigen Sommer, den sie mehr getrennt als beieinander verbracht hatten.
    Sie hatte sich so auf den Winter gefreut …
    Der Schatten richtete sich nach seiner kurzen Andacht wieder auf. »Das Opfer«, murmelte er leise. Sie erkannte ihn an der Stimme: Es war Tagaris, der Heilkundige, dessen Unterredung mit den anderen sie belauscht hatte.
    Sie schluckte.
Opfer …
Konnte es sein, dass … Ihr Herz schien für einen Schlag auszusetzen, als sie sich schon auf einem dieser Lederstücke liegen sah, mit aufgerissener Brust, ihr noch immer schlagendes Herz blutig in der Hand des Schattens triumphierend in den Himmel gestreckt …
    Doch als zwei in dicke Mäntel gehüllte Krieger einen zappelnden Mann heranzerrten, wurde ihr klar, dass mit dem Opfer nicht sie gemeint war. Der Gefangene war nackt, das Gesicht von zu vielen Schlägen verquollen und dunkelblau verfärbt. Sie brauchte eine Weile, um Torwald zu erkennen, einen ihrer Hauptmänner. Hatte er sich ergeben, nachdem die Türme gefallen waren? Hatte er auf die Gnade der Schatten gehofft, so wie sie nun darauf hoffen musste? War das etwa das Schicksal, das letztendlich auch ihr bevorstand?
    Sie wollte wegsehen, als die beiden Trollkrieger versuchten, Torwald vor dem Schatten zu Boden zu drücken, doch es gelang ihr nicht. Der norðmaðr keifte und fluchte, er zappelte und biss, schließlich aber gelang es den beiden Trollen, ihn in die Knie zu zwingen. Tagaris murmelte etwas in seiner knarrenden Schattensprache, woraufhin sich Torwald nur noch mehr gegen seine Wächter stemmte. Währenddessen zog sich Tagaris die Kapuze seines Umhangs über den Kopf und verwandelte sich. Binnen Augenblicken magerten seine Hände ab, wurde seine wettergegerbte Haut ledrig grau, wurden seine Fingernägel zu langen, scharfen Klauen. Mit dem Verfall seiner Muskeln änderte sich seine ganze Statur, bis er schließlich zu einem grauen Monster geworden war, das sich ausgezehrt vornüberbeugte.
    Es war die natürliche Gestalt der Schatten. Der Anblick jagte einen weiteren Schauer über Veronikas Rücken.
    Mit einer raschen Bewegung stieß Tagaris seinen schwarzen Dolch nach vorne und schnitt Torwald über die Schläfe. Dickes Blut quoll hervor, der norðmaðr verzog gepeinigt das Gesicht, die Augen vor Entsetzen deutlich geweitet, der Atem in seiner Brust stoßweise und hart. Währenddessen begann der Schatten, mit dem blutigen Dolch feine Symbole auf eines der Lederstückezu zeichnen. Immer wieder tunkte er dazu die gläserne Klinge in
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