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Schattenblume

Schattenblume

Titel: Schattenblume
Autoren: Karin Slaughter
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die Füße. «Ich weiß nicht, was das bringen soll.»
    Sie versuchte es noch einmal mit einem Scherz. «Sex,
    zum Beispiel?»
    «Den kann ich auch woanders haben.»
    Sie zog eine Braue hoch, doch sie verbiss sich den Kom‐
    mentar, der sich aufdrängte. Die Tatsache, dass Jeffrey Sex
    woanders gehabt hatte, war der Grund für ihre Scheidung
    gewesen.
    Er wollte weiterschreiben, doch Sara riss ihm den Stift
    aus der Hand. Sie bemühte sich, nicht verzweifelt zu klingen: «Warum müssen wir erst wieder heiraten, damit es
    funktioniert?»
    Er blickte zur Seite, offensichtlich genervt.
    «Wir waren schon einmal verheiratet, und es hat uns
    fast zugrunde gerichtet», fügte sie an.
    «Ja», sagte er. «Ich erinnere mich.»
    Jetzt zog sie ihren Trumpf hervor. «Du könntest deine
    Wohnung an jemanden vom College vermieten.»
    Er zögerte eine Sekunde, bevor er antwortete. «Warum
    sollte ich so etwas tun?»
    «Du könntest bei mir einziehen.»
    «In Sünde leben?»
    Sie lachte. «Seit wann bist du religiös?»
    «Seit dein Vater mich bekehrt hat», schoss er zurück.
    Seine Stimme war vollkommen humorlos. «Ich will eine
    Ehefrau, Sara. Keinen Betthasen.»
    Die Schärfe seiner Worte tat ihr weh. «Dafür hältst du
    mich also?»
    «Ich weiß es nicht», eine Spur von Reue schwang in sei‐

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    nem Ton mit. «Ich habe einfach deine Launen satt, wenn
    du dich mal wieder einsam fühlst.»
    Sie öffnete den Mund, doch sie konnte nicht sprechen.
    Jeffrey schüttelte entschuldigend den Kopf. «So habe
    ich es nicht gemeint.»
    «Du denkst, ich stehe hier und mache mich zum Nar‐
    ren, weil ich einsam bin?»
    «Im Moment denke ich gar nichts, außer dass ich eine
    Menge Arbeit habe.» Er streckte die Hand aus. «Kann ich
    jetzt meinen Stift wiederhaben?»
    «Ich will bei dir sein.»
    «Du bist hier», sagte er und versuchte, ihr den Stift abzunehmen.
    Sie hielt seine Hand fest. «Ich vermisse dich», sagte sie.
    «Ich vermisse es, mit dir zusammen zu sein.»
    Er zuckte halbherzig die Achseln, doch er zog die Hand
    nicht weg.
    Sie nahm seine Hand und drückte sie an ihre Lippen.
    Sie roch Tinte und die Aprikosenhandcreme, die er be‐
    nutzte, wenn es keiner sah. «Ich vermisse deine Hände.»
    Sie küsste seinen Daumen. «Vermisst du mich überhaupt
    nicht?»
    Jeffrey legte den Kopf zu Seite und zuckte wieder die
    Achseln.
    «Ich will bei dir sein. Ich will ...» Sara sah sich um, um sicherzugehen, dass keiner in der Nähe war. Dann senkte
    sie die Stimme zu einem Flüstern und versprach ihm et‐
    was, wofür jede Prostituierte mit ein bisschen Selbstach‐
    tung ihr Honorar verdoppelte.
    Schockiert klappte Jeffrey der Unterkiefer weg. Er
    presste ihre Hand. «Damit hast du aufgehört, als wir ge‐
    heiratet haben.»

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    «Naja ...» Sie lächelte. «Jetzt sind wir ja nicht mehr verheiratet.»
    Er schien darüber nachzudenken, als laut an die offene
    Tür geklopft wurde. Jeffrey zuckte zusammen, als wäre
    ein Schuss gefallen. Ruckartig zog er die Hand zurück und stand auf.
    Frank Wallace, Jeffreys Stellvertreter, sagte: «Entschul‐
    digung.»
    Jeffrey war sichtlich verärgert, doch Sara wusste nicht,
    ob wegen Frank oder ihretwegen. «Was ist?»
    Frank warf einen Blick auf das Telefon an der Wand:
    «Dein Hörer ist nicht aufgelegt.»
    Jeffrey wartete.
    «Maria sagt, da ist ein Kerl vorne, der nach dir fragt.» Er wischte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. «Hallo,
    Sara.»
    Als Sara ihn ansah, stutzte sie. Er sah aus wie eine lebende Leiche. «Geht es dir nicht gut?»
    Frank rieb sich den Bauch und machte ein unglückliches
    Gesicht. «Falsch gegessen. Chinesisch.»
    Sie legte ihm die Hand auf die Stirn. Seine Haut war
    feucht. «Du bist wahrscheinlich dehydriert», sagte sie und griff nach seinem Handgelenk, um ihm den Puls zu fühlen. «Trinkst du genug?»
    Er zuckte die Achseln.
    Sie folgte dem Sekundenzeiger ihrer Uhr. «Hast du dich
    übergeben? Durchfall?»
    Bei der letzten Frage wand er sich unbehaglich. «Wird
    schon wieder», sagte er, auch wenn er nicht danach aussah.
    «Du siehst dafür toll aus heute.»
    «Schön, dass es wenigstens einer bemerkt», sagte Sara
    und warf Jeffrey einen Blick von der Seite zu.

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    Jeffrey klopfte nervös mit den Fingern auf den Tisch.
    «Geh nach Hause, Frank. Du siehst beschissen aus.»
    Frank war offensichtlich erleichtert.
    Sara rief ihm nach: «Wenn es dir morgen nicht besser
    geht, ruf mich an.»
    Er nickte. «Vergiss den Kerl am Tresen nicht.»
    «Wer ist es
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