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Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter

Titel: Schattenbluete - Band 2 - Die Waechter
Autoren: Nora Melling
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Ordensführer aller Zeiten, stehe nur noch zwei Stufen unter den Ratsmitgliedern vor mir.
    Der Beamer wirft die erste Abbildung an die makellos weiße Marmorwand. Dann beginne ich und lege ihnen in wenigen Worten, mit Abbildungen historischer Schriften aus unseren Archiven untermalt, dar, warum ich sie alle hier für engstirnige, langweilige Sesselhocker halte.
    «Wir vom Orden Shinanim sind die Erben des Engels der Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Sachiels Blut fließt durch unsere Adern, eure und meine. Wir helfen den Menschen, wenn ihnen Schreckliches widerfährt. Wir lassen sie Mitleid empfinden.» Ich nicke Sebastian zu, der für Spendenaktionen nach Naturkatastrophen zuständig ist. «Wir sorgen dafür, dass sie sich gegenseitig trösten.» Mein Blick geht zu Miriam, die entsprechend veranlagten Menschen die Ideen eingibt, Selbsthilfegruppen zu gründen. Claudia, die sich darum kümmert, dass Verbrechensopfer die richtigen Leute treffen, die sie dabei unterstützen, im Leben wieder Fuß zu fassen.
    «Hier sitzen die fähigsten Leute dafür, entstandenes Unheil für die Menschen zu lindern. Doch wir haben niemanden unter uns, der es aktiv zu verhindern versucht. Ich will das tun.»
    «Was willst du tun? Dafür sorgen, dass die Vulkane nicht mehr ausbrechen, und das Meer daran hindern, die Küste zu überspülen?», fragt Sebastian. Natürlich. Mit Widerspruch habe ich gerechnet.
    «Ich kann wohl kaum in den großen Plan eingreifen. Das ist auch nicht mein Ziel.» Dann zeige ich die nächste Graphik. Kitsch, von mir aus. «In früheren Zeiten erzählten sich Menschen von Schutzengeln. Sie hatten Vertrauen in die Zukunft, denn sie fühlten sich behütet von solchen wie uns, die unerkannt an ihrer Seite wachten. Es wird Zeit, diese Legenden neu zu beleben. Wir haben nicht umsonst von unseren Ahnen besondere Kräfte geerbt. Doch damit geht auch eine besondere Verantwortung einher.»
    «Wir sind nicht wie unsere Ahnen», unterbricht mich Claudia. «Unser Blut verwässert seit Tausenden von Jahren von Generation zu Generation. Unsere Kräfte sind nur noch ein kläglicher, armseliger Rest dessen, was die, die du Schutzengel nennst, einst besaßen.»
    «Dann müssen wir wieder lernen, mit diesem kläglichen Rest umzugehen. Wir sind nicht schwach. Wir können die Menschen nicht nur vor den Folgen von Verbrechen und Unfällen schützen, sondern vor dem Unheil selbst.»
    «Und wie soll das deiner Meinung nach geschehen?», fragt Josias.
    Helligkeit umfließt meine Fingerspitzen, aber diesmal achte ich nicht darauf. Sollen sie doch ruhig sehen, wie ich für diese Idee brenne. «Ich werde eine neue Sparte des Ordens gründen. Hier in Berlin. Wir werden uns unter die Menschen mischen, durch die Straßen ziehen und eingreifen, wo Unrecht geschieht. Wir werden den Menschen den Frieden und das Vertrauen in die Welt zurückgeben.»

[zur Inhaltsübersicht]
    3. Luisa
    Reglos, als hätte er versucht, ins Tannengebüsch zu kriechen, liegt da bäuchlings ein Mensch. Seine Beine sind ausgestreckt, als hätte er auf halbem Weg erschöpft aufgegeben. Seinen Oberkörper, verborgen von den Zweigen, kann ich nicht sehen. Ich versuche, mich aus Thursens Griff zu winden, will näher heran.
    «Nicht!», kratzt Thursens Stimme in meinem Ohr. Leise, als müsste er sich die Worte mit aller Kraft aus der Kehle quälen. «Geh da nicht hin!»
    Was soll das? «Wir müssen ihm doch helfen!» Mein herumirrendes Taschenlampenlicht bricht sich in einer leeren Wodkaflasche auf dem Boden, als ich mich losmache. Entschlossen gehe ich auf die Tannen zu. Komme nur einen Schritt weit, dann ergreift Thursen wieder meinen Arm. «Tu dir das nicht an, Luisa!»
    Ich ahne, was er meint, doch er muss sich irren. «Er ist garantiert nicht tot! Kannst du an nichts anderes denken? Es ist Silvester! Da liegen genug Leute total betrunken rum!»
    «Hier? Mitten im Wald?»
    «Vielleicht hat er sich verirrt?» Keine Ahnung, wo die nächste Straße ist. «Guck mal, die Wodkaflasche! Bestimmt ist er nur betrunken. Thursen, es ist schweinekalt! Er erfriert, wenn wir ihm nicht helfen.»
    Thursen holt Atem. «Der Mann ist tot.»
    Nein. Keine Toten mehr. Dies ist ein neues Jahr. Leute sterben nicht so einfach, versuche ich mir einzureden. Menschen werden krank, haben Unfälle, doch dann wird ihnen geholfen, und sie bleiben am Leben. «Woher willst du das wissen? Du warst doch kaum eine Minute bei ihm!» Ich will mich freikämpfen. Doch Thursen hält mich fest. Krallt sich in
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