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Schatten eines Gottes (German Edition)

Schatten eines Gottes (German Edition)

Titel: Schatten eines Gottes (German Edition)
Autoren: Jutta Ahrens
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gepackt und zurückgerissen. »Törichtes Weib!«, zischte er. »Einer ist ja noch da. Sieh zu, dass du ihn heil dem Meister bringst.«
    »Du reden viel Mist!«, brüllte Vanisha und versuchte, ihm das Gesicht zu zerkratzen. »Dein Meister ganz egal für mich. Ich will Sarmad!«
    Der Kutscher versuchte, Vanisha zu bändigen, die nach ihm schlug und mit den Füßen nach ihm trat. »Beruhige dich, Frau! Wir können nichts tun, gar nichts. Das Unwetter schicken die Götter. Und manchmal wollen sie ein Opfer. Steig jetzt in die Kutsche!«
    Vanisha rührte sich nicht, und der Kutscher musste sie mit Gewalt in den Wagen stoßen. Doch sie hatte keine Kraft mehr, sich zu wehren. Als sie die Aussichtslosigkeit ihrer Lage erkannte, nahm sie den kleinen Sinan, zog ihn an ihre Brust und stieß kleine, schrille Klagelaute aus.
    »Können wir jetzt weiterfahren?«, fragte der Kutscher kühl.
    Vanisha antwortete nicht.
    »Gut. Ich glaube, wir befinden uns in der Nähe von Ebersbach. Leider können wir dort nicht rasten, wir müssen den Ort umfahren. Aber danach ist es nicht mehr weit. Haben wir erst den Grenzbach überschritten, werden wir bald auf die Handelsstraße treffen.«
    ***
    Nachdem Vanisha gegangen war, hatte Graf Rüdiger sich betrunken. Als er erwachte, war schon heller Tag. Er rieb sich die Augen und hielt sich den schmerzenden Schädel, aber daran war er gewöhnt. Sein Blick fiel auf das Lager neben ihm. Vanisha? Wo war sie? Langsam kam ihm die Erinnerung. Sie war mit Kilian gegangen wegen der kranken Bälger. Da würde sie lange ausbleiben. Aber wenn Vanisha bis zum Abend nicht zurück war, würde er ihn schicken, sie zu holen. Noch eine Nacht würde er nicht auf sie warten. Aber das hatte Zeit. Zuerst brauchte er etwas zu essen und einen tüchtigen Schluck Wein.

Emanuels Rast
    Den halb von Brombeerbüschen zugewachsenen Pfad, der sich einige Schritte hinter dem Gasthaus ›Buchenklause‹ durch sumpfige Wiesen schlängelte, hätte Bruder Emanuel glatt übersehen, wäre ihm nicht der aus dem Gestrüpp ragende Rest eines morschen Wegweisers aufgefallen. Er war wohl schon vor Jahren umgesunken. Der Mönch zerrte das Schild aus den Dornen. An der letzten Wegkreuzung hatte er die falsche Richtung eingeschlagen. Vielleicht würde ihm das hier weiterhelfen. Die verwaschene Schrift war gerade noch zu entziffern: Ebersbach.
    Nein, das war wohl nicht der richtige Weg nach Köln, aber der Name rief eine Erinnerung in ihm wach. War das nicht der Ort, den Bruder Andreas erwähnt hatte? Hier in diesem düsteren Wald musste es passiert sein, irgendwo in dem Dickicht hatte er ihn gefunden. Ein eiliger Engel habe ihn fallen lassen, hatte Bruder Andreas ihm später erklärt. Ein freundlicher Mann, nun schon seit einigen Jahren tot. Wer mochte dieser eilige Engel gewesen sein? Gewöhnlich hielt Emanuel solche Gedanken für Zeitverschwendung, doch nun hatte der Name Ebersbach Vergrabenes aufgewühlt, und er musste sich einmal mehr der beiseitegeschobenen Frage stellen: Wer bin ich?
    Seine Blicke suchten den Horizont ab. In der Ferne sah er die Zinnen einer Burg aufragen. Sie erinnerten ihn an die Zähne eines riesigen Raubtieres. Es dunkelte bereits, aus den umliegenden Feuchtwiesen und Mooren stieg Nebel. Emanuel zog seinen Reisemantel fester um die Schultern und spähte in das Unterholz. Es war wohl sinnvoller, die Nacht in dem Gasthaus zu verbringen.
    Aus den mit dünnem Pergament verkleideten Fenstern fiel ein gelblich-trüber Schein, er hörte Stimmen aus dem Gastraum. Gerade verschwand auch der letzte Rest Tageslicht. Emanuel schob die niedrige Holztür auf. Die Gaststube wurde nur spärlich von einigen Unschlittkerzen erhellt, die verteilt auf den Tischen standen. Es roch nach frischem Sägemehl, das den Boden bedeckte, nach geräuchertem Fleisch und abgestandenem Bier. An den Tischen saßen Männer und starrten ihn an. Einfache Leute aus der Umgebung.
    »Gelobt sei Jesus Christus«, murmelte Emanuel und sah sich nach einem freien Platz um.
    Die Männer brummten etwas und widmeten sich wieder ihrem Bier und ihren Würfeln. Es war nur ein Mönch, mit dem man weder saufen noch ihn beim Spiel um etwas Kupfer erleichtern konnte.
    Hinter dem Tresen tauchte eine Frau auf. »Was soll’s denn sein, Pater«, fragte sie, während sie ihre Hände an einer speckigen Schürze abwischte und an seinen Tisch trat. Die Ärmel ihrer Bluse waren bis zu den Ellenbogen aufgerollt und entblößten starke, knochige Arme.
    »Etwas Warmes zu essen und
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