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Schalom

Titel: Schalom
Autoren: Carl Hanser Verlag
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als wäre sie eine Feder, die in der Luft schwebt.
    Dann stand Menachem auf, und plötzlich war er sogar größer als Gil. Schweigend sah sie ihn an. Er begann einen seltsamen Tanz um sie zu tanzen, er bewegte die Arme und deutete in verschiedene Richtungen, als gäbe er irgendwelchen Leuten, die sie nicht sah, Anweisungen. Obwohl sein Benehmen etwas seltsam war, war sie nicht überrascht. Auch nicht, als er sich zu ihr setzte und etwas flüsterte, das sie nicht verstand, und gleich darauf aufsprang und losrannte. Ihr war klar, dass es unumgängliche Dinge waren, die Menachem unbedingt erledigen musste, um sie mit sich zu nehmen. Sie merkte nicht, wie die Zeit verging, während sie stumm dalag und auf seine Rückkehr wartete. Noch wusste sie ja nicht, wie man das alles hier verließ, aber Menachem wusste es, und sie hatte ihm immer vertraut.
    Aus der Ferne kam ein Licht auf sie zu, ein Auto, das starkes Licht auf sie warf. Noch bevor der Wagen hielt, sprang Menachem heraus und trieb die Menschen, die er mitgebracht hatte, zur Eile an. Seine Befehle drangen nicht zu ihren Ohren, für sie lief alles lautlos ab, und sie fragte sich verwundert, warum alle ihm gehorchten.
    Sie kamen zu ihr, legten ihren Körper, ohne sie wirklich zu berühren, auf eine Art Bett und trugen sie sofort zu dem leuchtenden Wagen.
    Es hätte zu Menachem gepasst, wenn er auf einer Seite des Wagens Avri, Vicky und die Kinder aufgestellt hätte und auf der anderen Seite Jaki und seine Frau mit Gil und seinen Geschwistern, die sie nicht kennengelernt hatte, und Jaki hätte gerufen: »Meine Mutter, meine Mutter, du Wagen Israels und sein Gespann.« 14 Nun gut, auch die erhabensten Momente konnten nicht perfekt sein.
    Einen Moment noch sah sie den Himmel voller Sterne, der sich über sie spannte, dann wurde sie mit dem Bett in den Wagen geschoben und alles, was sie sah, war weiß.
    Menachem setzte sich neben sie und hielt ihre Hand, die beiden Sanitäter, die die Bahre getragen hatten, schlossen die Tür und beeilten sich, vorne im Auto Platz zu nehmen.
    Menachem sprach zu ihr, aber sie verstand ihn nicht und konnte nur die Finger um seine Hand schließen. Sie hörte nicht das Rattern der Räder, sie spürte nur noch ein angenehmes Zittern in ihrem Rücken, sie ließ sich fallen, begab sich in seine Hand.

 
     
    Der Autor
     
    Avram Kantor wurde 1950 in Haifa geboren und wuchs im Kibbuz Mizra auf. Nach einem literaturwissenschaftlichen Studium arbeitet er als Schriftsteller, Verleger und Übersetzer (aus dem Deutschen und Englischen). Er schreibt Romane und Erzählungen für Erwachsene und junge Leser. Sein Jugendroman »Die erste Stimme« ist 2008 bei Hanser erschienen und erhielt die Auszeichnung »Die besten 7 «.
     
     
    Die Übersetzerin
     
    Mirjam Pressler (Jahrgang 1940 ) ist eine der renommiertesten Übersetzerinnen aus dem Hebräischen, dem Niederländischen und dem Englischen. Für ihr übersetzerisches Gesamtwerk wurde sie 1994 mit dem Sonderpreis des Deutschen Jugendliteraturpreises ausgezeichnet. Der Sonderpreis für ihr literarisches Gesamtwerk folgte 2010 . Sie hat auch Avram Kantors Jugendroman »Die erste Stimme« übersetzt.
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