Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schadensersatz

Schadensersatz

Titel: Schadensersatz
Autoren: Sara Paretsky
Vom Netzwerk:
Masters den Mund aufmachte, würde er McGraw verpfeifen, und ich wollte noch mit ihm sprechen, bevor ihn Mallory aufsuchte.
    »Hör mal«, schlug Murray vor. »Wir treffen uns im Ritz in der Halle, dann kannst du mir auf dem Weg alles Weitere erzählen, und ich kriege ein paar herzzerreißende Fotos von dem raubeinigen alten Gewerkschaftsboss, wie er seine heimgekehrte Tochter in die Arme schließt.«
    »Das ist keine gute Idee, Murray. Wir treffen uns in der Halle. Dort setze ich dich in groben Zügen ins Bild. Wenn Anita dich dabeihaben möchte, kannst du mitkommen - aber ich würde an deiner Stelle nicht so fest damit rechnen. Mach dir keine Sorgen um deine Story: Die Stadt wird dir auch so zu Füßen liegen.«
    Ich legte auf und verließ das Krankenhaus. Mir stand noch eine Unterredung mit Bobby bevor. Als der Krankenwagen eingetroffen war, war ich mit Lotty und Ralph mitgefahren, und Mallory hatte mir vor lauter Geschäftigkeit nur zurufen können: »Ich muss mit dir reden!«, als ich durch die Tür wischte. Heute Abend war ich dazu nicht im Stande. Jill würde sich wieder erholen; wenigstens ein Lichtblick. Aber die arme Anita - doch ich war es ihr schuldig, sie vor dem Eintreffen der Polizei zu ihrem Vater zu bringen.
    Das Ritz war vom Krankenhaus nur vier Querstraßen entfernt. Die Nacht war klar, die Luft schmeichelnd und mild. Ich sehnte mich im Moment nach mütterlicher Fürsorge und hieß die Nacht wie einen vertrauten Freund willkommen, als sie mich mit ihren dunklen Armen umfing.
    Die Hotelhalle des Ritz, feudal und diskret, schwebte zwölf Stockwerke über der Straße. Ihre Luxusatmosphäre vertrug sich nicht mit meiner Stimmung, und auch ich selbst passte nicht sonderlich gut hierher. Die Spiegelwände des Aufzugs hatten mir mein Bild gezeigt: das Haar zerzaust, Jacke und Hose blutbespritzt. Während ich auf Murray wartete, rechnete ich jeden Moment mit dem Hausdetektiv. Sie tauchten beide gleichzeitig auf.
    »Entschuldigen Sie, Madam«, sagte er höflich. »Würde es nen etwas ausmachen, mir zu folgen?« Murray lachte. »Tut mir leid, Vic, aber daran bist du selbst schuld.« Er wandte sich an den Hausdetektiv: »Ich bin Murray Ryerson, vom Star. Die Dame heißt V. I. Warshawski und Privatdetektivin. Wir wollen nur einen Ihrer Gäste abholen, dann verlassen wir das Haus.«
    Der Detektiv besah sich stirnrunzelnd Murrays Presseauseis und nickte dann. »In Ordnung, Sir. Madam, würden Sie sich bitte zur Rezeption bemühen und dort warten?« »Gern«, sagte ich höflich. »Mir ist klar, dass Ihren Gästen nicht mehr Blut zugemutet werden kann, als in einem durchschnittlichen Tatarbeefsteak enthalten ist ... Aber vielleicht könnte ich mich etwas frisch machen, während Mr. Ryerson auf Miss McGraw wartet?«
    Erleichtert führte mich der Detektiv zur Privattoilette des Geschäftsführers. Ich säuberte mich vom gröbsten Schmutz und wusch mir das Gesicht. In einem Schränkchen über dem Waschbecken fand ich eine Bürste, mit der ich meine Frisur wieder einigermaßen in Form brachte. Danach hatte sich ein Äußeres merklich verbessert; möglicherweise genügte es noch nicht ganz den Ansprüchen des Ritz, doch zumindest würde ich nicht wegen meines Aussehens hinauskomplimentiert .
    Als ich zurückkam, wartete Anita mit Murray in der Halle, Sie warf mir einen zweifelnden Blick zu. »Murray sagt, ich sei außer Gefahr?«
    »Ja. Smeissen, Masters und Smeissens Killer sind verhaftet. Möchten Sie mit Ihrem Vater reden, bevor er ebenfalls verhaftet wird?« Murray blieb der Mund offen stehen. Ich legte ihm die Hand auf den Arm, um ihn am Reden zu hindern.
    Anita überlegte einen Moment. »Ja«, erklärte sie schließlich. »Ich habe heute darüber nachgedacht. Sie haben Recht — je länger ich es vor mir herschiebe, desto unerträglicher wird es.«
    »Ich komme mit«, verkündete Murray.
    »Nein«, wehrte Anita ab. »Nein, ich will nicht, dass das alles durch die Zeitungen geht. Sie bekommen Ihre Story später von Vic. Aber diese Sache erledige ich ohne Reporter.«
    »Du hast's gehört, Murray«, sagte ich. »Wir treffen uns dann später. Du findest mich - ja, wo denn? Sagen wir, in meiner Stammkneipe in der Stadt.«
    Anita und ich gingen auf den Lift zu. »Und wo ist das?«, fragte er, uns folgend.
    »Ecke Federal/Adams Street- im Golden Glow.«
    Ich rief ein Taxi und ließ uns zu meinem Wagen bringen. Ein übereifriger Beamter - vermutlich der, der mit der Überwachung der Eingangshalle betraut war - hatte mir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher