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Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman

Titel: Scarlett – Die Liebe hat Augen wie Eis, der Tod hat Augen wie Feuer: Roman
Autoren: Barbara Baraldi
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Geschwätz anhören musst, dass du ganz in die meditative Betrachtung der Stille versunken bist!«
    Caterina geht auf diese Spitze gar nicht weiter ein, sie hebt nur stumm die Hände und verweist darauf, dass ihre Lippen versiegelt sind.
    »Hallo Mädels! Na, amüsiert ihr euch?«, mischt sich Umberto von hinten in unser Gespräch, und Caterina, die hier nicht mit ihm gerechnet hatte, wird auf einmal rot wie eine Tomate. »Na klar! Und du?«, flötet sie.
    »Ja, alles super, sieht man das nicht?«
    »Waren deine Lippen nicht gerade noch versiegelt?«, stichelt Genziana.
    Caterina tut so, als hätte sie nichts gehört, und schlägt die Beine sittsam übereinander.
    »Und Cat, ist Mathe für dich immer noch Ansichtssache?«, fragt Umberto und zeigt dazu sein schönstes Lächeln.
    Caterina stammelt: »Nach deinen Nachhilfestunden bin ich deutlich besser geworden.«
    »Gut. Dann kann ich ja, wenn sich meine Zukunftspläne zerschlagen, immer noch eine Karriere als Privatlehrer anstreben.«
    »Und du kannst immer auf eine treue Kundin zählen«, sagt Genziana.
    Caterina kneift sie in den Arm.
    »Scarlett, möchtest du gern noch weitere ›Wunder‹ von San Carlo besichtigen? Sagen wir … morgen in der Pause?«
    Da mich Umbertos Vorschlag unvorbereitet trifft, werde diesmal ich rot. »Okay«, sage ich.
    Zum Glück ertönt jetzt die Klingel und erlöst mich aus der Verlegenheit. Umberto verabschiedet sich von uns, und wir drei gehen Richtung Klasse. Caterina ist wieder schweigsam geworden.

5
    U nterrichtsschluss! Ich brauchte dringend Ruhe, daher habe ich mich hierhin geflüchtet. Ich wandere umher und schaue mich begeistert um. Bücher. Berge von Büchern oder besser gesagt, jede Menge Bücherregale, die Gänge bilden, in denen die Werke nach einem wissenschaftlichen System geordnet sind. Das reinste Paradies. Lesen ist meine Flucht, nur zu gern verschwinde ich in unbekannte Welten, Abenteuer und Gefühle. Nach einem wütenden Streit mit meiner Mutter, nach einer großen Enttäuschung oder wenn ich mich einfach ohne erkennbaren Grund so fühle, als würde mir ein Stückchen aus dem Herzen fehlen, dann flüchte ich mich in ein Buch. Das war schon immer so.
    Oma Evelyn mit ihren Gutenachtgeschichten hat mir beigebracht, Geschichten zu lieben, die man Seite an Seite mit ihrem Helden durchleben kann. Ganz egal, ob Liebes-, Abenteuer- oder Gruselgeschichten. Es zählt nur, dass man der Realität entfliehen kann. Manchmal nur für kurze Augenblicke, manchmal für lange Stunden, die ganz allein mir gehören und mich untrennbar mit demjenigen verbinden, der sich diese Geschichte ausgedacht hat, und mit der Figur, die sie in dieser Welt aus Papier und Träumen erlebt hat und dort für immer leben wird.
    Ich habe noch nie eine so gut bestückte Bibliothek gesehen. Von englischer Literatur über die des Mittleren Orients, Bücher in Übersetzung oder in der Originalsprache, Fachbücher und Belletristik mit einer ganzen Thriller-Abteilung. Oma würde ausflippen. Sie liebt Krimis, meist weiß sie schon nach den ersten paar Seiten, wer der Täter war. Keine Ahnung, wie sie das macht.
    Ich gehe durch den langen Gang aus hell gemasertem Marmor, auf dem in Abständen schwere Tische aus Nussbaumholz stehen, an denen Schüler sitzen, die still lesen.
    Stille, was für ein schönes Wort. Vor allem, nachdem so viele Eindrücke auf mich eingestürmt sind.
    Ich gelange in einen kleinen Raum, in dem ein DVD-Player steht. Unglaublich, es gibt sogar Nightmare before Christmas , den Film, aus dem ich den Namen für meinen Glücksbringer habe, Sally. Mir wird bewusst, dass ich über das ganze Gesicht strahle wie ein kleines Kind.
    Als ich wieder in den Hauptgang zurückkehre, möchte ich am liebsten über den glänzenden Boden schlittern wie auf einer Eislaufbahn. Von hier aus kann ich die gesamte Bibliothek überblicken, und ich stelle fest, dass es ein weiteres Stockwerk mit einer Galerie gibt. Dort oben sind noch mehr Bücher, sie werden in Bücherschränken aus Massivholz mit Intarsienarbeiten aufbewahrt, die aus einem Gemälde des neunzehnten Jahrhunderts stammen könnten. Eine Wendeltreppe führt nach oben. Ich gehe durch einen engen Gang, der zwischen zwei Regalen hindurchführt, die von den Vertretern der Aufklärung überwacht werden. Ich lese einige Titel auf den Buchrücken, die an die Vernunft appellieren und gemahnen, aus dem metaphorischen Dunkel der Unwissenheit zu treten. Auf diese Weise nähere ich mich der Treppe. Doch leider ist
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