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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition)
Autoren: John Maylynn
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antwortete. Elisa raufte sich die Haare, schnellte vor, verkrallte sich in der Kreuzabnahme und zerkratzte kreischend die hellen Stellen des Gemäldes.
    Jemand riss die Zimmertür auf.
    Elisa wirbelte herum. Eine eigenartige Ruhe erfasste sie. »Frau Doktor Bachmann, Sibylle!«
    »O mein Gott!«
    »Wer bin ich? Sibylle, wer bin ich?«

2.
     

Psychiatrische Privatklinik
»Sanatorium Hardegg«
Interlaken, Schweiz
24. Oktober 2008
     
     
    U lrike saß an ihrem Schreibtisch im Schwesternzimmer, die Ellbogen auf die Tischplatte gestützt und massierte sich die Schläfen. Ihr war übel, aber sie wusste genau, warum.
    Durch die Glasscheibe beobachtete sie die Patienten im Wohnraum der Station C3. Sie lächelte Luise zu, die im Bademantel mit einem Pfleger aus der klinikeigenen Sauna kam. Die 50-Jährige hatte nicht vor, ihr Luxusleben auf der Station in absehbarer Zeit aufzugeben. Um diese frühzeitig ergraute Witwe, die den plötzlichen Tod ihres Gatten nicht verkraftet hatte und seitdem unter Depressionen litt, anfangs verbunden mit Suizidgefahr, brauchte Ulrike sich momentan keine Sorgen zu machen.
    Das Gewissen plagte an anderer Stelle und obwohl sie Grund genug hätte, es einfach zu ignorieren und sich wohl und glücklich zu fühlen, kam es ihr seit einigen Stunden vor, als legte sich eine unsichtbare Fessel immer enger um ihren Hals.
    Sie schrieb einige Notizen und stellte den Dienstplan für die kommende Woche zusammen. Immer wieder hielt sie inne, ihre Gedanken glitten ab zu einer angenehmen Erinnerung, die sie stets von ihren Skrupeln befreite. Leise lächelte sie in sich hinein, als sie an die Summe dachte, die sich von einem ehemaligen Patienten auf ihrem Nummernkonto häufte. Vor einigen Jahren war er als geheilt aus dem Sanatorium entlassen worden.
    Ulrike war damals hin und her gerissen zwischen Freude und Entsetzen. Über lange Zeit hinweg hatte sich Bernhard immer wieder Freigänge erkauft, von denen außer ihm und ihr niemand wusste. Jedes Mal nahm sie einen Umschlag entgegen, dem anzufühlen war, dass sich ein dickes Bündel Geldscheine darin befand. Dafür ebnete sie ihm den Weg nach draußen und ließ ihn in den frühen Morgenstunden zurück in sein Zimmer schlüpfen. Anfangs hatte sie die Nachtschichten hindurch gezittert und sich mit Vorwürfen gemartert, doch nach und nach nahm ihre Furcht ab, weil Bernhard immer zurückkehrte. Nach jedem dieser Ausflüge zierten am nächsten oder übernächsten Tag Schlagzeilen wie »Rosenplünderer hat wieder zugeschlagen« oder » Wieder eine Nacht der Rosen« die Titelseiten der Lokalzeitungen. Ihr war nicht klar, wie Bernhard es schaffte, nicht nur ungesehen das Sanatoriumsgelände zu verlassen und zurück zum Haus 3 zu gelangen, sondern ebenso unbemerkt innerhalb weniger Nachtstunden zahlreiche Gärten zu plündern, in denen er ausschließlich die Rosensträucher ihrer Köpfe beraubte und Hunderte auf den Stufen der Dorfkirche verteilte. Den Grund für diese merkwürdige Manie bekam sie nie heraus.
    Sie ließ sich diverse Ausreden einfallen, wie sie es begründen könne, dass Bernhard während ihres Dienstes aus der Station entwischt war, sollte er eines Tages ertappt werden. Eine war, dass er sich einen Zweitschlüssel zur Haustür besorgt haben müsse und vorsichtshalber hatte sie einen solchen in einem Schlitz unter dem Fensterbrett in Bernhards Zimmer deponiert. Dieser war so gut versteckt, dass ihn nicht einmal die Putzfrauen gefunden hatten.
    Ulrike atmete durch und streckte sich. Das alles lag lange zurück. Sie war knapp über 30 gewesen, als sie ihren Job als Pflegeschwester in Hardegg angetreten hatte. Damals hatte sie versucht, an jeder Ecke zu sparen, so viel zusammenzukratzen, dass sie ihren Sohn Marlon aus dem staatlichen Behindertenheim in eine private Heilanstalt hätte überweisen lassen können. Ihr größter Wunsch war es, ihn zurück nach Hause zu holen, doch mit ihrem Schwesterngehalt war das bis heute nicht möglich.
    Sie seufzte. Das Lottospiel hatte sie aufgegeben, als ihr Mann Rolf sie nach Marlons Geburt sitzen ließ.
    »Ulrike!«
    Erschreckt fuhr sie auf. Im Wohnraum war alles ruhig, nur einige Patienten schauten verständnislos umher. Wer rief, besser gesagt schrie fast nach ihr?
    »Schwester Ulrike. Kommen Sie!«
    Sie erkannte die Stimme von Dr. Sibylle Bachmann. Mit einem Satz sprang Ulrike vom Stuhl und eilte in Richtung der Privatzimmer, stürmte den Flur entlang auf die offene Tür von Elisas Zimmer zu. O nein, o nein, dachte
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