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Sarahs Moerder

Sarahs Moerder

Titel: Sarahs Moerder
Autoren: Andrej Longo
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lächelte traurig. Ich ging zu ihr und umarmte sie. Sie drückte mich fest, und ich spürte, wie ihre Schultern zitterten. So blieben wir schweigend stehen. Dann hatte sie sich beruhigt, und ich löste mich vorsichtig von ihr.
    Ich schaute ein letztes Mal in die Grube und ging weg.
    Ein Windstoß warf einen Blumentopf auf die Erde. Ein Priester rannte vorbei, hielt mit einer Hand seine Kutte fest und mit der anderen seinen Hut.
    Bevor ich vom Friedhof wegging, drehte ich mich nochmal um.
    Der Mann im Trainingsanzug schaufelte Erde auf das Grab. Sarahs Mutter hatte eine dunkle Sonnenbrille aufgesetzt und stand still und reglos mit verschränkten Armen da. Eine Frau neben ihr tröstete sie, aber sie hörte nicht hin. Ich beobachtete, wie der Anwalt Santoro auf Sarahs Vater zuging. Es sah aus, als würde der Wind ihn Schritt für Schritt hintragen. Als er bei ihm war, streckte er die Hand aus, um zu kondolieren. Sarahs Vater rührte sich zwei, drei Sekunden lang nicht. Dann drehte er ihm den Rücken zu, ohne ihm die Hand zu geben. Und der Anwalt stand da mit seiner ausgestreckten Hand, ohne zu wissen, wohin damit.
    Kaum war ich vom Friedhof runter, donnerte es wie aus Kanonen, und sofort heulten die Alarmanlagen los.
    Eine Minute später fing das Gewitter an. Um mich rum rannten alle los, einige mit einem Karton über dem Kopf, andere sprangen in einen Hauseingang oder suchten anderswo Schutz. Ein Junge hatte sich die Schuhe ausgezogen und lief barfuß durchs Wasser, zwei stritten sich um ein Taxi, und die Kellner holten schnell die Tische vor der Bar rein. Jemand schrie, beeilt euch, eine Alte rief alle Heiligen des Fegefeuers an, dann tauchten wie aus dem Nichts die Schirmverkäufer auf. Die Alarmanlagen heulten weiter, dazu hupte es überall, und der Donner zerriss den Himmel.
    Es kam mir so vor, als ob die Stadt plötzlich aus ihrem Schlaf erwacht wäre, aber ohne dass es hell wurde. Es blieb Nacht.
    Langsam lief ich los zur Vesuviana, mit der ich nach Torre del Greco fahren würde. Ich ging zu Fuß, vorbei an den verlassenen Fabriken, der Regen fiel in Schauern, und der kalte Wind blies mir ins Gesicht.

Dank
    Ich möchte mich bei Pierpaolo Sepe und Massimo Andrei bedanken, die die Geburt dieser Geschichte erlebt haben.
    Und bei Paolo Nuzzi, der so hilfreich und freundlich wie immer war.
    Vor allem aber bei Ena Marchi, meiner Lektorin bei Adelphi, für ihre steten und unbezahlbaren Ratschläge, für die ich ihr immer dankbar sein werde.
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