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Sanft sollst du brennen

Sanft sollst du brennen

Titel: Sanft sollst du brennen
Autoren: Julie Garwood
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waren lethargisch, und die meisten brachten nicht einmal mehr die Energie auf, eine Mücke wegzuschlagen.
    Aber obwohl es so schrecklich heiß war, fand die Party, für die Kate zugesagt hatte, auf dem Gelände einer Kunstgalerie statt. Das Ereignis war schon seit Wochen geplant und das weiße Zelt aufgestellt worden, bevor das Wetter so schwül wurde. Erst ein Flügel der neu errichteten Galerie war fertiggestellt, und Kate wusste, dass es nicht genug Platz für die erwartete Menge an Gästen gab.
    Sie musste jedoch auf jeden Fall hingehen. Der Inhaber, Carl Bertolli, war ein Freund von ihr, und er wäre gekränkt, wenn sie nicht käme. Wegen des Verkehrs würde die Fahrt von Silver Springs, wo sie wohnten, bis zur anderen Seite von Charleston bestimmt über eine Stunde dauern, aber sie hatte sowieso nicht vor, allzu lange zu bleiben. Sie würde bei den letzten Vorbereitungen mithelfen, und wenn die Party in vollem Gange war, könnte sie sich davonschleichen. Carl würde sowieso viel zu beschäftigt sein, um ihr Verschwinden zu bemerken.
    Eine umstrittene Künstlerin aus Houston zeigte ihre Werke, und es hatte bereits Proteste und Drohanrufe gegeben. Carl freute sich darüber, weil er der Meinung war, dass jede Art von öffentlichem Aufsehen, ob nun gut oder schlecht, seiner Galerie nützte. Die Künstlerin, die sich Cinnamon nannte, hatte viele Bewunderer – allerdings verstand Kate beim besten Willen nicht, warum. Als Künstlerin war sie bestenfalls durchschnittlich, sie verstand es jedoch hervorragend, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ständig war sie in den Nachrichten und tat alles, um von sich reden zu machen. In der letzten Zeit wandte sie sich gegen planvolles Handeln in jeder Hinsicht. Wenn sie nicht gerade Farbe auf Leinwänden verteilte, versuchte sie sich ein bisschen in Systemkritik. Sie glaubte an freie Liebe, uneingeschränkte Meinungsäußerung und das Recht auf Grundsicherung. Ihre Gemälde allerdings waren seltsamerweise unglaublich teuer.
    Kiera kam zurück in die Diele. »Das war schon wieder Reece. Er wird mir langsam unheimlich.« Sie hielt inne, als sie Kate sah. »Es soll heute Abend aber nicht regnen. Warum hast du deinen Regenmantel an? Draußen herrschen gefühlte fünfzig Grad.«
    »Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich möchte nicht, dass das Kleid nass wird.«
    Kiera lachte. »Ich durchschaue dich! Du willst bloß nicht, dass Tante Nora dich in dem Kleid sieht. Gib es zu, Katie! Du hast Angst vor ihr.«
    »Ich habe keine Angst vor ihr. Ich will mir bloß keinen Vortrag anhören.«
    »Das Kleid ist nicht unanständig.«
    »Da ist sie aber bestimmt anderer Meinung«, erwiderte Kate.
    »Es wird komisch sein, wenn sie nicht mehr da ist, um uns herumzuscheuchen. Sie wird mir fehlen.«
    »Mir auch«, flüsterte Kate.
    Nora zog wieder nach St. Louis. Sie war nach Silver Springs gekommen, als ihre Schwester erkrankte, und sie war dageblieben, bis Isabel die Highschool beendet hatte. Jetzt, wo Kate wieder zu Hause war und Isabel aufs College ging, wollte sie endlich wieder zu ihrer Familie zurück. Ihre Tochter und ihre Enkelkinder fehlten ihr.
    Nora war ein Geschenk des Himmels gewesen, und sie hatte sich wundervoll um sie gekümmert, als sie sie am meisten gebraucht hatten. Allerdings besaß sie ihre eigenen Ansichten über Sex, und Kiera bezeichnete sie immer als »eiserne Jungfrau«. Nach dem Tod ihrer Mutter schwang sie sich zur moralischen Hüterin der Mädchen auf. Laut Nora war jeder Mann nur auf »Du-weißt-schon-was« aus, und sie betrachtete es als ihre Aufgabe, die Schwestern vor einem grässlichen Schicksal zu bewahren. Kate spähte vorsichtig um die Ecke. Zum Glück stand Nora nicht in der Küche, deshalb stellte Kate den Fernseher aus, zog ihren Regenmantel aus und hängte ihn über einen Stuhl. Rasch ergriff sie ihre Schlüssel und eilte zur Garage. Vielleicht war sie ja schon weg, bis Nora wiederkam. Sie hatte wirklich keine Angst vor ihrer Tante, aber wenn Nora sich erst einmal warmgeredet hatte, konnten ihre Vorträge sehr lange dauern, manchmal sogar bis zu einer Stunde.
    Kiera folgte Kate durch die Küche. »Sei bloß vorsichtig heute Abend. Es gibt jede Menge Verrückte da draußen, die mit Cinnamons Ansichten über die Regierung oder Religion nicht einverstanden sind. Predigt sie nicht sogar Anarchie?«
    »Ja, ich glaube, diesen Monat schon. Aber ich bin nicht so auf dem Laufenden, weil sie ihre Ansichten ständig wechselt. Wegen heute Abend mache ich mir keine
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