Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sanctum

Sanctum

Titel: Sanctum
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
anerkannten. Sie waren trotz des Verbots durch den Heiligen Vater nicht gegen die Jesuiten vorgegangen.
    »In siebenunddreißig Jahren kehre ich in alle Winkel der Welt zurück. Trotz neuer Vertreibungen und Verbote werden wir zu alter Größe finden, während Ihr tot unter der Erde liegt und verrottet!« Der Rothaarige lachte sie aus, Katharina und Friedrich stimmten mit ein.
    Aus dem Gesicht des Soutanenträgers wurden Rotondas Züge. »Freut Euch über den kleinen Sieg, den Ihr errungen habt, Äbtissin. Aber aufhalten werdet Ihr mich nicht.« Er stieß einen gellenden Pfiff aus. Zwei Wölfe kamen angesprungen, kauerten sich zu seinen Füßen nieder und knurrten die Äbtissin an. »Lebt wohl.« Er zeigte auf sie, die Bestien sprangen mit weit geöffneten Schnauzen auf sie zu, die Zähne wuchsen, wurden größer und größer. Gregoria rüttelte an den Nägeln, riss die Hände frei, zog sich den Nagel aus den Füßen und hielt ihn zur Verteidigung vor sich.
    Aus dem Himmel fiel eine dritte Bestie in ihrer Halbform, sie landete auf den Hinterbeinen und stellte sich schützend vor die Äbtissin, die Augen leuchteten rot und warnend. Sie packte die heranspringenden Loups-Garous, zerdrückte ihre Kehlen und schleuderte sie vor Rotonda. Dann verwandelte sie sich und stand als Marianna vor ihr.
    »Dann traf auch dich der Fluch?«, keuchte Gregoria. Der Nagel entglitt ihren Fingern. In jener Nacht, als Florence sich auf Jean und das Kind gestürzt hatte … das viele Blut … nie war sie auf die Idee gekommen, dass ihr Mündel auch Marianna gebissen haben könnte!
    »Fürchte dich nicht!« Eine Taube stieß aus dem düsteren Himmel herab und setzte sich auf ihre linke Schulter. »Sie trägt Dunkelheit, aber auch Licht in sich, wie alle, die ihrem Schoß entspringen werden«, hörte sie eine sanfte Stimme. »Auserkoren, das Böse zu stellen und zu töten, werden sie über die Erde wandeln, bis das Sanctum sie eines Tages erlöst, wie es dich heute aus den Ketten des Irdischen befreit. Du hast deine Aufgabe erfüllt. Du warst eine gute Dienerin.«
    Die Taube schlug mit den Flügeln und schwang sich in die Luft.
    »Folge mir, Gregoria.«

    Sarai sah voller Entsetzen, dass Gregoria sich ein letztes Mal aufbäumte – und dann, wie von einer unsichtbaren Hand gebettet, auf ihr Lager zurücksank. Ihre Augen, gerade noch aufgerissen, schlossen sich von selbst. Sie sah auf einmal sehr klein und zerbrechlich aus … und friedlich.
    »Nein! Das Sanctum sollte Euch heilen, nicht töten«, keuchte Sarai entsetzt. »Äbtissin!«, rief sie und schüttelte sie. »Ehrwürdige Äbtissin, wacht auf! Stemmt Euch gegen den Tod! Ihr seid noch nicht an der Reihe.« Sie schluckte, nahm Gregorias rechte Hand und hielt sie. »Die Schwesternschaft braucht Euch doch, hört Ihr?«, flüsterte sie hilflos.
    Sarai weinte stumm und wandte die blauen Augen nicht vom Antlitz ihrer Mentorin. Schließlich schlug sie das Kreuz über Gregoria, stand auf und ging langsam zur Tür.

EPILOG

    Italien, Rom, 6. Dezember 2004, 00:01 Uhr
    Das Erste, was Eric spürte, waren die raschen, aber ruhigen medizinischen Anweisungen einer Ärztin. Gleich darauf ertönte ein Summen; der kurze Schmerz eines Schlages raste von der Zehenspitze bis zu seinem Kopf. Zwischen seinen Zähnen hatte er einen Beißklotz aus Hartgummi. Er fühlte sich … merkwürdig. Schmerzen fühlte er jetzt keine mehr; die Säure in seinem Leib, die Hitze, das Reißen in seinem Kopf waren verschwunden. Er konnte das Gefühl, das er empfand, nur mit einem Wort beschreiben: Leichtigkeit.
    »Wir verlieren ihn«, sagte die Ärztin. »Rein mit dem Adrenalin und noch mal. Auf drei.«
    Es summte wieder, und dieses Mal schrie Eric. Er spürte sein Herz rasen, Blut in seinem Mund, Schmerzen auf seiner Brust. Aber er … lebte!
    »Okay, wir haben ihn.« Die Ärztin klang entspannter. »Verabreichen wir das Übliche, er kommt drei Tage zur Beobachtung.« Erst jetzt kam sie in Erics Gesichtsfeld, zwinkerte ihm zu und nahm ihm den Beißklotz aus dem Mund.
    Die Decke bewegte sich, er spürte ein Rütteln am ganzen Körper und begriff, dass er auf einer Liege gefahren wurde. »Lena«, sagte er schwach. Noch niemals zuvor hatte er sich so schwach gefühlt. Ohne die Kräfte der Bestie war er nichts weiter als ein gewöhnlicher Mensch, dessen Körper nur langsam vergaß und genas.
    Jemand ergriff seine Hand, dann sah er sie. Sie war wunderschön, wie ein Engel mit dunklen Haaren und Tränen in den Augen. »Hier, Eric!
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher